TESTBERICHT
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Praktischer Foto-Einsatz

Schwenk- und drehbar: Der Touchscreen der Canon EOS RP lässt sich aufklappen und umdrehen. Ideal für Selfie-Fans und YouTuber. Fotografen und normalen Videofilmern erlaubt er bequeme Aufnahmen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln.Schwenk- und drehbar: Der Touchscreen der Canon EOS RP lässt sich aufklappen und umdrehen. Ideal für Selfie-Fans und YouTuber. Fotografen und normalen Videofilmern erlaubt er bequeme Aufnahmen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln.

Die Canon EOS RP ist kompakt und mit 485 Gramm erstaunlich leicht. Das ändert sich schnell, sobald man eines der neuen RF-Objektive, wie etwa die von mir verwendete Allround-Optik RF 24–105mm f/4 L IS USM anbringt. Dann wiegt das Gespann aus Gehäuse und Objektiv gute 1,2 Kilogramm. Da hatte ich zuerst einige Bedenken zur Bedienung und sicheren Handhabung. Der kleine Kamerabody und das im Vergleich dazu voluminöse Objektiv passten jedoch sehr gut in meine normalgrossen Hände. Ich hatte keine Mühe, die einzelnen Bedienungselemente zu erreichen.

Für grössere Pranken kann man sich den als Zubehör erhältlichen Verlängerungsgriff EG-E1 unter die Kamera schrauben. Er gibt besseren Halt für den kleinen Finger und mehr Sicherheit gegen Abrutschen. Der Griff ist so konstruiert, dass sich durch ihn hindurch immer noch Akku und Speicherkarte wechseln lassen. Einen zusätzlichen Akku kann er leider nicht aufnehmen. Er darf nicht mit einem Hochformat-Batteriehandgriff verglichen werden.

Anmerkung für ganz Pingelige: Objektive mit grossem Durchmesser schliessen ohne Verlängerungsgriff nicht bündig mit der Unterkante der EOS RP ab. Legt man die Kamera auf eine ebene Unterlage, liegt sie nicht mehr plan auf, sondern «gwaggelt», kippt hin- und her. Das kann auch bei längeren Stativplatten, wie sie oft bei Videostativen eingesetzt werden, zu Problemen führen. Lässt sich die Platte nicht genug weit nach hinten unter den Kameraboden schieben, steht sie vorne vor, drückt auf das Objektiv und blockiert die Einstellringe.

Überlappend: Objektive mit grossem Durchmesser ragen deutlich über die Unterkante der Canon EOS RP hinaus. Der separat erhältliche Verlängerungsgriff EG-E1 schafft Abhilfe. Grösseren Händen gibt er besseren Halt.Überlappend: Objektive mit grossem Durchmesser ragen deutlich über die Unterkante der Canon EOS RP hinaus. Der separat erhältliche Verlängerungsgriff EG-E1 schafft Abhilfe. Grösseren Händen gibt er besseren Halt.

Die Bedienungselemente an der EOS RP sind mengenmässig überschaubar und übersichtlich angeordnet. Links oben befinden sich der prominente Ein/Aus-Schalter und darunter die Menü-Taste.

Auf der rechten Seite oben wurden das Modus-Wahlrad, die Videoaufnahme-Taste, das Schnell-Wahlrad mit Sperrfunktion platziert. Auf dem Handgriff befindet sich das Haupt-Wahlrad sowie der kleine Multifunktions-Knopf. Den Auslöser drückt man ganz vorne am Handgriff.

Auf der Rückseite der Kamera befinden sich die Info-, Wiedergabe-, Lösch- und Set-Taste wie auch die Cursor-Pfeile grösstenteils an derselben Stelle wie bei der EOS R. Dessen viel diskutierte Multifunktions-Touchleiste, die der EOS RP fehlt, habe ich nie vermisst. Mit dem herkömmlichen Modus-Wahlrad der EOS RP kam ich ehrlich gesagt auch viel besser klar als mit der neuartigen «MODE»-Taste an der EOS R. Das Zusatzdisplay auf der Oberseite der EOS R hatte ich schon beim Fotografieren mit dieser Kamera nie gross beachtet. Bei der EOS RP wurde es weggelassen. Es fehlte mir auch nicht.

Hingegen benutzte ich die meiste Zeit den genialen ausklapp- und drehbaren Touchscreen, der glücklicherweise von der EOS R übernommen wurde. Nur besitzt er bei der EOS RP weniger Auflösung und eine kleinere Bildschirmdiagonale. Dasselbe gilt auch für den elektronischen Sucher.

Der schwenkbare Monitor ist ein echtes Canon-Alleinstellungsmerkmal bei spiegellosen Vollformat-Kameras. Er verhilft nicht nur zu aussergewöhnlichen Perspektiven beim Filmen und Fotografieren, sondern kann beim Transport mit der Bildschirmseite nach innen geklappt werden und ist so perfekt gegen Kratzer und Stösse geschützt.

Steuerring und Dual-Pixel-Autofokus

Die neuen Canon RF-Objektive sind ganz vorne mit einem zusätzlichen Einstellring versehen, der mit verschiedenen Steuerungsfunktionen belegt werden kann. Ich habe ihm die Belichtungskorrektur zugewiesen. Und zwar so, dass er erst bei leichtem Druck auf den Auslöser aktiv wird und sich verstellen lässt.

Damit braucht man bei der Aufnahme sein Auge nicht vom Sucher zu nehmen. Man hat mit der linken Hand Zoom-Ring, Fokus-Ring und die Belichtungskorrektur via Einstellring direkt am Objektiv im Griff, und wählt im bereits erwähnten Fv-Modus mit rechts per Daumen die Parameter aus und passt deren Werte mit dem Zeigefinger an. Clevere Lösung von Canon: Wer sich den EF-EOS-R-Adapter mit Objektiv-Steuerring zulegt, kann auch seine bereits vorhandene EF-Optiken auf diese Weise bedienen.

Praktische Drehung: Der zusätzliche, geriffelte Ring ganz vorne am RF-Objektiv lässt sich mit verschiedenen Funktionen wie Blendensteuerung, ISO-Anpassung oder Belichtungskorrektur belegen.Praktische Drehung: Der zusätzliche, geriffelte Ring ganz vorne am RF-Objektiv lässt sich mit verschiedenen Funktionen wie Blendensteuerung, ISO-Anpassung oder Belichtungskorrektur belegen.

Das schnell reagierende Dual-Pixel-Autofokus-System der Kamera deckt mit seinen über 4700 wählbaren AF-Positionen beinahe den ganzen Bildbereich ab. Per Fingertipp aufs Display lässt sich der gewünschte Schärfepunkt rasch und präzise bestimmen. Das geht schneller als mit einem Joystick.

Es funktioniert auch, wenn man durch den Sucher schaut. Dazu klappt man den Bildschirm mit dem Touch-Bereich nach aussen und fährt mit dem Finger darüber. Der aktive Touch-Bereich auf dem Display lässt sich selber bestimmen. Das ist wichtig für Leute mit grosser Nase, die damit oft unbewusst die AF-Bereichsanzeige verschieben und sich dann ärgern, weil der AF verrückt spielt. Eine Änderung des Touch-Bereichs – und die Welt ist wieder in Ordnung.

Bei Porträtaufnahmen habe ich die automatische Gesichts- und Augenerkennung der EOS RP natürlich ausgiebig getestet. In den allermeisten Fällen wurde das Gesicht des Modells erkannt und bei aktivierter Augenerkennung auf die Augen scharfgestellt. Über die AF-Messfeldtaste liess sich dann noch das bevorzugte Auge auswählen. Man darf das gewünschte Gesicht auch per Tippen auf das Display bestimmen.

Da die Gesichtserkennung mit der Verfolgungsfunktion gekoppelt ist, wandert das AF-Feld entsprechend mit, wenn sich die Person, bzw. das Gesicht, bewegt. Wendet sich die Person zu stark ab, verliert die Kamera auch das Gesichts-Tracking.

Die meisten Gesichtshaltungen bereiteten der automatischen Erkennung keinerlei Probleme. Nur als sich ein Modell mit dem Kinn auf dem Daumen abstützte und den Zeigefinger über den Mund legte, konnte die EOS RP kein Gesicht mehr erkennen, obwohl ein grosser Teil davon noch sichtbar war. Hier ist die Gesichts- und Augenerkennung eines Mitbewerbers noch etwas zuverlässiger, dennoch sind auch bei der EOS RP die Ergebnisse absolut zufriedenstellend und die Schärfe der Augen auf den Fotos ist ausgezeichnet.

Auswahl von Autofokus-Betrieb und -Methode.
Auswahl von Autofokus-Betrieb und -Methode.
Autofokus-Touch-Einstellungen. Akt. Touch-Ber. = Bestimmen der aktiven Berührungsfläche.
Autofokus-Touch-Einstellungen. Akt. Touch-Ber. = Bestimmen der aktiven Berührungsfläche.
Autofokus-Methode. Von links: Gesichtserkennung und Verfolgung, Spot-AF, Einzelfeld-AF, AF-Bereich erweitern, AF-Bereich erweitern auf Umgebung, AF-Messfeldwahl in Zone.
Autofokus-Methode. Von links: Gesichtserkennung und Verfolgung, Spot-AF, Einzelfeld-AF, AF-Bereich erweitern, AF-Bereich erweitern auf Umgebung, AF-Messfeldwahl in Zone.
Scharfes Auge: Die aktivierte Augenerkennung während der Gesichtserkennung nimmt zuverlässig das Auge ins Visier.
Scharfes Auge: Die aktivierte Augenerkennung während der Gesichtserkennung nimmt zuverlässig das Auge ins Visier.
Verfolgte Enten 1: Das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivform an und bleibt dran.
Verfolgte Enten 1: Das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivform an und bleibt dran.
Verfolgte Enten 2: Das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivform an und bleibt dran.
Verfolgte Enten 2: Das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivform an und bleibt dran.
Startendes Flugzeug 1: Gleichbleibende Richtung, das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivgrösse an und bleibt dran.
Startendes Flugzeug 1: Gleichbleibende Richtung, das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivgrösse an und bleibt dran.
Startendes Flugzeug 2: Gleichbleibende Richtung und Mitziehen der Kamera, das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivgrösse an und bleibt dran.
Startendes Flugzeug 2: Gleichbleibende Richtung und Mitziehen der Kamera, das AF-Feld (rotes Rechteck) passt sich der Motivgrösse an und bleibt dran.

Wird der Autofokus-Betrieb von Einzelaufnahme (One-Shot-AF) auf kontinuierlich gestellt (Servo-AF), versucht die Kamera, das anvisierte Objekt dauernd im Fokus zu halten. Je nach Grösse des AF-Feldes sowie Richtung und Geschwindigkeit des Motivs klappt dies mehr oder weniger zuverlässig. Dabei spielt auch noch der Kontrast des Hintergrundes eine wichtige Rolle. Zur Wahl stehen beim Fotografieren sechs AF-Messmethoden: Gesichtserkennung und Verfolgung, Spot-AF, Einzelfeld-AF, AF-Bereich erweitern, AF-Bereich erweitern auf Umgebung und AF-Messfeldwahl in Zone.

Im Menü «Individualfunktionen für Autofokus» lässt sich die Empfindlichkeit der Servo-AF-Reaktion auf störende Objekte, die sich über AF-Messfelder bewegen, in groben Stufen anpassen, ebenso die Reaktion auf plötzliches Bewegen oder Anhalten des Motivs. Ausprobieren ist hier angesagt.

Bei kleinen und langsamen Motiven, die sich in unvorhersehbarer Richtung bewegten, wie etwa schwimmende Enten, kam der Autofokus gut mit. Bei grösseren und schnelleren Motiven wie startende Flugzeuge gab der Kontrastunterschied im Hintergrund oft den Ausschlag, ob der AF auf dem Flieger blieb oder auf Himmel oder Hangar wechselte. Da die Bewegungsrichtung hier in der Regel klar ist, half auch ein Mitziehen der Kamera, um den Fokus auf dem Flugzeug zu halten. Das AF-Feld passt sich beim Verfolgen in der Grösse den Motivumrissen an – oder versucht es wenigstens.

Das kleinste AF-Feld, der Spot-AF, eignete sich sehr gut für Schärfeverlagerungen zwischen Blättern hindurch oder zur Fokussierung kleinster Motive. Leider kann dieses Feld beim 4K/UHD-Filmen nicht angewählt werden – ausgerechnet dort, wo Unschärfen besonders deutlich auffallen.

Das manuelle Scharfstellen wird durch Bildvergrösserung und Fokus-Peaking unterstützt. Ich aktivierte das Fokus-Peaking, also die farbige Kanten-Anhebung, und war positiv überrascht, wie gut damit die manuelle Scharfstellung gelang. Ich brauchte sie oft beim gezielten Freistellen von Motiven. Empfindlichkeit und Farbe des Peakings sind einstellbar.

Lautlos und gemächlich

Das lautlose Fotografieren beherrscht die EOS RP natürlich auch. Diese Funktion versteckt sich in den Motiv-Programmen unter «Leiser Modus». Dann lassen sich leider nur noch Bildqualität, Autofokus-Methode und Selbstauslöser auswählen, den Rest wie Verschlusszeit, Blende und ISO stellt die Kamera automatisch ein. Zur Bestätigung wird kurz ein weisser Rahmen beim Auslösen eingeblendet, denn jetzt hört man ja nichts mehr klicken.

Leider herrscht nur beim Einzelbild absolute Stille. Dort wo es besonders sinnvoll wäre, bei Serienbildern etwa, kann die Lautlos-Funktion nicht eingesetzt werden. Hier zeigen alle übrigen Mitbewerber, wie es funktioniert.

Apropos Serienbilder: Wird «Reihenaufnahme mit hoher Geschwindigkeit» ausgewählt, können maximal fünf Bilder pro Sekunde aufgenommen werden, ohne Schärfenachführung. Wird der Servo-AF hinzugeschaltet, sind es noch vier Bilder pro Sekunde. Bei «Reihenaufnahme mit geringer Geschwindigkeit» halbiert sich die Bildrate pro Sekunde in etwa. Eine Sportskanone ist die EOS RP somit kaum, aber für gemächlichere Motive ist die Reihenaufnahme durchaus geeignet.

Die Anzahl Bilder, die hintereinander aufgenommen werden kann, hängt vom Bildformat (JPEG, RAW, RAW+JPEG) und der Speicherkarten-Geschwindigkeit (UHS-I, UHS-II) ab. Im Idealfall lassen sich nur JPEG- oder nur RAW-Fotos speichern, bis die Karte voll ist. Bei RAW+JPEG-Bildern sind es knapp 100 Aufnahmen.