
Was momentan die höchsten aller Klanggefühle sein soll, sind DSD-Aufnahmen - nicht über den Umweg über die SACD - sondern ganz direkt ab Festplatte. Wer sich für die Technik der an und für sich genialen 1-Bit Technologie interessiert, soll sich den Artikel "Direct Stream Digital - das audiophile Format" zu Gemüte führen.
Die Seele der Schwingung
Der Unterschied zwischen einer DSD- und einer PCM-Aufnahme soll ja, laut Glaube der DSD-Gemeinde und der Werbeabteilung des damaligen SACD-Schöpfer-Duos Sony-Philips, darin bestehen, dass die „Seele der analogen Schwingung“ bei der 1-Bit – DSD-Tonaufzeichnungstechnik in keinem Schritt der Verarbeitung angetastet wird, während man die ursprüngliche Schwingung bei der PCM (Pulse Code Modulation) zerstückelt und in einen Puls-Code, also in einen gigantischen bianären Zahlenhaufen verfrachtet, der mit der ursprünglichen Schwingung „rein seelisch“ ganz und gar nichts mehr zu tun hat.
Es hat für meine Begriffe relativ lange gedauert, bis ich mit meiner ersten Rezension einer DSD-Aufnahme, für einmal nicht ab SACD, sondern direkt ab Festplatte, mit einem DSD-tüchtigen Wandler beginnen konnte.
Dazu konnte mein bewährter und traumhaft schön klingender KingRex UD 384 mit Akku-Speisung nicht verwendet werden, weil er ganz einfach keine DSD-Signale wandeln kann. So wurde der ami DS5 DAC geprüft und für gut befunden.
Dann ging es auf die Suche nach DSD-Software. Und als erstes für mich wirklich interessantes Album kam „Halos 'Round The Moon“ mit Carl Cleves & Parissa Bouas in Frage, das in DSD64 bei highresaudio.com heruntergeladen wurde. Ebenfalls erhältlich ist das Album als Flac 44,1 kHz/24 Bit, das mir jedoch als aussagekräftiger Vergleich von DSD zu PCM nicht geeignet erschien. Das Album stammt aus dem audiophilen Hause von Stockfisch-Records, was die Erwartungen nochmals hochschnellen lässt.
Höchste Erwartungen
Die Erwartungen waren inzwischen ins Unendliche gestiegen. Und ich war mehr als nur gespannt, ob nun endlich der so lange erwartete klangliche Höhenflug einsetzen würde. So erklangen dann endlich aus den Piega Coax 10.2 die von einem MacbookPro und dem ami DS5 Wandler angelieferten Sounds in meinem Abhörraum.
Und gleich der erste Klangeindruck erstaunt: Ein Sound-Teppich, mit fundamentalem Sub-Bass und überlagerter schwebender weiblicher Stimme, der zwar etwas düster, doch tief berührend vor mir in einer riesigen Klangbühne in meinem relativ kleinen Abhörraum erscheint. Doch bei den nächsten Tracks hellt sich die Stimmung auf. Die meisten Songs sind jedoch ruhig und besinnlich und die Post geht nirgends so richtig ab. Das wollen Produzent und die Musiker offenbar ja auch gar nicht.
Die Musik ist dank diverser Soloinstrumente wie Flöte, Sax und Cello rotz dem durchwegs ruhigen Charakter sehr abwechslungsreich. Die Stimmwiedergaben von Parissa Bouas und Carl Cleves wirken tadellos sauber und charaktervoll.
Die genialen und glockenreinen Chorpassagen sind natürlich im Playbackverfahren entstanden. Der Raumeindruck ist effektvoll, aber synthetisch und ganz und gar nicht natürlich wirkend. Doch haben die Sound-Ingenieure hier unzweifelhaft saubere Arbeit am Mischpult geleistet und ihr ganzes Können aufblitzen lassen.
Nach audiophilen Gesichtspunkten

Kein audiophiles Highlight
Trotz des erstklassigen, feingezeichneten und ungemein sauberen Klangs ist für mich diese Aufnahme noch lange kein audiophiles Highlight, wie etwa das neuste Album von Blues-Altmeister Doug MacLeod "There's A Time" , (in PCM Flac 176 kHz/24 bit ) welches in Live-Manier, unplugged und ohne Overdubs, sozusagen konzertmässig aufgenommen wurde und einen verblüffend natürlichen Raumeindruck vermittelt.
Die hier vorliegende DSD-Aufnahme ist klanglich ein - ich gebe es gerne zu - hochmusikalisches Konstrukt, das am Mischpult meisterhaft und äusserst effektvoll, aber was die Räumlichkeit und Stimmung betrifft eben studiomässig und absolut nicht live-gerecht bewerkstelligt wurde.
Aus vorliegender Rezension ist zu erkennen, dass es, wenigsten für mich rein persönlich, unterschiedlich wichtige Eigenschaften einer Aufnahme gibt: An erster Stelle stehen für mich Komposition/Songwriting samt Musiker und Interpretation. Es folgt die Aufnahmetechnik, sprich Mikrofonplatzierung, Art der Mikrofone, Aufnahmeraum, Abmischung, etc. Und erst so ganz am Schluss interessiert mich heute, ob es sich um DSD oder PCM handelt!
Weitere Aufnahmen werden es beweisen müssen, ob DSD der hochauflösenden PCM-Technik tatsächlich haushoch überlegen ist.