TESTBERICHT
ARTIKEL
Publikationsdatum
15. September 2008
Themen
Drucken
Teilen mit Twitter
Der amerikanische „Way of Life“ steht für Wohlstand, Luxus und eine grosszügige Lebensweise. Im Highend-Bereich entfachen amerikanische Traditionsmarken wie Klipsch, Pass oder Audio Research aber auch hierzulande viel audiophile Leidenschaft. Zumal dann, wenn man die Gelegenheit hat, einen Ausnahmelautsprecher wie die Palladium P-39F von Klipsch an edelster USA-Elektronik zu hören.

Kehrtwende

Seit jeher gilt Klipsch als Inbegriff für klassischen amerikanischen Lautsprecherbau, bei dem Tradition höher gehalten wird als steter Modellwechsel. Innovation kam bis anhin weit eher bei den inneren Zutaten zum Zug, während das äussere Erscheinungsbild von grossvolumigen bis hin zu kastenförmigen Boxen dominiert wurde.

Mit dem Palladium-Projekt nimmt der – nach wie vor in Familienbesitz befindliche – Hersteller eine eigentliche Kehrtwende vor. Erstmals wendet man sich vom unförmigen Boxendesign ab, hin zur schön geformten Klangskulptur.

In die Höhe gebaut

Während ein Klipschorn, eine La Scala oder eine Cornwall III eher durch ihre Breite imponieren, wirkt die lediglich gut 30 cm breite Palladium P-39F von vorne betrachtet beinahe schon filigran. Je näher man zu ihr rückt, umso deutlicher werden die imposante Höhe und der grosse Platzbedarf in der Tiefe.

Nach hinten sanft gerundete Seitenteile kaschieren geschickt das riesige Gehäusevolumen und verhindern ein allzu monumentales Erscheinungsbild. Dennoch betrachtet und hört man die P-39F am besten aus gebührender Distanz.

Unser erster Kontakt zeigte nämlich schnell, dass sie sich im nicht sehr tiefen Hörraum beim Importeur kaum entfalten konnte. Grund: Das akustische Zentrum der 1,4 Meter grossen Box liegt so hoch, dass diese bei zu kurzer Hördistanz nicht wirklich homogen klingt.

Das ist wohl auch der Eigenart der verwendet Tractrix-Mittel- und Hochtonhörner zuzuschreiben, deren Abstrahlcharakteristik eher für mittlere Hördistanzen ausgelegt ist.

Akustisch tot

Seien wir mal ganz ehrlich: In Sachen Gehäusebau hat Klipsch in der Vergangenheit nicht gerade Massstäbe punkto Qualität gesetzt.

Um die riesigen Gehäuse der horngeladenen Lautsprecher noch einigermassen transportabel zu machen, musste man gewisse Kompromisse eingehen. Das führte dazu, dass die grossflächigen Wände mitvibrierten und ebenfalls Schall erzeugten.

Wie böse Zungen immer noch behaupten, hätten diese Vibrationen zum typischen Klipsch-Sound beigetragen. Doch bei der Palladium hat Klipsch dazu gelernt. Sie ist  mit ihren rund 75 kg Lebendgewicht nicht nur extrem schwer, sie ist auch extrem stabil gebaut.

Ihre Gehäuseform wurde einem Bootsrumpf nachempfunden und besteht aus mehrlagigem, 30 mm dickem Fibermaterial. Es vereint höchste Stabilität mit exzellenter Dämpfung. 

Musik machen hier nur noch die Membranen, das Gehäuse macht keinen Mucks und ist sozusagen akustisch tot. Die Palladium-Boxen werden als ausgesuchte Stereo-Paare ausgeliefert. Sowohl die Chassis, die Weichen, als auch das Holzfurnier sind paarweise abgestimmt. So kann sich jede P-39F stereofon optimal entfalten und auch optisch perfekt in Szene setzen.

Geballte Ladung

Vom Feinsten: Das Mittel- und das Hochtonhorn wurden für die Palladium-Reihe grundlegend neu entwickelt. Die Traktrix-Hornkontur soll für wohraumgerechte Abstrahlung sorgen.

Die Palladium ist ein von Grund auf neu entwickelter Lautsprecher. Sie enthält ein 3,5-Weg-System mit kompromisslos entwickelt und gebauten Chassis. Im Bereich von 3 kHz bis 30 kHz arbeitet eine 19-mm-Titaniumkalotte hinter einem sogenannten Phaseplug. Dieser ist im Kegel des Hornhalses angeordnet und sorgt gleichzeitig für die Kompression und den Phasenausgleich der von der der Kuppelmembran abgestrahlten Schallwellen.

Letztere werden von einem Tractrix-Horn mit einer Abstrahlcharakteristik von 90 x 60 Grad (horizontal/vertikal) im Hörraum verteilt. Der Mitteltöner arbeitet – ebenfalls nach dem Druckkammerprinzip – mit einer 11,4-cm-Inverskalotte aus Aluminium und deckt den Bereich von 500 Hz bis 3 kHz ab. Auch hier kommt ein 90/60-Grad-Tractrix-Horn zum Einsatz, so dass die Palladium im Mittelhochtonbereich über eine gleichmässige Abstrahlcharakteristik verfügt.

Die 22,8-cm-Membranen der drei Tieftöner besitzen Sandwichmembranen aus Aluminium-/Rohacell-/Kevlarverbund. Angetrieben werden sie von dreiteiligen Neodymium-Magneten. Mit gezielten Massnahmen reduzierte man Nichtlinearitäten im magnetischen Fluss. Als Resultat bewegen sich die Membranen mit gleichem Betrag nach innen und aussen, was sehr niedrige Verzerrungen garantiert.

Obwohl Klipsch das Horn auch heute noch als Markenzeichen hochhält und sogar in ihrer iPod-Dockingstation die Horntechnologie aufblitzen lässt, hat man bei der Palladium aus konzeptionellen Gründen im Tieftonbereich das Hornprinzip zugunsten des Bassreflexsystems aufgegeben. Berechnet man die Membranfläche der drei Tieftöner, so sieht man, dass sie über der eines klassischen 15-Zoll-Treibers liegt, wie er in Klipschorn, Cornwall & Co. zum Einsatz kommt. Dadurch, dass jede der der kleineren Einzelmembranen über eine eigene Schwingspule und einen starken Magneten verfügt, kann man der Palladium jedoch ein überlegenes Antriebsverhältnis zuschreiben. Mit nicht weniger als drei Bassreflexrohren stimmt man das Gehäusesystem optimal auf Tiefgang, guten Wirkungsgrad und einwandfreies Impulsverhalten ab.

Wie es sich gehört, verwendet man in der Frequenzweiche nur erstklassige Komponenten und realisiert die Trennung mit Filtern 4. Ordnung. Die Empfindlichkeit ist mit 99 dB Schalldruck (in einem Meter bei einer Eingangsspannung von 2,83 V) nominell extrem hoch. Die Praxis zeigt aber, dass die Palladium doch eher nach kräftigen Verstärkern mit satten Netzteilen und hohem Dämpfungsfaktor als nach Röhren verlangt.

Schwierige Partnersuche

Spielpartner gesucht: Die Vor-/Endverstärker XP-10 und X350.5 von Pass Labs erwiesen sich in jeder Hinsicht als Dream-Team im Zusammenspiel mit der heiklen Palladium.

Beim Erstkontakt im zu kleinen Hörraum konnte sich die Palladium P-39F nicht so richtig profilieren. Weder an feinster Röhrenelektronik von Cayin noch an kraftvollen Class-D-Transistorkollegen von Rowland Research ergab sich ein rundum stimmiger Klang. Über die Röhren kamen die Höhen zwar ätherisch und filigran, dafür fehlte es aber an Pepp im Bass- und Grundtonbereich.

Hier überzeugte wiederum die Class-D-Endstufe, der man jedoch eine deutlich zu scharfe Hochtonzeichnung etwa bei Streichinstrumenten attestieren musste. Klarer Fall: Hier mussten sowohl ein grösserer Hörraum wie passendere Elektronik her. Ersteres liess sich mit einem Transfer der 75 kg schweren Box in den 60 m2 grossen Redaktionshörraum „leichter“ lösen als das zweite.

Hier war schon eher Kopfzerbrechen angesagt. Schnell wurde jedoch klar, dass vorzugsweise amerkanische Spielpartner zum Einsatz kommen sollten. Und freundlicherweise stellten die Importeure von Audio Research, Pass Labs und auch McIntosh – dafür ein herzliches Dankeschön – passende Gerätschaften zur Verfügung.

Von Pass Labs bekamen wir nebst dem Vorverstärker XP-10 die Endstufe X350.5, die mit satten 2 x 350 W jeden noch so krassen Leistungshunger stillt, gleichzeitig aber dank Class-A-Arbeitsweise bis zu 40 Watt bei normalen Pegeln sehr fein zeichnet. Als Spieler komplettierte ein Reference CD7 von Audio Research mit aufwendiger Röhrenbestückung und 24-Bit-D/A-Wandler das amerikanische Trio.

Wählerische Diva

Gespannt waren wir auch auf die Kombination von McIntosh, bestehend aus dem brandneuen Vollverstärker MA7000, der mit 2 x 250 Watt und den berühmten Autotrafos für klangliche Höchstleistungen steht, und dem ebenfalls neuen CD-/SACD-Kombispieler MCD301.

Leider blieben diese beiden Amis lange am Schweizer Zoll liegen und kamen erst unmittelbar am Tag des Hörtests an. Frisch ausgepackt und völlig uneingespielt angeschlossen, wusste sich die McIntosh-Kombi an der Palladium verständlicherweise noch nicht wirklich zu entfalten. Obwohl sie auf Anhieb schon verheissungsvoll klang, konnte sie nicht mit der gut eingespielten Pass-/Audio Research-Kombi mithalten, weshalb wir schweren Herzens die wunderschön gestylten McIntosh-Geräte zugunsten eines späteren Einzeltests auf die Seite schieben mussten.

Nicht nur punkto Spielpartner erwies sich Palladium P-39F als so wählerisch wie eine Diva. Auch bei den NF- und Lautsprecherkabeln war gezieltes Feinabstimmen angesagt: Symmetrische Edelstrippen des Typs Aero Litz von Fadel erwiesen sich schliesslich zwischen Spieler- Vor- und Endstufe tonal als idealer Kompromiss zwischen Wohlklang und Definition, während ein Lautsprecherkabel vom Typ XLO Signature für hervorragende Basskontrolle und ungebremste Dynamik sorgte.

Goldene Klänge

Gerade bei Orgelmusik beweist die Palladium P-39F ihr ungeheure Breitbandigkeit.

Gespannt waren die Testhörer, ob die im kleinen Abhörraum total fehlplatzierte Palladium nun doch noch zur erwarteten Höchstleistung aufspielen konnte. Und in der Tat, was im 60 m2 grossen Testraum mit einem gebührenden Abstand von rund 5 Metern zu den Boxen zu hören war, überraschte selbst abgebrühte, highend-verwöhnte Ohren.

So quasi als Ouvertüre zum Hörtest sei erwähnt, dass der nun zu hörende Klang von einem Hörer treffend als „geglückte Gratwanderung zwischen Attacke, Impulsfreude und Vollmundigkeit“ bezeichnet wurde.

Doch erst mal alles der Reihe nach. Wie gewohnt, beginnen sinnvolle Hörtests, solange die Ohren der Testpersonen noch frisch und urteilskräftig sind, mit anspruchsvoller und heikler klassischer Musik. Und so stellten die geschärften Ohren bei Mozarts Klavier-Trios mit Klavier, Violine und Cello fest, dass die Palladium eine zauberhaft schöne Konzertsaalstimmung in den Abhörraum bringen können. Edel und bei gebührendem Hörabstand gar nicht vordergründig perlten die Läufe des Flügels auf und ab. Voll und warmblütig legte das Cello ein Fundament unter das Klanggeschehen und schwelgte in stimmungsvollen Kantilenen.

Nur bei der Wiedergabe der Violine – und da waren sich die Hörer einig – waren gewisse horntypische Eigenheiten nicht zu überhören. Nicht dass dieser Klang etwa grell wäre oder gar unangenehm nerven würde. Der Streicherklang erscheint in mittleren und vor allem hohen Tonlagen jedoch leicht betont mit einem goldenen Glanz. Dieser spezielle Sound weckte bei gestandenen Hörern Erinnerungen an eine legendäre Sentry von Electro Voice und natürlich auch an das Ur-Klipschorn.

Bei Opern überzeugte die weiträumige und ausgesprochen plastische Abbildung von Chor, Orchester und Gesangsolisten. Während auch hier die ersten Violinen des Orchesters in den höchsten Lagen mit dem bereits erwähnten „goldenen Glanz“ jubilierten, überzeugten Stimmen durch Klangschönheit und einem bemerkenswerten Reichtum an Klangfarben.

Ihre ungeheure Breitbandigkeit bewies die Palladium bei Orgelmusik. Hier konnte sie nicht nur ihre enormen Fähigkeiten punkto räumlicher Abbildung, sondern auch ihre Präzision vom extremsten Tiefstbass bis zum höchsten Diskant beweisen. So erschien Bachs D-Moll-Toccata mit einem wahren Feuerwerk an Klangfarben. Gewaltige, dabei ausgesprochen konturierte Bässe fehlten ebenso wenig wie strahlende Mixturen und charaktervoll schnarrende Zungenregister.

Let's swing

Druckaufbau: Drei in der Seitenwand eingelassene Bassreflexöffnungen sorgen für konturierte, tiefreichende Bässe.

Bei Jazz und Jazz Rock zeigte sich die wahre Berufung der Palladium. Hier begeisterten sie mit einem satten, groovigen und voluminösen Sound, dem es doch nicht an Präzision und Durchzeichnung mangelte. Egal ob Charlie Haden, Oscar Peterson oder beim swingenden Sound einer Harry James Big Band – die Wiedergabe der Palladium ist emotional packend und bleibt auch bei livegerechten Schallpegeln sehr angenehm.

Man spürt hier ganz klar die ungeheuren Dynamikreserven über den gesamten Frequenzbereich, die man auch in grossen Räumen selten bis gar nie ausreizt. Wenn hier etwas in die Knie geht, ist es eine schwachbrüstige Endstufe. Trotz ihres exzellenten Wirkungsgrades konsumiert die Paladium bei markanten Schallpegel-Orgien ganz tüchtig Leistung. Abzulesen über die VU-Meter der Pass-Endstufe, die öfter mal erhöhte Stromlieferung anzeigten.

Nicht nur für die ultradynamische, lockere Spielweise der Hörner erhält die Palladium Bestnoten, im Tieftonbereich beweist sie gar Referenzklasse. Sie gehört zu den seltenen Exemplaren von Top-Schallwandlern, denen es gelingt, die brachialen Subbässe der SACD „Time again“ (David Sanborn) ohne den geringsten Abfall gegenüber den Midbässen zu bringen. Selbst extremste Basslinien werden musikalisch richtig wiedergegeben.

Irresistible

Zum guten Schluss standen Soul und Blues à la Larry Garner oder B. B. King sowie Pop-/Rock-Oldies von Bruce Springsteen oder Grateful Dead auf dem Programm.

Und spätestens jetzt war endgültig Schluss mit distanzierter, nüchterner Hörtestmanier. Unwiderstehlich animiert die Palladium zum Mitwippen, baut mühelos Distanz ab und bezieht den Hörer auf eine Art und Weise ins Musikgeschehen mit ein, die wohl einzigartig ist.

„Great American Sound“ – hier spürt man ihn in Reinkultur, sowohl physisch wie emotional packend und dermassen eindringlich, dass man sich beim Musikhören glatte 20 Jahre jünger fühlt. Und nun wird auch klar, dass sich der grosse Materialaufwand beim Zusammenstellen dieser Anlage voll auszahlt.

Ein solches Musikerlebnis bei Soul, Blues und Rock haben wir schon lange nicht mehr gehabt.

Fazit

Die Palladium P-39F von Klipsch besitzt ein enormes Potienzial. Um dieses voll ausschöpfen zu können, muss man gehörigen Aufwand betreiben. Nicht nur verlangt sie einen wirklich grossen Hörraum mit gebührendem Hörabstand.

Auch an die Elektronik werden extreme Ansprüche gestellt. An so hervorragenden und tonal passenden (eher diskreten, dabei kraftvollen) Spielpartnern wie den Komponenten von Pass Labs und Audio Research realisiert die P-39F ein sinnliches Klangspektakel, das voll unter die Haut geht.

Der Trost für alle, die nicht über ein so grosses Budget verfügen: Die Palladium-Reihe von Klipsch wird nun zu bezahlbareren Regionen und geringeren Abmessungen hin erweitert. Im Mittelhochtonbereich kommen jedoch stets die gleichen Hörner zum Einsatz, die den speziellen Klipsch-Sound ausmachen.

STECKBRIEF
Modell:
Palladium P-39F
Profil:
Nicht nur punkto Spielpartner verhält sich die Palladium P-39F wie eine wählerische Diva. Auch in Sachen Raumakustik und Hörabstand muss alles stimmen, damit diese Spitzenbox ihr ungeheures Klangpotenzial entfalten kann.
Pro:
hohes Klangpotential; sensationeller Bassbereich; stimmiger Sound; unglaubliche Breitbandigkeit; hervorragende Verarbeitung; attraktives Styling
Contra:
reagiert allergisch auf unpassende Elektronik;benötigt rel. grosse Abhörräume;stolzer Preis;erfordert rel. grosser Hörabstand zu den Boxen
Preis:
26,000.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2008
Vertrieb:
Masse:
368 x 1422 x 629 mm
Gewicht:
74,9 kg
Farbe:
Zebrawood Natur, Merlot oder Espresso stain
Bass:
3 x 23 cm Aluminium / Rohacell / Kevlar -Konusmembran
Bauprinzip:
3-Weg Hornsystem
Empfohlene Leistung:
50 - 1000 Watt
Frequenzgang:
39 - 24'000 ± 3dB
Hochton:
1,9 cm Titan Druckkammer-Treiber auf Tractrix Horn
Impedanz:
4 Ohm Ohm
Maximale Leistung:
400 Watt Watt
Mittelton:
11,4 cm Aluminium Druckkammer-Treiber auf Tractrix Horn
Wirkungsgrad:
99 dB bei 1 Watt/1 Meter dB