TESTBERICHT
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Kurt Scheuch zur MLS 3

Kurt Scheuch kennt jedes Detail der MLS 3.Kurt Scheuch kennt jedes Detail der MLS 3.

Die MLS 3 huldigt, wie auch die MLS und MLS 2, der Linienschallquelle als Abstrahlprinzip. Dies ganz im Gegensatz zu Ihren koaxialen Bändchen-Systemen, die dem Prinzip der Punktschallquelle huldigen. Wo liegen denn die Vor-und Nachteile der beiden Abstrahlprinzipien?

Die beiden Systeme stehen für die zwei Gedankenmodelle des idealen Lautsprechers. Das eine Gedankenmodell beschreibt die Linienquelle als ideal, mit welcher der gesamte Schall als eine kohärente Zylinderwelle vom Boden bis zur Decke abgestrahlt wird. Das andere Modell, die Punktschallquelle, steht für einen Schallwandler, bei dem das ganze Spektrum aus einem einzigen Punkt, sowohl in der X-, Y-, aber auch Z-Achse aus abgestrahlt wird. Von Vor- und Nachteilen zu sprechen, wäre falsch. Die Anwendung ist nicht die gleiche. Die Linienquelle erfordert einen etwas grösseren Hörabstand, schliesst dafür aber Reflexionen von Boden und Decke aus. Die Punktschallquelle lässt auch sehr geringe Hörabstände zu und ist somit auch für Monitoring bestens geeignet. Ihre Berechtigung und ihren spezifischen Reiz haben beide Modelle.

Die MLS 3 bedient sich der dipolen Abstrahlung, die einen guten Teil des Schalls auch nach hinten abgeben. Dies ganz im Gegensatz zu den meisten Ihrer Boxen, die den Schall nur nach vorne abstrahlen. Wo liegen denn hier die Vor-und Nachteile und wieso haben beide Prinzipien ihre Daseinsberechtigung?

Der Dipolstrahler erfordert in der Regel etwas mehr Sorgfalt bei der Aufstellung im Raum. In problematischen Räumen ist ein Direktstrahler sicher einfacher zu platzieren. Dafür bietet der Dipol ein einzigartiges Klangbild und eine fantastische Raumabbildung. Wenn alles passt, hört man damit nicht einfach nur Musik, sondern man ist mitten in der Musik drin. Ganz famos, das muss man einmal gehört haben.

Ist die MLS 3 einfach eine verkleinerte MLS 2, oder sind da noch neue Ideen eingeflossen?

Im Prinzip beruht die MLS3 auf der gleichen Konstruktion wie die MLS2. Da der Lautsprecher aber auch für kleinere Räume gedacht ist, besteht die Möglichkeit, den rückwärtig abgestrahlten Schallanteil zu variieren.

Ich hatte ja Gelegenheit, einen Prototypen der MLS 3 anzuhören. Dabei waren doch noch Resonanzen hörbar. Was haben Sie verbessert, damit die Boxen nun praktisch frei von unerwünschten Vibrationen sind?

Die gesamte Gehäusekonstruktion wurde noch einmal überarbeitet und auf maximale Steifigkeit und Dämpfung hin optimiert.

Hat die MLS 3 ein Metall- oder Holzgehäuse? Und wie ist es konstruiert?

Die MLS3 hat ein Holzgehäuse mit vollflächig verklebter, massiver Aluminium-Schallwand. Die Konstruktion ist ziemlich komplex, aber die hervorragenden Resultate rechtfertigen den Aufwand.

Sind die neuen, extra für die MLS 3 konstruierten Line-Source-Bändchen Mittel-Hochtöner vom Typ LS 111 einfach verkleinerte Systeme der MLS 2, oder sind auch da neue Ideen/Verbesserungen eingeflossen?

Im Prinzip entspricht der kleinere Line-Source-Driver dem grossen.

Wieso sollte auf der Rückseite der Box ein vollkommen diffuses Klangbild resultieren? Bei der MLS ist das doch auch nicht der Fall?!?

Die MLS wird in der Regel in grossen Räumen und mit einem grossen Abstand zur Rückwand betrieben. Die MLS 3 soll aber auch in normalen Wohnräumen und wandbezogener Aufstellung funktionieren. Deshalb ist ein rückwärtig diffuses Klangbild ein grosser Vorteil.

Was bewirken die Schaumstoffsegmente, die man in die Schlitze der rückseitig angebrachten Lamellen stecken kann?

Damit lässt sich der rückwärtig abgestrahlte Schall optimal dosieren.

Designed in Horgen, made in ??? Die Tieftöner werden nicht in China produziert, sondern bei Seas in Norwegen nach den Vorgaben der Piega-Ingenieure.Designed in Horgen, made in ??? Die Tieftöner werden nicht in China produziert, sondern bei Seas in Norwegen nach den Vorgaben der Piega-Ingenieure.

Welches sind die technischen Highlights der neuen Tieftöner, und wer stellt diese nach Ihren Vorgaben her?

Der Piega L19 UHQD wird bei Seas hergestellt. In diesem Basstreiber steckt eigentlich alles, was heute möglich ist. Ein spezieller Antrieb, Aufhängung, Korb und Membrane lassen die Auslegung auf extreme Thiele/Small-Parameter zu. Deshalb ist die MLS 3 trotz sehr kleinem Bassgehäuse in der Lage, wie ein viel grösserer Lautsprecher aufzuspielen.

Sind die Passivmembranen auf der Rückseite einfach dieselben Basschassis ohne Magnete? Oder sind sie vollkommen anders konstruiert?

Eigentlich ja, aber die Aufhängung wurde auf noch grössere Hübe ausgelegt, da dies bei Passivmembrane gewünscht ist.

Die Herstellung der MLS 3 ist extrem aufwendig, nicht nur in Sachen Material, sondern auch betreffend Arbeitsaufwand. Verdient da Piega überhaupt noch etwas? Oder ist das ein reines Image-Produkt, um zu zeigen, was Piega heute alles kann?

In der Tat sind die Herstellungskosten der MLS 3 ein Problem für uns. Wir denken aber, dass wir dies mittelfristig durch Optimierung der Herstellungsprozesse verbessern können.

Könnte man die MLS 3 noch eine Grössenordnung kleiner machen, sodass sie auch in meinen eher kleineren Abhörraum zu Hause passen würde?

Im Moment sehe ich – bei vergleichbarer Performance – keine Möglichkeit, die MLS 3 noch kleiner zu machen.

Wie wird die Konstruktionsarbeit heute zwischen Ihnen und Herrn Raymann, da Sie ja offiziell pensioniert sind, aufgeteilt?

Daniel Raymann ist verantwortlich für den Grossteil der Entwicklungsarbeiten. So ist z. B. die MLS 3 fast vollständig sein Werk. Ich stehe nur noch beratend und ab und zu mit einer Idee zur Seite.

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