Hörtest und Fazit
Beim Hörtest hat mich der R10D gewaltig überrascht. Dieser bildet Gitarrenanschläge, Perkussion und Zimbeln mit einer luftigen Leichtigkeit ab, die ich nicht von einem geschlossenen dynamischen Kopfhörer vermutet hätte. Diese räumlichen Qualitäten liessen mich bei einem ersten uninformierten Test vermuten, dass es sich beim R10D um einen Magnetostaten kurz vor der 2000-Franken-Grenze handelt. Nachträglich lässt sich diese Täuschung mit den leicht schräg im Gehäuse verbauten Kopfhörertreibern erklären, die zum einen für die Räumlichkeit im Klang und zum anderen für die eigentümliche Ausbuchtung der Verschalung sorgen. Die Klangbühne ist angenehm weit für einen geschlossenen Kopfhörer. Ungefähr gleich gross fällt die räumliche Tiefe aus.
Ebenfalls schön in seiner Qualität ist der Bass geraten, der keinesfalls zu präsent ausfällt. Hin und wieder vermisste ich allerdings eine gewisse Aggressivität und Intensität beim Anschlag von Pauken und Bass. Bei Titeln wie «Here comes the king» von Snoop Dogg hat sich dieser Eindruck bestätigt. Trotz dieser Kritik kann der Bass des R10D keinesfalls als Nebensache bezeichnet werden. Vielmehr verleiht dieser den Basssaiten-Anschlägen und Trommeln ein überaus angenehmes, warmes Timbre.
Zentral, aber doch dezent zurückhaltend, sind die Mitten gestaltet. Nahtlos fügen sie sich in das warme Fundament der Tiefen ein. Für Bassliebhaber ist der Einbruch des Frequenzganges um 2 kHz tragisch, den gerade hier entstehen die intensiven Anschlagsgeräusche von Saiten und Trommeln. Ebenfalls vom Geist der höflichen Zurückhaltung geprägt sind die Zischlaute um 5–6 kHz, welche deutlich hörbar gedämpft wurden. Diese Frequenzen werden oftmals als unangenehm scharf wahrgenommen.
Beinahe brillant gelungen sind die Höhen, welche der Luftigkeit des R10D eine klare, wenn nicht gar leicht prickelnde Krone aufsetzen. Gemäss dem Messdiagramm sind die Höhen bis über die Grenzen der Hörbarkeit erweitert.
Fazit
Der Hifiman HE-R10D hat im Sony MDR-R10 eine noble geistige Abstammung. Vielleicht stellt sich deswegen der Eindruck ein, dass der Hifiman vielleicht allzu sehr zu gefallen versucht. Der Clou dabei ist, dass dies dem R10D aber auch gelingt. Ich habe viele Stunden intensiv zugehört und mich immer wieder bezaubern lassen von dieser wundervoll einlullenden Klangillusion.
Für machen Hörer mag der HE-R10D etwas zu zurückhaltend und zu wenig explosiv agieren, während andere die ausgewogen feinsinnige Klangbalance zu schätzen wissen: Er ist eher der Kopfhörer für feinsinnige Klangschwelger als für den puristischen Klanganalytiker. Notabene eignet er sich mit seinem hohen Wirkungsgrade von 103 dB und einer Impedanz von 32 Ohm besonders gut für portable Audioplayer und Smartphones mit einfachen DAC-Sticks.