Da ich mich in letzter Zeit an der Musik der grossen drei «B» (Bach, Beethoven, Brahms) satt gehört habe, gehe ich bei Qobuz auf die Suche nach etwas Neuerem. Das sollte aber nicht das schmerzhafte Gejammer und Gekreische vergewaltigter Musikinstrumente in zeitgenössischen Kompositionen sein, sondern schöne, tonale, aber dennoch etwas modernere Klänge. So stosse ich auf ein Album mit diversen Werken des französischen Impressionisten Ravel wie «Ma mere L'Oye», «Tombeau de Couperin» und «Ouverture Sheherazade».
Die Aufnahme wird als HiRes angepriesen, obwohl die Samplingfrequenz «nur» 44,1 kHz wie bei der CD beträgt. Dafür wird man mit einer Auflösung von immerhin 24 Bit getröstet. Und schliesslich wird immer noch diskutiert, was nun für den guten Klang wichtiger ist: die Smplingfrequenz oder die Auflösung. Doch lassen wir das und wenden uns der Musik und den Interpreten zu.
Das Orchester Les Siècles wurde 2003 vom Dirigenten Francois-Xavier Roth gegründet mit der Absicht, die Werke seines Repertoires, das vom 17. Jahrhundert bis zu zeitgenössischen Werken reicht, auf Instrumenten der jeweiligen Zeit zu spielen. Und da bin ich mit Francois Hudry von Qobuz absolut gleicher Meinung, wenn er schreibt, dass die Idee, Werke von Ravel auf Originalinstrumenten zu spielen, einen zum Schmunzeln bringen könnte.
In der Tat haben sich die Instrumente seit der Zeit von Ravel (7. März 1875 bis 28. Dezember 1937) nicht gravierend weiterentwickelt. Immerhin bedeutet es die Rückkehr zu Darmsaiten, zu perkussiven Instrumenten, die mit Tierhäuten bespannt sind und zu diversen Details mehr.
Zu hören ist hier kein mittels spezieller Aufnahmetricks und pseudoauthentischer Spielweise hingewürgter «Originalklang», der so ganz anders als alles Bisherige klingt, sondern ganz einfach ein traumhaft schöner Orchesterklang!
Die Bläser und Streicher erklingen sehr differenziert und zeigen alle Schattierungen dieser Instrumente in bester HiRes-Manier. Das geht unter die Haut und kann echt begeistern!
Das Klangbild ist breit und tief. Als unverbesserlicher Surround-Freak fehlen mir natürlich auch bei dieser Stereo-Aufnahme die rückwärtigen Schallrückwürfe, welche die Grösse und Tiefe des Saales simulieren und einem das Gefühl geben, (fast) echt im Konzertsaal zu sitzen.
Mehrheitlich sind da feine, nuancierte Klänge zu hören, und wer auf langatmige brachiale Orchester-Fortissimos steht, kommt da eher zu kurz. Diese Musik ist extrem abwechslungsreich und äusserst dynamisch. Auch wenn man die Lautstärke beim ersten, zartesten Pianissmo etwas aufdreht, wird man bei der nächsten Tutti-Stelle nicht vom Pegel erschlagen.
Wenn dann doch ab und zu das volle Orchester losbraust und die Tierhautfelle der Pauken zu vibrieren beginnen, werden die Tieftöner meiner Piega Coax 311 zu massiven Auslenkungen gebracht. Gefordert werden aber auch die coaxialen Bändchen-Mittel-Hochtöner, welche die extrem feinen, leisen und erst noch extrem hochtonreichen Triangel- und Glockenspiel-Impulse überzeugend zu reproduzieren haben, was sie denn auch absolut bravurös tun und dem Gesamtklang noch die Krone aufsetzen.
Fazit
Französischer Impressionismus in HiRes: Meine Suche nach Alternativen zur Musik der grossen drei «B» hat sich gelohnt: Das vorliegende Album bietet traumhaft schöne Werke eines der bedeutendsten französischen Impressionisten, hervorragend gespielt und mit einem Klang, der die Bezeichnung HiRes mit Recht trägt.
MUSIKREZENSION
STECKBRIEF
Interpret:
Les Siecles
Besetzung:
Les Siècles unter der Leistung von Francois-Xavier Roth
Albumtitel:
«Ravel Ma mere L'Oye»
Komponist:
Ravel
Herkunft:
Frankreich
Label:
harmonia mundi
Erscheinungsdatum:
2018
Spieldauer:
56.14
Tonformat:
44,1 kHz / 24 Bit
Medium:
Streaming (Download)
Musikwertung:
10
Klangwertung:
10
Bezugsquellen