Technics lanciert mit dem SL-1200GR2 und der schwarzen Ausführung SL-1210GR2 eine neue, verbesserte Version und somit den Nachfolger der Typen mit der Bezeichnung GR. GR2 folgt also auf GR.
Wie schon der Vorgänger ist der GR2 ein Plattenspieler für HiFi-Gebrauch und unterscheidet sich von der DJ-Version SL-1200 bzw. SL-1210 (schwarz) ganz grundsätzlich: Die DJ-Modelle haben einen Antrieb, der den DJs entgegenkommt, z. B. wenn sie scratchen.
Die HiFi-Modelle sind dafür antriebstechnisch nicht prädestiniert. Das Drehmoment ist grösser. Unterschiede gibt es auch bei der Schwingungsabsorption, worauf ich noch zurückkomme. Der DJ-Plattenspieler ist auch kostengünstiger als der für hohe musikalische Ansprüche perfektionierte SL-1200GR2. Hier sprechen wir von einem Richtpreis von 2000 CHF ohne Tonabnehmer.
Es gibt aber noch weitere Modelle von Technics, die ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen möchte: So etwa der SL-1210GEG-K, die Highend-Grand-Class-Variante, und der SL-1500C als reduzierte Version ohne Stroboskop und mit automatischer Endabschaltung plus Ortofon-Red-Tonabnehmer. Last but not least die hauseigene Referenz SL-1000R.
Interdisziplinäre Weiterentwicklung
Für die Weiterentwicklung zum SL-1200GR2 waren vier interdisziplinär verzahnte Entwicklungsteams zuständig: traditionell, wie vormals auch schon, der Maschinenbau für den Antriebsmotor sowie die Servo-Ingenieure für die Motorsteuerung. Dazu gesellten sich die Spezialisten der Signalverarbeitung: Sie stammen aus einer anderen Ecke und realisierten den völlig neuen ΔΣ-Drive, basierend auf der JENO-Engine-Technologie. Das neue Schaltnetzteil des SL-1200GR2 wurde von einem auf die Stromversorgung spezialisierten Entwicklungsteam beigesteuert.
Ohne Einbezug der besten Leute aus den verschiedenen Bereichen wäre es nicht möglich gewesen, den Vorgänger GR zu perfektionieren. Die romantische Vorstellung eines kleinen «verschworenen» Entwicklungsteams für die Plattenspieler würde sich nicht als zielführend erweisen. Davon ist Frank Balzuweit, Senior Product Manager Marketing Technics Europe, voll und ganz überzeugt.
Die interdisziplinäre Entwicklung als Entscheidung gründet einerseits auf dem Vorhandensein dieser Kompetenzen in mehreren Anwendungsbereichen von Technics und Panasonic und andererseits auch auf selbst verordneten Einschränkungen, ohne die ein Plattenspieler für 2000 CHF (ohne Tonabnehmer) in grösseren Stückzahlen gar nicht herstellbar wäre. Und dazu noch ein Gerät, welches überzeugende Klangeigenschaften aufweisen soll und einer glorreichen Vergangenheit huldigt. Letzteres ist ja in gewisser Weise auch einschränkend.
Es ist sehr herausfordernd, ein Gerät bis zur Produktionsreife zu entwickeln, wenn man «nur» an der «Stellschraube Technologie» drehen kann, um klangrelevante Verbesserungen zu erzielen, ohne dass sich der Plattenspieler wesentlich von seinen Vorgängern unterscheidet. Man kann ja nicht gut auch eine Fangemeinde adressieren, indem man das Design völlig neu erfindet.
Stellschraube Technologie
Mit den äusseren Merkmalen, die den GR2 vom GR unterscheiden, sind wir schnell durch: Der Dreh-Hauptschalter wurde mittels Metallbeschichtung wunderschön «versilbert». Auch der Skalenring der Auflagekraft am Tonarmgewicht und das Antiskating-Stellrädchen wurden silbrig veredelt. Der Gesamteindruck ist trotz dieser geringfügigen Änderung deutlich wertiger. Bei der schwarzen Version SL-1210GR2 kann man nun wirklich von «schwarz» reden. Das betrifft nun auch sämtliche Komponenten des Tonarms. Kleine Massnahmen = grosse Wirkung.
Sie ahnen es wahrscheinlich bereits, wir kommen langsam zur Sache: Technics hat für den GR2 ein neues Motor-Antriebssystem entwickelt. Es nennt sich Delta-Sigma-Drive (ΔΣ-Drive) und basiert auf der optimierten Pulsweitenmodulation (PWM) der Technics-eigenen JENO-Engine, die in den Digitalverstärkern eingesetzt werden. Die digitale Regelung vergleicht (wie jeder Regelkreis) das Soll-Signal mit den Ist-Werten, die zurückgeführt werden. Die digitale Regelung besteht aus zwei hintereinander folgenden Prozessen: die ΔΣ-Modulation und die hochpräzise PWM-Modulation. Das ist neu und bewirkt in erster Linie eine Verringerung der Verzerrungen, die im Antriebssystem verursacht werden.
Die Resonanzfrequenz des Tonarms liegt bei etwas mehr als 4 Hz. Sie lässt sich nicht verhindern. Daraus entstehen verschiedene harmonische Resonanzen, die darüberliegen. Davon ist die erste harmonische Resonanz bei ca. 6 Hz jene, die man bei Technics am meisten fürchtet. Das neue Motor-Antriebssystem bewirkt eine massive Verringerung der verschiedenen harmonischen Resonanzen (messtechnisch nachgewiesen) und folge dessen eine präzisere, weil weniger gestörte Abtastung der Rillenmodulation.
«Ein einschlägiger akademischer Hintergrund, eine lebenslange Leidenschaft für Audio und solide praktische Erfahrung bilden die Grundlage für den traditionellen technischen Ansatz von Agnew Analog. Wir reparieren, restaurieren, modifizieren, entwerfen und bauen alles, was mit analogen Plattendrehbänken, analogen Bandmaschinen und Vakuumröhrenelektronik zu tun hat. Zu unseren Fachgebieten gehören: Drehbänke und Schneidköpfe für analoge Schallplattenaufnahmen, Plattenspieler und Tonarme, Kassetten und Vinylschallplatten, Magnetbandgeräte und -Wiedergabegeräte, Vakuumröhrenelektronik, alte Laborgeräte, Präzisionswerkzeugmaschinen, Optik, Transformatoren und Induktoren.»
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Publikation mit freundlicher Genehmigung des Autors J. I. Agnew und der AAA-Switzerland.
Bewährte Elemente
Weitere Konstruktionsmerkmale, die sich vom GR zum GR2 nicht verändert haben, sollen der guten Ordnung halber Erwähnung finden:
Der zweischichtige Plattenteller aus Alu-Druckguss mit dämpfender, schwerer Gummi-Einlage und die ausgeklügelte Konstruktion der Zarge: Die Oberseite ist vollständig in Alu-Druckguss ausgeführt und der gesamte Unterbau aus BMC – Bulk Moulding Compound – (faserverstärktes Polyester). Die hocheffektiven Dämpfungsfüsse aus Silikongummi und Polymer dämpfen sowohl vertikale als auch horizontale Vibrationen.
Sowohl das Drehmoment als auch die Bremswirkung können bei abgenommener Tellermatte durch eine der Bohrungen im Teller auf zwei Tipptasten unter dem Plattenteller bequem in drei Stufen eingestellt werden. Eine LED zeigt jeweils die Einstellung an. So kann man zum Beispiel mit unterschiedlichem Drehmoment klanglich experimentieren.