Fazit
Die Canon EOS R begeisterte mich mit ihrer guten Bildqualität, der Rauschfreiheit bei hohen ISO-Werten, dem treffsicheren Autofokus auch bei wenig Licht und den zusätzlichen Bedienungsmöglichkeiten mit den RF-Objektiven. Robustes Magnesium-Gehäuse, Handlichkeit, hoch auflösender Sucher und schwenkbarer Bildschirm sind weitere Pluspunkte.
Fotografen mit Canon-EF-Objektivpark kommt die EOS R mit gelungenen Adapterlösungen entgegen. Die neuen RF-Optiken bringen ebenfalls grossartige Abbildungsleistungen mit hoher Auflösung und ausgezeichneter Schärfe bereits bei Offenblende.
Leider stehen den Vorteilen viele Schwächen gegenüber, vor allem im 4K-Videobereich mit seinem hohen Crop-Faktor. Fehlender Bildstabilisator, kein zweiter Kartenslot, kein lautloser Serienbildmodus und wählerischer USB-Ladeanschluss sind weitere negative Punkte.
Canon-Fotografen haben im Moment keine spiegellose Vollformat-Alternative, wenn sie ihrer Marke treu bleiben möchten. Meiner Meinung nach werden jedoch viele auf ein Nachfolge-Modell der EOS R warten, bei dem dann hoffentlich alle diese Mängel beseitigt sind.
Wer neu in die spiegellose Vollformat-Fotografie einsteigen möchte, findet bei den Mitbewerbern ebenso gute und vor allem ausgereiftere Kameras vor.
avguide.ch meint
Wie schon nach meinem ersten Kurztest in London macht mir die Canon EOS R auch nach diesem ausführlicheren Test einen gesamthaft gesehen gelungenen Einstieg in die spiegellose Vollformat-Welt. Wobei die Betonung auf Einstieg liegt. Denn während Nikon bereits ein reifes, fertiges Produkt anbietet und bei manchem Feature über ihren eigenen Schatten springt, erscheint mir die EOS R eher wie eine erste Fingerübung der Canon-Ingenieure. Sie wissen zwar, was alles möglich wäre, durften es jedoch nicht realisieren, um die Profi-Produkte im eigenen Haus nicht zu kannibalisieren.
So bringt die EOS R viele professionelle Features wie Dual-Pixel-AF, Zeitcode, manueller Tonpegel, externe 10-Bit-Ausgabe oder Canon-Log mit, um auf der anderen Seite mit völlig unverständlichen Limitierungen wie fehlendem Bildstabilisator, nur einem Karteneinschub, keine lautlosen Serienbilder oder Zeitlupe nur in HD und ohne Autofokus das Ganze wieder in Frage zu stellen. Dass kein Cinema 4K (DCI) und 4K/UHD-60p-Video vorhanden ist, lässt sich mit Canons eigenen Cinema-Kameras und Camcordern noch erklären, den grossen 1,83-fachen Crop-Faktor bei 4K/UHD-Video jedoch weniger.
Der mitgelieferte EF-EOS-R-Adapter zeigt auch, wen Canon mit der EOS R in erster Linie ansprechen möchte. Doch das übrige Zielpublikum bleibt unklar. Für Sportfotografen ist sie zu langsam, für Hochzeits- und Event-Spezialisten zu unsicher und Filmemacher müssen mittels extremen Weitwinkel-Objektiven den 4K-Crop überbrücken.
Bleiben noch die anspruchsvollen Hobbyfotografen, die sich einen Auf- oder Umstieg ins spiegellose Vollformat überlegen. Mit Canon steht ihnen nun neben Sony und Nikon ein dritter Anbieter zur Auswahl, zu dem sich mit Panasonic nächstes Jahr noch ein vierter hinzugesellen wird.
Wenn das R in EOS R für «Revolution» steht, dann ist die Canon EOS R eine Revolution mit angezogener Handbremse.