Technics Audio App
Positiv: Die Technics Audio App wurde funktional erweitert und sehr übersichtlich und einheitlich gestaltet. Die Optik der Bedienoberfläche der verschiedenen integrierten Streamingdienste sieht immer gleich aus, wodurch die Bedienung einfach und einheitlich vonstattengehen kann. Wer Musikinhalte über Chromecast, Airplay oder Bluetooth einspielt, verwendet natürlich die proprietären Apps der entsprechenden Anbieter (Beispiel: Youtube).
Über die einfache Oberfläche können auch die Digitaleingänge und Musikserver oder NAS im Netzwerk angewählt werden.
Negativ: Der Musikhörer verwendet in den meisten Fällen einen Streamingdienst seiner Wahl (Beispiel Qobuz) und dazu gespeicherte Musikalben auf Speichermedien oder direkt angeschlossenen Festplatten. Die Bedienoberfläche des SL-G700M2 verbindet diese Inhalte nicht. Man kann zum Beispiel entweder Musik vom Streamingdienst oder Musik ab Speicherorten wiedergeben. Die Integration des Contents in eine einheitliche Mediathek ist nicht vorgesehen. Sie wird aber von zahlreichen Herstellern (etwa von Netzwerkplayern) heute angeboten und ist für viele heute gleichbedeutend mit dem Stand der Technik. Man kann sich mit Roon behelfen, was die Roon-Anhänger bestimmt auch tun werden, doch Roon Ready ist beim SL-G700M2 – wie schon gesagt – noch nicht verfügbar.
Für Technics und eben auch für weitere Hersteller ist es eine Entscheidung, die man nachvollziehen kann: Streamingdienste sind eindeutig auf dem Vormarsch und gespeicherte Musik wird immer weniger. Man wird sich für einen Dienst entscheiden, und vielleicht wünscht man sich bis in ein paar Jahren keine Content-verbindenden Oberflächen mehr, weil es sie nicht mehr braucht. Hier und jetzt ist es für mich aber noch ein Nachteil.
Weitere Funktionen
Die Bedienung am Gerät erfolgt logisch und intuitiv. Die mitgelieferte IR-Fernbedienung ist natürlich eine System-Fernbedienung. Wer sie nur für den SL-G700M2 nutzt, braucht nur einen Teil der Tasten/Funktionen. Gewiss dürften die Technics Audio App und das Smartgerät die bevorzugte Bedienung darstellen. Wir haben uns sehr an die Apps gewöhnt, und doch ist man froh, wenn es auch anders geht. Das Smartgerät ist nicht immer gleich zur Hand. Die Fernbedienung kann man beim Gerät deponieren und die Bedienung am Gerät ist immer möglich.
Mit dem SL-G700M2 kann man keine CDs rippen (speichern), deshalb verfügt er auch nicht über interne Speicherkapazitäten für Musikdaten.
Fazit Technik
Netzwerk-Audioplayer, die ohne Zusatzfunktionen wie CD/SACD-Wiedergabe und auch ohne CD-Ripp-Vorrichtung (meistens Slot-In-Laufwerke) auskommen, sind eine rein elektronische Angelegenheit und auch deshalb verbreitet, weil die Entwicklung solcher Geräte weniger anspruchsvoll ist. Man findet im Markt genügend OEM-Zulieferer, die sich auf Komponenten wie Streaming-Engines oder Stromversorgungen und vieles mehr spezialisiert haben.
Technics überzeugt einmal mehr mit einem Gerät, das wohl fast vollständig aus dem eigenen «Rennstall» kommt. Wenn ich mir die Schaltungstechnik und den Aufbau im Gerät anschaue, dann ist die Einheitlichkeit der Platinen und die sorgfältige Unterteilung in die verschiedenen Baugruppen ein guter Hinweis dafür.
Ein weiterer Beweis sind die umfangreichen technischen Dokumentationen, die mir zur Verfügung gestellt wurden: Sie sind nicht für Anwender gedacht und in ihrer Detailtreue und Verständlichkeit so gut ausgeführt, dass sie die enge Verbindung des Produktmarketings zur eigenen Entwicklung voraussetzen. Der Hersteller «prahlt» nicht bloss mit der Verwendung von Bauteilen bekannter Hersteller, solche, die sich auf audiophile Komponenten (zum Beispiel Kondensatoren) spezialisiert haben. Man liest auch nichts, das unverständlich bliebe, keine nebulöse Physik aus einem Paralleluniversum. Man muss sich als Redaktor nicht dauernd am Kopf kratzen und sich fragen: «Was meinen die nur damit?».
Alles am SL-G700M2 ist nachvollziehbar, eigenständig und zuweilen genial. Technics weiss, wovon sie reden, und das macht einen sehr guten Eindruck.
Musikalisch und äusserst transparent
Der Technics-Netzwerk-Audioplayer unterstützt sehr viele Musikquellen. Ich habe mich auf den Streamingdienst Qobuz festgelegt. Die anderen Dienste funktionieren natürlich ebenfalls einwandfrei. Für die Wiedergabe von CD/SACD musste ich zuerst die grosse Kiste in der Garage behändigen. Ich habe schon lange keine Silberscheiben mehr gehört. Zum Glück fand ich auch noch zahlreiche SACDs und auch «reine» SACDs, die ausschliesslich einen DSD-Layer aufweisen, also keine Hybride mit dem zusätzlichen CD-Layer. Musik ab den SACDs kann man auch heute noch nur analog ausgeben.
Ausgangsseitig verwendete ich beide Analogausgänge, XLR (symmetrisch) und RCA (asymmetrisch). Sie verfügen über dieselbe Ausgangsspannung, sind also gleich laut. Der coaxiale SPDIF-Digitalausgang kam zum Vergleich ebenfalls zum Einsatz. Mit ihm liess sich der interne DA-Wandler umgehen. Da der SPDIF-Ausgang ein wenig lauter spielt als die Analogausgänge, waren direkte A/B-Vergleiche nicht ganz objektiv, weil ich die Lautstärke angleichen musste.
Internetradio lässt man bei Hörtests meist aussen vor, infolge der digitalen Kompression der allermeisten «Sender». Aber es gibt Ausnahmen. So etwa Open Broadcast Radio in der Schweiz. Mit Roon bekommt man es in CD-Qualität, lossless als FLAC. Je nach Internetradio-Tuner wird es aber auch als MP3 gestreamt, also lossy.
Mich interessierte die Qualität von Internetradio trotzdem. Man staunt, wie oft mit solchen Geräten Radio gehört wird. Radio ist nach wie vor das am meisten genutzte Medium für Musik und Information. Man vergisst dies gerne. Was solls? Wenn der Jazz-Fan sich die einschlägigen US-Stationen anhört, kann er viel entdecken und schwelgen.
Eine digitale Audioquelle sollte in jeder Hinsicht neutral die Aufnahme wiedergeben und nichts zu den klanglichen Vorlieben des Musikhörers beitragen. Dafür gibt es zum Beispiel analoge Audioquellen, bei denen die Not der unvermeidlichen Klangfärbung am besten und auch fleissig zur Tugend gemacht wird.
Ebenfalls eignen sich die weiteren Komponenten in der HiFi-Anlage dazu, klangliche Vorlieben zu verwirklichen. Absolute Neutralität bei digitalen Audioquellen zu erzielen, ist eine grosse Herausforderung. Die Dunkelheit und Ruhe im Hintergrund, die perfekte Modellierung einer Klangbühne, Transparenz, Fluss, Ausgewogenheit, es muss einfach stimmen – sowohl mit der Lupe als auch mit dem Weitwinkelobjektiv unseres musikalischen Gehirns.
Der SL-G700M2 erledigt seine Aufgabe äusserst effektiv. Der direkte Vergleich mit meiner zum Vergleich herangezogenen digitalen Quelle förderte keine wirklich reproduzierbaren Unterschiede zutage. Auch der Hörgenuss von mindestens einem vollständigen Satz der angespielten Klassik-Werke unterschied sich nicht. Die Langzeit-Sensoren meiner akustischen Wahrnehmung vermochten nichts zu erkennen. Das emotionale Eintauchen in den berühmten zweiten Satz des Klavierkonzerts Nr. 5 von Ludwig van Beethoven – ich habe ca. 20 Aufnahmen davon – wurde zu einem tragenden Erlebnis, ohne Abstriche und auch ohne einen undefinierbaren Beigeschmack.
Eigentlich suchte ich ja nach Fehlern. Die A/B-Vergleiche waren das Gebot. Die Poesie der Beschreibung eines Musikerlebnisses kommt zu kurz. Mit der Zeit kam ich zu der Überzeugung, dass der SL-G700M2 eine gute Alternative in meinem System wäre. Mich erstaunte auch die fast hundertprozentige klangliche Übereinstimmung des analogen Ausgangs mit dem Digitalausgang und die umwerfend gute Qualität der CD/SACD-Wiedergabe.
Die SACD Getz/Gilberto (nur DSD-Layer) entspricht exakt dem Masterband von 1963. Es entsteht der Eindruck, als getraute sich Astrud Gilberto gar nicht auf die Bühne. Sie bleibt rechts hinter dem Lautsprecher und verharrt – scheu und unschuldig wie ihre Stimme. Aber auch Joao Gilberto mag sich nicht zur Mitte hin bewegen. Die Aufnahme ist punkto räumlicher Definition und Panorama sehr rechtslastig, zumindest was den Gesang betrifft. Das spielte in den frühen 1960ern wohl keine Rolle. Man hörte in den meisten Fällen Mono. Trotzdem ist es keine unsorgfältige Ping-Pong-Aufnahme. Sie ist einfach eigenwillig.
Der Vergleich mit dem aktuellen Re-Master auf Qobuz war eindrücklich: Die Akteure wurden beim Re-Mastering zur Mitte hin «verlegt», wie man sich das heute gewohnt ist. So wirkt alles etwas aufgepeppt. Vor allem verliert die neu gemasterte Version aber eindeutig an Authentizität. Die Gesangsstimmen sind mit mehr Volumen ausgestattet. Das Summen und die sanfte Modulation der Brasilianer verliert sich ein wenig. Auch die Konturen der Stimmen verwischen leicht.
Und so konnte ich wieder einmal ein Juwel anhören, nach langer Zeit. Ich besitze die Vinyl-Schallplatte aus der Zeit, als die Aufnahme entstand, leider nicht. Und die SACD werde ich so schnell auch nicht mehr wiedergeben können.
Es war ein Genuss, diese SACD mit dem SL-G700M2 zu hören. Sonst könnte ich das auch nicht so farbig beschreiben.
Zum Abschluss wollte ich noch ganz «unaudiophil» Internetradio hören. Der SL-G700M2 verarbeitet die digital komprimierten Musikdaten sehr gekonnt. Selbst die ausgemergelten Pop-Darbietungen mit AAC knapp unter 100 kBit/Sekunde, dazu noch mit pfundigem Bass aufgemotzt, waren noch hörbar. Der einfache Klangregler der App war mir behilflich.
Die Musik der hochwertigeren «Sender» mit den grosszügigen Datenraten und meist im Klassik-Genre kommen ganz trefflich ins Bewusstsein. Wunder sind keine geschehen, auch nicht vor Weihnachten. Aber im Hintergrund beim Dinner mit Gästen ist das Ergebnis sehr angenehm. Technics hat auch beim Internet-Tuner bzw. dem Netzwerkmodul und dem USB-B-Receiver einiges gut gemacht – und hat damit dem Medium Radio die Ehre erwiesen.
Fazit
Der SL-G700M2 Netzwerk/Super Audio CD Player überzeugt durch seine eigenständige Technologie bei toller Verarbeitung und seinem grossen Funktionsumfang. Die einheitliche, einfache Bedienung ist lobenswert und die Klangqualität, oder besser Klang-Neutralität, ist grosses Kino. Ich habe kein Haar in der klaren Bouillon gefunden. Anwender, die sich auf hochwertiges Streaming entsprechender Dienste konzentrieren und dazu ihre CD/SACD-Sammlung weiterhin schätzen und nutzen, liegen mit dem SL-G700M2 goldrichtig. Die Abstriche bei der fehlenden Integration der Medien auf einer einheitlichen Oberfläche (Content Integration), kann man später z.B mit Roon verwirklichen. - Vor allem in dem Fall, wo man mehrere Dienste nutzt (...und bezahlt) und dazu viel Musik gespeichert hat. Das Gerät ist auch absolut preiswürdig und nachhaltig.