TESTBERICHT
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Publikationsdatum
4. Mai 2017
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MEDIEN

Ein knuddeliges Hündchen springt aus dem geparkten Cabrio und beschnuppert meine X1D, die ich vor rund einer Stunde für einen Praxistest abgeholt habe. "Möchten Sie meinen Hund fotografieren?", fragt plötzlich eine attraktive Blondine hinter mir. Etwas verdutzt bejahe ich ihre Frage und schon habe ich mein erstes "Modell" vor der Linse. Nun schaut sich die Dame interessiert meine Kamera an und möchte Genaueres darüber wissen.

Die Marke Hasselblad ist bei Fotoprofis vor allem für ihre professionellen Mittelformatkameras im Preisbereich jenseits von 20'000 Franken bekannt. Mit der X1D stellt die schwedische Firma jetzt nicht nur im Preis ein radikal neues Konzept vor.

Die X1D gilt als weltweit erste spiegellose Kamera im Mittelformat, die im Vergleich zu herkömmlichen digitalen Mittelformatkameras weniger als die Hälfte wiegt. Die Neuentwicklung mit ihrem 50-Megapixel-Sensor wird vom Hersteller denn auch als Paradigmenwechsel in der Welt der Fotografie bezeichnet.

Mit einem Preis von unter 10'000 Franken für das Kameragehäuse darf das neue Modell beinahe schon als Schnäppchen im Mittelformatbereich bezeichnet werden. Die Schweizer Hasselblad-Vertretung Light+Byte AG in Zürich stellte avguide.ch eine X1D-50c für einen Kurztest zur Verfügung.

Wer die X1D das erste Mal in die Hand nimmt, wird von den kompakten Abmessungen erstaunt sein. Das spiegellose Design ermöglicht ein viel kleineres Gehäuse im Vergleich zu normalen Mittelformatkameras. Gegenüber einer Vollformat-Spiegelreflexkamera fällt der X1D-Body mit seinen Abmessungen von 150 x 98 x 71 mm sogar noch kleiner aus.

Auch die Wertigkeit des Gehäuses fällt auf. Es wirkt extrem robust, ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und liegt trotz eines Gewichts von nur etwas über 700 Gramm sicher in der Hand. Dazu trägt auch der gummierte, komfortable Kameragriff bei. Die Aluminium-Oberfläche fühlt sich im wahrsten Sinne des Wortes "cool" an.

Schlicht und unauffällig

Mit dem neuen Modell von Hasselblad sollen für die Fotografie gänzlich neue Dimensionen eröffnet werden, so die Aussage der Firma. An der fantastischen Farbtreue und Detailwiedergabe der X1D-Bilder gibt es nichts zu rütteln, auch die optische Qualität und die Umsetzung der spiegellosen Technologie auf das digitale Mittelformat ist einzigartig und auf geniale Weise gelöst worden.

Das leichte und robuste Gehäuse der X1D ist Wetter- und Staubgeschützt. Dem Einsatz als ständiger Begleiter und idealer Reisegefährte steht also nichts entgegen.

Die klassische Designtradition der Marke Hasselblad wurde ebenfalls berücksichtigt. Die Kamera besticht durch eine einfache, schnörkellose Form, durch Ergonomie sowie Kompaktheit. Trotzdem darf man sich fragen, ob sich alles dem Design unterzuordnen hat.

Praktische Dinge wie ein ausklappbarer Monitor oder ein eingebauter Blitz würden der Kamera gut anstehen, wenn man schon vom Studio unabhängig Richtung mobiler One-Man- oder -Woman-Einsätze gehen möchte.

Man kann mit der X1D schnell fotografieren, doch je mehr man pressiert, desto frustrierter wird man über die Ergebnisse sein. Man sollte mit ihr wesentlich bewusster fotografieren als mit einer System- oder Spiegelreflexkamera mit kleineren Sensoren.

Der Arbeitsablauf bei der Bearbeitung der RAW-Aufnahmen bleibt wie gewohnt, nur bringt die X1D neben der besseren Fotoqualität auch viel grössere Daten mit. Eine Aufrüstung seiner Computer-Hardware wird man in Betracht ziehen müssen.

Die Videofunktionen der X1D sollten entweder verbessert oder ganz weggelassen werden.

Die deutlich niedrigeren Anschaffungskosten im Vergleich zu bisherigen digitalen Mittelformatkameras werden auch jüngere oder nicht so gut betuchte Fotografen die Welt der Hasselblad-Mittelformatfotografie öffnen.

Die Kamera kann natürlich auch gemietet werden. Hier ist die Firma Light+Byte in Zürich ein kompetenter Ansprechpartner.

Die Hasselblad X1D-50c ist in der Schweiz für 9595 Franken (inkl. MwSt) erhältlich. Das Weitwinkelobjektiv XCD 45 mm kostet 2795 Franken, das Teleobjektiv XCD 90 mm 3295 Franken.

Ach ja, die Dame mit der Hundedame Bubu war von der Kamera und meinen Fotokünsten begeistert. Vielen Dank, Hasselblad.

Frisches Glas: Die beiden Festbrennweiten 45 und 90 mm aus dem neuen Hasselblad-XCD-Objektiv-Angebot.Frisches Glas: Die beiden Festbrennweiten 45 und 90 mm aus dem neuen Hasselblad-XCD-Objektiv-Angebot.

Neue Objektivreihe

Für die X1D wurde die neue XCD-Objektivreihe mit integriertem Zentralverschluss und Autofokus entwickelt. Für den Kurztest standen mit dem XCD 90 mm f3.5 ein leichtes Teleobjektiv und mit dem XCD 45 mm f3.5 ein moderates Weitwinkel zur Verfügung. Das Weitwinkelobjektiv XCD 30 mm f3.5 findet sich ebenfalls im Hasselblad-Angebot. Das sind alles Festbrennweiten. Wer sich damit ein Motiv näher heranholen möchte, muss mit dem Turnschuh-Zoom vorliebnehmen, also mit seinen eigenen Füssen.

Beim Umrechnen auf Kleinbildformat-Brennweiten gibt es diesmal keine Verlängerung. Durch den grösseren Sensor der X1D werden die Optiken im Gegenteil kürzer. Das 90-er-Objektiv entspricht einem Bildwinkel von 71 mm auf KB, das 45-er 35 mm und das 30-er 24 mm.

Die neue Kamera ist mittels Adapter mit allen zwölf Objektiven und dem Objektivzubehör aus Hasselblads professionellem H-System kompatibel. Eine WLAN-Funktion besitzt die X1D ebenfalls. Für die Koordinatenspeicherung der Fotos gibt es einen GPS-Adapter zum Aufstecken. Filmen kann die Kamera im Full-HD-Videoformat.

Das gefällige Äussere, die Qualität und die Ergonomie der Kamera haben auch die "Red Dot Award"-Jury überzeugt. Die Hasselblad X1D-50c hat kürzlich den Top-Preis beim Produktdesign gewonnen. Sie wurde mit "Best of the Best" für ihr innovatives Design ausgezeichnet. Auch meiner Dame mit Hund gefällt das fotografische Schmuckstück.

Kompakter als eine Vollformat-Spiegelreflex: Die X1D erinnert an eine System- oder Bridge-Kamera aus dem Amateurbereich. Durch Weglassen von Spiegel und Spiegelkasten konnte vor allem in der Tiefe Raum eingespart werden.Kompakter als eine Vollformat-Spiegelreflex: Die X1D erinnert an eine System- oder Bridge-Kamera aus dem Amateurbereich. Durch Weglassen von Spiegel und Spiegelkasten konnte vor allem in der Tiefe Raum eingespart werden.
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