Wenn Ihnen der Firmenname «Antipodes Audio», der mit der Marke identisch ist, nichts sagt – der Autor kannte den Namen zwar aus der Fachpresse flüchtig, aber so richtig im Schweizer Markt ist Antipodes (noch) nicht angekommen. Unser Testbericht könnte das ändern. Wikipedia hilft übrigens auch nicht weiter, denn «Anti-Podes» kommt aus dem Griechischen und heisst genaugenommen «Gegen-Füssler» und meint die Menschen, die vom Betrachter aus gesehen auf der gegenüberliegenden Seite unseres Globus leben – oder eben stehen.
Diese Definition trifft das Herkunftsland der Marke Antipodes so ziemlich auf den Punkt: Gräbt man nämlich aus der Schweiz durch den Globus hindurch, landet man leicht östlich von Neuseeland. Übrigens werden die Neuseeländer von ihren britischen Zeitgenossen «the antipodes» genannt. Englischer Humor und vielleicht etwas zynisch? Der Firmensitz von Antipodes Audio Limited findet sich an der wildromantischen Westküste der neuseeländischen Nordinsel, nämlich im idyllischen Otaki an der Kapiti Coast, unweit der Cook Strait.
Historie von Antipodes
Antipodes Audio begann im Jahr 2004, wie viele Audio-Start-ups, als Kabelhersteller. Fünf Jahre später begann man bei Antipodes Audio über Musikserver nachzudenken und startete 2011 mit dem Verkauf von audiophilen Musikservern im lokalen Markt inklusive Australien. Der neuseeländische Hersteller konnte sich in dem jungen Markt behaupten, heimste international einige namhafte Awards ein und mauserte sich vom Geheimtipp zum heissen Tipp für audiophile Musikserver.
Die Antipodes-Produktefamilie
Der Chef-Entwickler von Antipodes Audio Limited, Mark Jenkins, verfolgte bis zum Erscheinen des Oladra bereits mit dem K50 das Ziel, die (preisunabhängig) weltbeste digitale Quelle auf den Markt zu bringen. Der hier getestete K50 war lange Zeit das Topmodell, bis aus dem Oladra-Projekt der neue Flaggschiff-Musikserver «Oladra» marktreif wurde und den K50 als Sortiments-Primus ablöste.
Antipodes hat unterhalb des Oladra zwei Produktlinien: die Basic S-Linie und die darüber angesiedelte K-Linie. Der getestete K50 ist deren Topmodell. Die abgespeckten Modelle heissen K41, K22 und K21. Preislich startet die S-Linie bei 3000 CHF, die K-Linie startet bei 6500 CHF. Der vollausgestattete Antipodes K50 kostet 17'500 CHF, das Oladra Topmodell steht mit 25'000 CHF in der Preisliste. Antipodes gewährt eine Garantie von 2 Jahren, bei Registrierung 3 Jahre.
Der Antipodes K50
«K-50» ist seine simple Bezeichnung und eigentlich kein Name. Sie konterkariert sein komplexes Innenleben. Trotzdem hier unser Versuch, den komplexen und doch einfach zu bedienenden audiophilen Musikserver aus Down Under möglichst einfach und verständlich zu beschreiben.
Der 19 kg schwere, stattliche, 44,5 cm breite und 37 cm tiefe K50 ist schon optisch ein Statement. Er und will keine Bescheidenheit vortäuschen. Das Gerät ist in Schwarz oder Silber erhältlich, die Front ist angenehm reduziert und beschränkt sich auf eine Standby- und eine Ready-LED sowie eine nicht zu übersehende Power-Taste. Bedienung am Gerät ist Fehlanzeige. Der K50 lässt sich ausschliesslich via Tablet, Smartphone, Laptop oder Desktop bedienen.
Konnektivität
Der Antipodes bietet fast alle denkbaren digitalen Ausgänge an: Network Streaming, Direct Ethernet sowie USB, S/PDIF, AES3 und I2S – eine eierlegende digitale Wollmilchsau also. Nur die Wandlung des digitalen in ein analoges Signal überlässt er den Spezialisten. Um hier gleich Klartext zu schreiben: Ein Kaliber des K50 hat nur den bestmöglichen DAC verdient. Ohne den Höreindrücken vorzugreifen: Ein mittelmässiger DAC hat am K50 nichts verloren.
Die drei Computer-Module beim Antipodes K50
Laut Hersteller ist das Computer-Modul 1 eine Hochleistungs-Engine, die es Server-Apps ermöglicht, mühelos eine riesige Musikbibliothek zu verwalten und Internet-Streams neu zusammenzusetzen, um die Klangqualität der Originaldatei wiederherzustellen. Dazu wird ermöglicht, DSP-Funktionen ohne Qualitätsverlust zu verarbeiten und der Player-Engine einen möglichst sauberen Stream zu liefern.
Computer-Modul 2 ist eine fortgeschrittene Player-Engine, die sich um die Wiedergabe-Software Ihrer Wahl kümmert.
Das dritte Modul ist ein Reclocker zwecks Verringerung/Eliminierung von Jitter. Er nutzt eine Technologie namens «Adaptive Clocking», die den Einfluss von Jitter auf das Audiosignal in Echtzeit analysiert und korrigiert. Laut Hersteller wird die Klangqualität damit gesteigert. Darauf wären wir auch gekommen.
Computer und Audio-Geräte – eine herausfordernde Kombination
Antipodes nimmt für sich in Anspruch, das Thema Computer und Audio grundsätzlich neu gedacht zu haben und ihre «radikalen» Lösungen konsequent umgesetzt zu haben. Wichtiger und klanglich entscheidender Aspekt von computerbasierten Audio-Komponenten sind eine Vielzahl von Störungen (RFI, digital noise), die sie selber verursachen und intern wie auch an externe Audio-Komponenten weitergeben.
Antipodes hat beim K50 eine aufwändige Kammerbauweise realisiert, die Einstreuungen ins Audio-System und die gegenseitigen Störungen der Funktionseinheiten praktisch zu 100 % verhindern soll. Das Kammer-Prinzip ist mechanisch sehr aufwändig umgesetzt.
Neben der konsequenten Kammerbauweise sei auch die verwendete Netzteil-Technologie eine klangentscheidende Komponente. In Computern und günstigen Audiogeräten wird die Stromversorgung effizient und kostengünstig mit Schaltnetzteilen realisiert. Antipodes arbeitet mit insgesamt drei hybriden Netzteilen, also eine Kombination von hochwertigen Linearnetzteilen und Schaltnetzteilen.
Mit dieser hochwertigen Stromversorgung würden auch negative Einflüsse auf die Stromversorgungen weiterer Komponenten der Anlage minimiert. Im Selbstversuch habe ich meinen Röhren-DAC «unsachgemäss» direkt auf den K50 gestellt und es war nichts zu hören – weder Brummen noch andere Geräusche.
Antipodes verwendet beim K50 eine sehr aufwändige, effektive und völlig geräuschlose Konvektionskühlung. Kupferröhrchen fungieren als Wärmeleiter und leiten die Hitze via Wärmetauscher-Kontakte an die seitlichen, belüfteten Gehäusewände ab. Im Testbetrieb blieb das Gerät auch bei längerem Betrieb mucksmäuschenstill.
Trotz des umfassenden Funktionsumfangs bietet der Antipodes K50 noch weitere Optionen an: Man kann SSD-Speicherung integrieren oder installieren lassen – theoretisch bis zu einer Grösse von 24 TB. Dafür gibt es 3 SSD-Einschübe auf der Geräterückseite. Auch kann die externe Antipodes-CD-Ripping-Station K10 (Kostenpunkt: 590 CHF) via USB angeschlossen werden, damit Sie Ihre CD-Sammlung direkt auf die Speicher des K50 rippen können.
Insgesamt sind beim Antipodes K50 die wichtigen, bekannten, weil klangrelevanten Tugenden sorgfältig und mit grossem Aufwand umgesetzt – und zwar bei der Kammerbauweise, bei den Stromversorgungen und bei der lüfterlosen und dennoch effizienten Kühlung. Ob man das als radikal ansehen will, möchten wir aber offen lassen.
Bedienung des K50
Die Systemoberfläche von Antipodes heisst Material Skin. Die verwendbaren Oberflächen für Musikwahl und Musikwiedergabe sind einerseits Roon, aber auch Squeeze von Logitech. Squeeze ist eine webbasierte Anwendung, die man zwecks besserer Übersicht am besten mit einem Tablet bedient. Für Roon gibt es natürlich die Roon-App auf allen Smartgeräten, der Antipodes K50 arbeitet als Roon Core. Somit ist kein separater Roon-Server im Netzwerk vonnöten. Nachteil bei Roon ist bekanntermassen eigentlich nur der Preis für die Lizenz. Die Squeeze-Variante ist kostenlos.
Meine anfänglichen Bedenken bezüglich Bedienbarkeit oder Schnelligkeit von Squeeze wurden während meiner Testphase nicht bestätigt, die Anwendung loggte sich sehr schnell ein und ist nicht langsamer als andere mir bekannte Streaming-Apps. Nachfolgend einige Bilder der beiden Bedienvarianten. Wer also nicht noch extra Roon anschaffen will, kann mit Squeeze Player gut leben.