Um gleich ein Missverständnis bei der Begrifflichkeit zu klären, dem ich selber zuerst zum Opfer fiel und vom avguide.ch-Redaktor Christian Wenger sogleich aufgeklärt worden bin: Vintage HiFi ist nicht mit Retro zu verwechseln: «Retro-HiFi» bezieht sich auf neue Geräte im Look der frühen High-Fidelity-Tage der 60er, 70er und 80er Jahre. Der Begriff «Vintage» bezeichnet originale Geräte aus den frühen HiFi-Tagen, die entweder noch funktionieren oder restauriert wurden.
Aber ich möchte von vorn beginnen: Da ich inzwischen selbst schon leicht Vintage bin, durfte ich die originalen 60er-, 70er- und 80er-Jahre noch selbst miterleben und bin nun, wie so viele Kunden und Hersteller dem «Look-and-feel» der Geräte und Lautsprecher dieser Zeit restlos verfallen. In den 80er-Jahren drückte ich meine Nase platt an den Schaufenstern der damals angesagten HiFi-Studios. Ich träumte von den grossen Marken wie Mark Levinson, McIntosh, Infinity, Thorens. Mein Lehrlingslohn reichte allerdings nur für ein paar Dire-Straits-LPs, das Töfflibenzin sowie ein Paar Marcel-Scheiner-Jeans. Audiomässig musste es die Philips-Anlage meiner Eltern tun.
Nichts gegen das moderne Hightech-Design vieler aktueller Geräte. Aber der Look und die Haptik der Produkte der 60er, 70er und 80er verströmen das gewisse Etwas und einen ganz anderen, zeitlosen Charme. Die Lautsprecher und die Elektronik jener Zeit scheinen für eine Ewigkeit gebaut. Viele heutige Geräte sind wie in der Autoindustrie einem kostenoptimierten Einheitslook verfallen. Baugruppen werden gerne bei OEM-Herstellern eingekauft, die Produkte sind innen wie aussen nur allzu oft uniform und austauschbar geworden.
Bei meiner Liebe zu Retro- und Vintage-Geräten mag zwar eine Prise Nostalgie mitschwingen, aber auch jüngere Kunden sind inzwischen dem Charme und der charaktervollen Produkte aus der HiFi-Frühzeit verfallen. Wer kann sich schon wirklich dem Glimmen einer Röhre, Lautsprecher mit noch grossflächigen Bassmembranen oder den zappelnden Wattmeter der ersten Transistor-Amps entziehen?