Er hat erlebt, wie die legendären Produkte von Quad, Fisher, Nakamichi und vielen anderen kamen und gingen. Fritz Fabig ist nun Geschäftsführer der B&W-Group Schweiz.
Hans Jürg Baum von avguide.ch sprach mit ihm nicht nur über Vergangenheit und Zukunft von B&W, sonder, ganz generell über die UE-Branche.
Marksteine von B&W
avguide.ch: Sie sind ein erfahrener HiFi-High-End-Fuchs. Was empfinden Sie beim 40 Jahre Jubiläum von B&W?Fabig: Eine faszinierende Zeitspanne, in der sich die HiFi Technologie enorm entwickelt und heute eine Reife erreicht hat, die es erlaubt, Musik mit einem atemberaubenden Realitätsgrad in den Hörraum zu zaubern. B&W hat in diesen Jahrzehnten immer wieder Marksteine gesetzt. Das jüngste Beispiel ist die Entwicklung des Diamant-Hochtöners. Betrachtet man die B&W Produkt-Ahnengalerie, darf man stolz sein, was das Unternehmen in den vergangenen vierzig Jahren geschaffen hat, und es macht Freude, in einem solchen Unternehmen tätig zu sein.
avguide.ch: Wie lange sind Sie schon bei der B&W-Group und was hat Sie hier am meisten beeindruckt?
Fabig: Seit der Gründung der Tochtergesellschaft in der Schweiz im September 2002. Am meisten beeindruckt mich bei B&W, mit welcher Konsequenz und Geradlinigkeit Ziele verfolgt werden: einerseits qualitativ herausragende Produkte mit einem guten Preis/Leistungsverhältnis in unterschiedlichen Preisklassen zu produzieren und andrerseits mit dem gleichen Qualitätsanspruch auch Vertrieb und Handel einzubeziehen. Die Produkte werden nicht einfach als Handelsware verstanden. Auf allen Stufen bei B&W, egal ob Entwicklung, Produktion oder Vertrieb herrscht eine starke emotionelle Bindung zum Produkt. Das spüren auch Handel und Endkunden.
B&W und Abbey Road Studios verbindet eine jahrelange Zusammenarbeit
Fabig: Leider nein. Aber von Alfred Trunz habe ich einen Menge über John Bowers erfahren. Alfred war Eigentümer des früheren B&W Vertriebes Soundcompany, die ersten zwei Jahre Geschäftsführer von B&W CH und arbeitet noch heute als Consultant mit einem 60% Pensum bei uns. Er hat John persönlich, ja sogar im privaten Rahmen gekannt. John hat den Geist der Firma geprägt, hat das Unternehmen und die Leute geformt, beeinflusst, inspiriert. John war Musikliebhaber über alles. Den Wunsch, die Seele, die feinsten Nuancen einer Komposition auch über die HiFi-Anlage zu erfahren, hat sein Schaffen geprägt. Vielfach zerfallen solche Firmen nach den Ausscheiden des Gründers. Bei B&W war das glücklicherweise nicht der Fall. John hat seine Mannschaft nachhaltig geprägt.
avguide.ch: Wo liegen Ihrer Ansicht nach die grossen Stärken von B&W?
Fabig: Das John Bowers Geist noch heute in der Firma lebendig ist. Hochwertige Audioprodukte müssen mit einem guten Mass an Enthusiasmus und Begeisterung für Musik entstehen. Für den Markterfolg und somit das wirtschaftliche Überleben einer Firma, einer Marke braucht es aber moderne Unternehmensführung und ein ausgebautes Marketing. Diese Kombination von beiden Elementen ist die grosse Stärke von B&W. Im weiteren garantieren die Vertriebstöchter in Europa, Amerika und Asien (Hong Kong) einen einheitlichen Marktauftritt und Qualitätslevel.
Geheimnisumwitterter 41-Jahr-Jubiläumslautsprecher
Die Markteinführung der Diamond Signature wird voraussichtlich im Januar 07 sein. Also eigentlich ein 41-Jahr-Jubiläumslautsprecher.
Fabig? Die Markteinführung wird voraussichtlich im Januar 07 sein. Also eigentlich ein 41-Jahr-Jubiläumslautsprecher. Die Diamond Signature hätte im Oktober bei uns eintreffen sollen. Die Ingenieure der B&W eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Steyning geben ein Produkt erst frei, wenn Sie vom Resultat 100% überzeugt sind, daher die Verzögerung. Da kann die Marketingabteilung noch so bitten und auf Termine hinweisen. Das ist eben B&W, Qualität geht vor. Die Diamond Signature ist ein Zwei-Weg-Lautsprecher, besticht durch Form und Konzept und wird preislich im Bereich einer N802D liegen. Eine absolut faszinierende Kreation
avguide.ch: Weshalb ist von der Anniversary Box momentan noch sehr wenig zu erfahren? Gibt es da Probleme in der Herstellung?
Fabig: Nein, obwohl die Herstellung auf Grund von Form, verwendeten Materialien und den gesetzten Klangansprüchen sehr aufwändig ist. Die Diamond Signature wird ein Imageträger sein. Kein Produkt, das über Jahre zu kaufen ist und im Handel breit zu sehen sein wird. Ein Produkt, dass viele Ressourcen bei Entwicklung und Herstellung bindet, das bei rein ertragsorientierten Firmen vom Finanzchef aus dem Entwicklungsprogramm gekippt würde. Die Diamond Signature ist ein Produkt, das man sich zum Jubiläum leistet, das emotionell und konzeptionell eine Sonderstellung einnimmt, etwas besonderes ist. Man darf gespannt sein.
avguide.ch: Die Abbey Road Studios, die wir kürzlich besichtigt haben, sind geradezu vollgestopft mit B&W Nautilus 800D Lautsprechern. Weshalb wählten die Abbey Road Studios gerade B&W und weshalb hauptsächlich die Nautilus 800D?
Fabig: B&W und Abbey Road Studios verbindet eine jahrelange Zusammenarbeit. Der Ersatz der Vorgängergeneration mit N802D und N800D war ein konsequenter Schritt. Die Wahl auf B&W fiel auf Grund der grösstmöglichen Nähe zum Originalklang. Zu diesem Resultat kamen übrigens auch die Tonmeister des Tessiner Radio RSI . Sie haben den neuen Hauptregieraum in Lugano im letzten Sommer mit fünf N802D bestückt. Weltweit setzen viele Tonstudios B&W Lautsprecher ein.
The Sound of Diamonds
Der jüngste Markstein von B&W ist die Entwicklung des Diamant-Hochtöners
Fabig: Jeder Körper hat eine Resonanzfrequenz. Der perfekte Kolbenhub eines Hochtöners bricht beim erreichen der Resonanzfrequenz auf. Schlimme Verzerrungen sind die Folge. Computersimulationen haben gezeigt, dass der perfekte Hochtöner erst bei 70 kHz aufbricht. Normale Tweeter brechen im Bereich von 21 kHz bis 33 kHz auf. Der Diamond Tweeter kommt dem idealen Hochtöner extrem nahe (ebenfalls 70 kHz). Im Hörbereich ist der Frequenzgang des Diamondtweeters absolut linear und frei von Oberschwingungen respektive Mischprodukten der Resonanzfrequenz. Die Hochtonwiedergabe ist frei von Artefakten, präzis und natürlich, ein Hochgenuss.
avguide.ch: Wird dieser erstklassige Tweeter auch in preisgünstigeren Boxen verbaut werden?
Fabig: B&W hatte immer die Zielsetzung, ein Denken, das John Bowers geprägt hat, neue und damit in der Regel auch teure Technologien so weiter zu entwickeln, dass sie in tiefern Preisklassen, wenn auch in vereinfachter Form, Einzug finden. Dies sieht man klar an der kleinen M1 oder den FPM-Flatspeakers, die heute mit Technologien (z.B. Tubeloaded-Tweeter, Kevlar Membranen) ausgestattet sind, die mit frühren Flagship-Produkten eingeführt wurden. Somit ist es auch das Ziel der B&W Ingenieure in Steying, den Diamanthochtöner eines Tages sukzessive in anderen Produktserien einzusetzen.
Keine non Profit Produkte
Wertmässig trägt die 800-Serie mit über 40% Umsatzanteil am meisten bei. Hier die 805S
Fabig: B&W hat nie non Profit Produkte aus strategischen Gründen auf den Markt geworfen, um z.B. im Fachmarkt mit Palettenware die Konkurrenz zu bedrängen. Jedes B&W Produkt wird sorgfältig entwickelt und behauptet sich im Markt über seine Qualität. Somit realisieren wir mit allen Segmenten gute Zahlen. Wertmässig trägt die 800-Serie mit über 40% Umsatzanteil am meisten bei. Auch hier haben wir in der Schweiz im Verhältnis einen höheren Anteil (Gruppenschnitt 35%).
avguide.ch: Sehen Sie neue Trends im Lautsprecher-Markt?
Fabig: Es gibt mehrere Richtungen: klein und quäckig, dünn in Form und Klang, dafür metallig glänzend, frech und frisch mit unkonventionellen Formen und Farben und nach wie vor die klassischen, ja gar eckigen Lautsprecher, die ein Publikum ansprechen, das mit ihren Lautsprechern Musik hören möchte. Dies mag etwas provokativ formuliert sein, zeigt aber, dass Lautsprecher heute mehr erfüllen müssen, als nur Töne von sich zu geben. B&W kann sich diesen Trends nicht entziehen. Form und Farbe werden in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. B&W versucht, seinen Qualitätsgrundsätzen treu bleibend, diese unterschiedlichen Kundenbedürfnisse bis zu einem gewissen Grad zu befriedigen. Ziel ist, Klassenbester zu sein. Betrachtet man die M1 oder die XT4, dann dürfen wir mit Stolz sagen, dass wir in diesen Kategorien Spitzenprodukte anbieten.
Trend zu Fastfood-Musikkonsum?
Fabig: Der Trend zu Fastfood-Musikkonsum, datenreduziert und omnipräsent dank iPod & Co wird der hochwertigen Audioindustrie in Zukunft vermehrt zu schaffen machen. Wer über Jahre, besonders in jungen, Musik datenreduziert in überhöhter Lautstärke, vorab über Ohrhörer konsumiert, hat keinen Bezug zu qualitativ hochwertigem Hören aufgebaut, hat möglicherweise, wie die SUVA ja warnt, mit dreissig bereits Gehörschäden. Wie soll jemand, der nur mit Fastfood aufgewachsen ist, den Zugang zu Feinkost und Esskultur finden? (Siehe Jamie Olivers Projekt zu gesünderer Verpflegung in Englischen Schulkantinen). Ankündigungen, Musik nur noch als Download, komprimiert und verlustbehaftet und nicht auch zusätzlich auf einen hochwertigen Träger mit voller Auflösung anzubieten (Warner Music) sind nicht positiv. Es bleibt zu hoffen, dass technische Entwicklungen und ein aufgeklärtes Publikum einen Gegenpol bilden.
avguide.ch: besten Dank für das sehr aufschlussreiche Gespräch.