Man kauft etwas und es funktioniert, bis es kaputt ist. Letzteres ist zwar immer schneller der Fall, wie eine Studie des deutschen Umweltbundesamtes aufzeigt. Aber irgendwie gehen die Konsumenten davon aus, dass sie kriegen, was sie kaufen.
Plötzlich ist der DVD-Player doof
Das ist aber im Zeitalter von Internet und Cloud nicht mehr so. Wer bei Philips einen BD- oder DVD-Player mit smarten Funktionen gekauft hat, muss nun plötzlich feststellen, dass dieser über Nacht doof geworden ist. Er beherrscht keine smarten Funktionen mehr. Er weigert sich also beispielsweise plötzlich, YouTube-Videos aus dem Internet abzuspielen. Die Konsumenten werden nun verzweifelt an Netzwerkkabeln rumfummeln. Aber das nützt nichts. Gibson hat die „smarten Internetdienste“ Dienst schlicht gekillt.
Wer sich nun fragt, was ein Gitarrenhersteller Gibson mit einem Philips-Filmscheibenabspieler zu tun hat, war beim Lesen der Wirtschaftsmeldungen schludrig. Gibson hat nämlich Teile von Philips aufgekauft. Insbesondere den Audio-Teil aus Kopfhörern und Lautsprechern. Im Paket befanden sich anscheinend auch die BD- und DVD-Player. Nebenbei erwähnt sei auch noch, dass auch die Philips Fernseher nicht wirklich Philips gehören, sondern neuerdings TP Vision. Aber, der Leser sei beruhigt, die Philips-Fernseher von TP Vision sind von der smarten Amnesie nicht betroffen.
Wer nun vor seinem Philips-Player hockt und flucht, ist selber schuld. Hätte er beim Kauf die wohl mindestens 93 Seiten langen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gelesen, hätte er gewusst, dass der Hersteller sich das Recht ausbedungen hat, jederzeit Dienste einzustellen.
Ich persönlich lese ja bei jedem Softwareupdate meines Smartphones, PCs oder Internetradios die unendlich langen AGB peinlichst durch und habe mir auch die Sicherheitsbestimmungen meines Stabmixers verinnerlicht. Mit den verbleibenden 10 Prozent meiner Lebenszeit schreibe ich deshalb so wenige Kolumnen.
In den Internetforen schimpfen nun Philips-Kunden gleich in Hundertschaften über ihre ehemalige Lieblingsmarke. Und bei Gibson wird man sich fragen, ob der Imageverlust nicht grösser ist, als die Einsparung durch die Stillegung eines alten Servers irgendwo im Internet.
Ist Google doch böse?
"Don't be evil" hat Google noch im Jahre 2000 als ethischen Grundsatz der Firmenpolitik verkündet. Wer seine Fotos mit dem Programm Picasa verwaltet, wird Google vielleicht nicht als böse (evil) bezeichnen, aber böse auf Google sein. Die Giganten stellen nämlich Picasa ein und gleichzeitig auch die in Picasa integrierte Möglichkeit, seine Bilder im Internet zu publizieren.
„Selber schuld! Wer Gratisdienste nutzt, hat nichts Besseres verdient“, proklamiert nun die zahlungskräftige Adobe-Kundschaft. Sie vergisst dabei allerdings, dass ein Grossteil der Adobe-Software heute ohne Internetanbindung auch nur digitalen Schrott zurücklässt.
„Stimmt gar nicht“, wiegelt das Google-Marketing ab. „Wir haben Picasa nur durch das viel bessere Google-Photo ersetzt“. Dass man aber bei Google-Photo erst im Internet verstreute AGB abnicken muss, wird verschwiegen. Und dass Google beim neuen Photodienst auch gleich meine ganze Bildersammlung digital durchschnüffelt, muss mir ebenfalls klar sein.
Solange Google nur Strandfotos sortiert, mag das ja noch Freude machen. Spätestens, wenn der Upload eines nackten Baby-Popos aber die amerikanischen Pornographie-Alarmglocken schrillen lässt, flucht man wieder über nicht gelesene AGB. Oder rätselt, ob ein Baby-Po die AGB-Kriterien „Nacktheit, die einem klaren bildungsbezogenen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zweck dienen“ erfüllen.
Spätestens hier merkt man, dass Gibson den Konsumenten eigentlich nur Gutes tun will. Denn wenn der DVD-Player keine smarte Internetverbindung mehr hat, kann er mich auch nicht verpetzen, wenn ich eine Schmuddel-Filmscheibe einlege.
Damit die Kolumne noch mehr Nutzwert hat, kann ich es nicht lassen, Flickr als Alternative zu Picasa anzupreisen. Inklusive einem Terabyte kostenlosem Bildspeicher und Apps für iOS und Android. Was genau so lange gut geht, bis Yahoo bei Flickr den Stecker zieht.