Test des Cowon P2: Der Dandy
Seit Jahren leiten mich die Geräte der südkoreanischen Firma Cowon durch spätabendliche Privatkonzerte unterwegs und zu Hause wie virtuose Konzertmeister. Dementsprechend hoch sind auch die Erwartungen. Sind bei den zahlreich erschienenen Geräten der Südkoreaner nicht nur positive empfangene Neuerungen zu verbuchen.
Verziehen, aber niemals vergessen sei da beispielsweise der 3,5 Millimeter grosse symmetrische Ausgang des Plenue S, der sich partout nicht an gängige Standards halten wollte. Brav reiht sich Cowon aber wieder beim P2 in die Reihen der Norm ein mit dem bewährten (aber bald überholten) 2,5 mm symmetrischen Ausgang. Auch Cowon zeigt, dass konstante Innovation vor allem durch konstantes Umdenken geprägt ist.
Die neuste offensichtliche Innovation des neuen P2 ist das zweite Rad neben dem zur Lautstärkeregelung. Gut und wichtig sieht es ja aus. Doch die Auswahl an Funktionen wie eine Schnellauswahl der EQ-Einstellungen, eine doppelt so schnelle Lautstärkeregelung oder die Regelung der Displayhelligkeit stellten die Notwendigkeit dieses sehr in Frage. Die einzige «nützliche» Schnellfunktion des zweiten Rades für kritische Musikhörer war eine präzise Vor- und Rückspulfunktion, die sich als sehr intuitiv herausstellte und sich somit bewährte.
Ebenfalls ärgerlich für einen eingefleischten Cowon-Fan ist das Vorhandensein eines einzelnen, ungeschützten SD-Kartenschlitzes. Der P2 mag ja 128 GB Speicherplatz integriert haben, doch für eine Musikbibliothek von knapp 6000 hochauflösenden Songs ist das nicht ausreichend.
Ebenfalls für Stirnrunzeln sorgt der Umstand, dass normale und symmetrische Klinkenausgang unten und somit gegenüber der Lautstärkeregelung liegt. Dies erschwert die Bedienung unterwegs, wenn sich der P2 in einer Tasche befindet.
Das Gute an dem Test des P2 ist, dass ich ihn von hier an und mit jeder Faser meines klangliebenden Herzens loben kann. Die weitere Verarbeitung des Gehäuses scheint makellos und verspricht (und hält) überzeugend echte Premiumqualität.
Unter der Haube ist das amtierende Flaggschiff von Cowon ein Hingucker. Als Digital-Analog-Wandler wurde der technisch hochaktuelle und leistungsstarke AK4497EQ verbaut, der vom SoundPlus-Verstärker von Texas Instruments unterstützt wird. Dies führt dazu, dass der P2 mit maximal 2 Vrm auch anspruchsvollere Kopfhörer überzeugend zum Singen bringen kann.
Das sind Weltklasse-Spezifikationen auf dem Papier – die in diesem Fall auch in der Praxis klar hörbar sind. Die klangliche Klarheit des P2 ist im ganzen Vergleichstest ungeschlagen, lediglich der Lotoo Paw Gold kann hier dem P2 knapp das Wasser reichen. Sämtliche Frequenzen des Klangspektrums fügen sich in das ausgewogenste Gesamtgebilde, das ich von digitalen Audioplayern kenne.
Der Bass ist wunderbar zurückhaltend, wohldefiniert und dennoch kraftvoll – der Audeze unter den DAPs. Die Mitten und die Höhen so klar, in einer Symphonie aus Detail und Liebe zur Natürlichkeit der Musik. Ebenso fühlt sich die Klangbühne weit und tief und ebenfalls natürlich an.
Der P2 ist ein wunderbares Klangwunder. Jeder Ton scheint sorgfältig in schwarzen, dunklen Samt verpackt zu sein. Keine unelegante Schärfe und keine klangliche Unausgeglichenheit vermochten meine Ohren auszumachen, so sehr ich mich auch bemühte. Dies verleiht dem P2 den Dandy-Status unter den digitalen Audioplayern von 2017.
Die Krönung dabei ist eine Spezialität aus dem Hause Cowon namens JetEffect 7. Ich habe mich bisher immer schwer getan mit integrierten Equalizern und habe in der Regel einen weiten Bogen darum gemacht. Nicht so bei dem JetEffect 7. Durch die zahlreichen Voreinstellungen und Aufbereitungsfunktionen wie dem BBE war es ein Genuss, altbekannten Kopfhörern wie dem Noble K10 eine klangliche Generalüberholung zu verpassen, ohne dass dies negative klangliche Nebeneffekte hatte.
Wer einen brillanten, aber klanglich sehr neutralen und ausgewogenen Audioplayer sucht und bereit ist, die 1000 Franken Hürde in Angriff zu nehmen, sollte dem P2 trotz oder gerade auch wegen der eigenwilligen Designentscheidungen mindestens ein Ohr leihen.