MAGAZIN
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Klangeindrücke

Ich empfand den Klang insgesamt als äusserst präzise, mit sehr viel Direktschall und gleichzeitig absolut konsistent, organisch und «richtig». Keine Härte in den Höhen – nichts dergleichen. Saubere Mitten, alles an seinem Plätzchen. Anfänglich scherzte ich zu Jürgen Strauss, er solle doch über den Aufbau eines Superhochtöners nachdenken. Dies entpuppte sich beim genauen Hinhören als absoluter Nonsens. Klar, dass meine Klanggewohnheit, die von den invertierten Beryllium-Hochtönern meiner Focals geprägt ist, anfänglich die geweitete Abstrahlung «vermisste». Doch beim genauen Hinhören merkte ich: Da ist alles vorhanden – nichts fehlt, aber auch gar nichts.

Hörprobe mit dem Mastering-Monitor SE-MF-4.Hörprobe mit dem Mastering-Monitor SE-MF-4.

Ein absolut offenes, dreidimensionales Klangbild mit einer stimmigen Bühne und guter Staffelung der Interpreten. Wenn Ruhe zwischen den Klängen gefragt war, war Ruhe – Punkt. Zugegeben, mein Gehör musste sich zuerst ein wenig an diesen «neuen Klang» gewöhnen. Meine Focals spielen da viel breiter und mein Raum absorbiert auch nicht so viel Diffusschall. Das merkte ich besonders beim Bass: Meine Focals neigen dazu, bei 80 und 22 Hz zu dröhnen – das wirkt bei leisen Lautstärken als «Mega-Bass», ist aber faktisch ein Fehler – sogenannte Raummoden. Bei den F4 ist der Bass gerade richtig – wohl auch in den meisten Studios und heimischen Räumen. Daher sehr sauber, fast schon melodisch und organisch, ohne Dröhnen, fernab von jeglichem Subwoofer-Bums, aber dennoch mit beachtlichem Druck und Punch. Wer noch mehr von diesem präzisen Tiefgang-Charakter von Lautsprechern wünscht, müsste mit den grösseren Schwestern des Hauses, den MF-2.1, liebäugeln oder zu technischen Tricks greifen.

Noch ein Nachtrag zur obigen Michael-Jackson-Offenbarung: Diese hat mich nachhaltig begeistert! Da gibt es Klänge, die ich so vorher noch nie gehört habe: Perkussion, Backingvocals, Gitarrenbegleitungen neben der Lead-Gitarre. Es ist nicht so, dass sich diese nun in den Vordergrund gespielt hätten, aber sie tragen genau richtig zur Vollendung des akustischen Gesamt-Klangbildes bei – ich bin baff. Irgendwie scheinen die MF-4 aber den Charakter ihres Schöpfers zu spiegeln: absolut souverän, sattelfest – ein Fels in der Brandung – offen, präzise, authentisch, nahezu perfekt.

Haben die Lautsprecher auch Schwächen? Ich meine nein. Sie sind allerdings als präzise Arbeitsinstrumente für Tontechniker geschaffen worden und können auch in HiFi-Keller, seriös aufgestellt und mit guter Elektronik versehen, hervorragende Ergebnisse erzielen. Für eine «Rundum-Beschallung» dünken sie mich aber weniger ideal. Das können vermutlich andere Lautsprecher besser, das ist «Gen-bedingt» bei Horn-Lautsprechern. Ebenfalls würde das Potenzial so nicht annähernd ausgekostet.

Mittig die passende Stereoendstufe SE-PA-100.Mittig die passende Stereoendstufe SE-PA-100.

Jürgen Strauss empfiehlt als passenden Verstärker aus dem eignen Haus: den Stereoverstärker SE-PA-100 mit einem Preisschild von 9600 Franken. Diese Symbiose mit den F4 wird auch in verschiedenen HiFi-Foren bekräftigt.

Das Paar der Mastering-Monitore SE-MF-4 kostet 21'200 Franken, die Standardversion der SE-MF-4S liegen bei netto 24'800 Franken. Das ist nicht günstig, aber im Vergleich mit Lautsprecher-Spitzenmodellen anderer namhafter HiFi-Marken fast schon wieder preiswert.

Nach drei Stunden Eintauchen in eine andere Audio-Sphäre betrete ich wieder die nüchterne Umgebung des Parkhauses von Wabern (zum Glück keine Zürcher Park-Tarife). Das Gefühl beschleicht mich, als würde ich aus einem tollen Traum aufwachen und raus aus dem Kaninchenbau gespickt werden. Während ich nun von den vielen Eindrücken leicht benommen die Heimfahrt antrete, schliesst sich für mich der Kreis; denn der Ausflug ins SE Musiclab fühlte sich tatsächlich etwas an wie Ferien. So kehre ich bei Sonnenuntergang, mit vielen Eindrücken bereichert und erfüllt nach Zürich zurück – diesmal ohne Stau, mit der Gewissheit, dass die ewige Suche nach dem audiophilen Lautsprecher-Gral um eine beeindruckende Episode bereichert wurde.

Fazit

Was ich mit Sicherheit gelernt habe, sind diese vier Dinge: 1. Die HiFi-Welt und die Studio-Welt könnten wohl näher beieinander liegen, als man allgemein meint. 2. Lautsprecher-Messungen lügen nie! 3. Es gibt sie, die Liebe auf den zweiten «Klick». Es lohnt sich, gut nachzuhören und sich nicht von vordergründigem «Glimmer» blenden zu lassen. 4. Das nächste Mal – und es wird ein nächstes Mal geben – fahre ich mit dem Zug zur «SE-Musiclab-Wabern-Raumwunder-Station» und würde mich, wenn es dazu nötig wäre, sogar entsprechend «spacig» verkleiden.

Jürgen Strauss – Forscher und Tüftler

Jürgen Strauss entwickelt Beschallungssystemen für Studios und Konzertsäle.Jürgen Strauss entwickelt Beschallungssystemen für Studios und Konzertsäle.

Nach einer Ausbildung als Physiklaborant hat sich Jürgen Strauss auf die Entwicklung von Beschallungssystemen für Studios, Konzertsäle, Kirchen, Museen und Kinos spezialisiert. Diese elektroakustischen Tätigkeitsbereiche verbindet er mit Raumakustik. An der ETH liest er zum Thema «Historische und systematische Grundlagen des akustischen Architekturentwurfs» und bringt seinen Studierenden Ovid, das Gilgamesch-Epos und Plato nahe. Als geachteter Pionier in der Elektro- und Raumakustik hat er es über die Jahre geschafft, seine qualitativ hochwertigen Studio-Monitore in alle Welt zu vertreiben. In enger Partnerschaft mit Forschungs- und Bildungsinstituten treibt Jürgen Strauss die Akustikforschung und -Bildung immer weiter voran.

Strauss Elektroakustik

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