TESTBERICHT
MTT 990 Magnat.MTT 990 Magnat.

Es gab noch nie einen Plattenspieler von Magnat – und somit entspricht der hier vorliegende MTT 990 nicht der Tradition des Unternehmens. Das lässt die Spannung steigen. Können die das überhaupt? Folgt Magnat wie andere Hersteller einfach einem Konsumtrend mit einem Standardgerät mit eigenem Firmenlogo? Auf den ersten Blick könnte man das meinen.

Konstruktion und Design lassen eine Verwandtschaft mit dem Technics-Prinzip erahnen, vor allem bezüglich des Direktantriebs und des Tonarms an der Basis. Aber das wars dann eigentlich schon. Direktantriebe sind wieder in Mode gekommen, und zwar vermutlich deshalb, weil es inzwischen wirklich gute Direktantriebe auf dem Zuliefermarkt gibt.

Guter Direktantrieb

Kleiner Exkurs: Die vorherrschenden Riemenantriebe lösten in den 1970er-Jahren die Reibrad-Antriebe ab. Nicht weil Riemenantriebe besser waren, sondern weil sie mit viel weniger Komponenten auskamen. Das Riemenprinzip war günstiger, lediglich die Rumpel-Werte waren meistens besser. Technics lancierte dann den Direktantrieb mit seinen Vorteilen der Wartungsfreiheit, geringen Gleichlaufschwankungen und dem hohen Anlaufdrehmoment.

Quarzgesteuerte Direktantriebe sind aber nicht einfach zu realisieren und erfordern deutlich mehr Technologie und Fertigungs-Know-how als Riemenantriebe. Viele Plattenspieler-Hersteller liessen also die Finger davon und perfektionierten ihre Riemenantriebe. Unter dieser Perfektionierung verstand man aber auch, die argumentative Seite zu pflegen. Man argumentierte die Vorteile des Riemenantriebs und ignorierte die Vorteile des Direktantriebs bzw. man hob deren Defizite hervor.

Eines dieser Defizite war und ist das sogenannte Polrucken. Die DC-Elektromotoren verfügen über eine gewisse Anzahl von Polen, zwischen denen der Rotor ein wenig abgebremst und dann wieder beschleunigt wird. Beim Riemenantrieb wird dieses Ruckeln durch die Elastizität des Riemens eliminiert. Bei den Direktantrieben blieb es in geringem Mass bestehen, vor allem bei leichten Plattentellern.

Der moderne Direktantrieb des Magnat MTT 990 verfügt über gefühlte 12 Pole. Man erahnt die Pole, wenn man ohne Plattenteller die Spindel dreht. Man spürt sie aber kaum. Das Polrucken ist sehr sanft und weich. In Kombination mit dem präzisen und recht schweren Kunststoffplattenteller (1,9 kg) und den offensichtlich guten Dämpfungseigenschaften der schweren Zarge – der Plattenspieler wiegt im Gesamten 11 kg – ist das Thema Polrucken erledigt. Zu hören war es übrigens nicht.

Der Anlauf ist entsprechend schnell. Die Solldrehzahl ist zumindest bei 33 1/3 Umdrehungen pro Minute nach weniger als einer halben Umdrehung erreicht und die Gleichlaufschwankungen liegen dank Quarzsteuerung unter +/- 0,08 %. Natürlich dreht der Teller auch mit 45 bzw. 78 Umdrehungen pro Minute.

Sorgfältig entwickeltes Anschlussfeld: IEC-Gerätestecker für direkten Anschluss an die Steckdose (Netzteil integriert). Hauptschalter; Spannungswahlschalter; RCA-Ausgänge (Cinch) und Masseanschluss für das Signalkabel.Sorgfältig entwickeltes Anschlussfeld: IEC-Gerätestecker für direkten Anschluss an die Steckdose (Netzteil integriert). Hauptschalter; Spannungswahlschalter; RCA-Ausgänge (Cinch) und Masseanschluss für das Signalkabel.

Praktisches Anschlussfeld

Das Anschlussfeld auf der Rückseite verfügt über einen IEC-Stecker für den direkten Anschluss an die Steckdose. Die Stromversorgung befindet sich also innerhalb des Geräts und wird nicht an eines der üblichen Billig-Steckernetzteile delegiert. Der Platzbedarf dieser Steckernetzteile auf den Steckerleisten oder an den Steckdosen ist ein Ärgernis – und darum beim MTT 990 eben definitiv keines.

Der Netzschalter neben dem IEC-Stecker ist ein «harter Schalter», unterbricht also den Stromkreis, und zwar über ein hörbares Relais. Die Anpassung der Netzspannung für den Einsatz in anderen Ländern geht mit einem klassischen Spannungswahlschalter unter einer verschraubten, transparenten Abdeckung. Wenn man einmal umschalten muss, dann zwingend bei ausgeschaltetem Gerät. Aber noch besser entfernt man den Netzstecker.

Die Signalausgänge sind RCA-Stecker (Cinch) mit einer Masseklemme daneben. Die sorgfältige Wahl des Signalkabels ist dem Nutzer überlassen. Das mitgelieferte Kabel ist qualitativ ordentlich ausgeführt und wurde für den Test so verwendet.

Der Motor des 12-poligen Direktantriebs wird über einen konischen Dorn aus Messing grossflächig an das Messing-Gegenstück im massiven Kunststoff-Plattenteller angekoppelt.Der Motor des 12-poligen Direktantriebs wird über einen konischen Dorn aus Messing grossflächig an das Messing-Gegenstück im massiven Kunststoff-Plattenteller angekoppelt.
Der Leichtgängige Drehschalter für drei Geschwindigkeiten. Das hohe Anlauf-Drehmoment des Direktantriebs bringt den Teller im Nu auf die Solldrehzahl.Der Leichtgängige Drehschalter für drei Geschwindigkeiten. Das hohe Anlauf-Drehmoment des Direktantriebs bringt den Teller im Nu auf die Solldrehzahl.

10-Zoll-Tonarm

Der 10-Zoll-Tonarm von Magnat entspricht einer bewährten Bauweise, die an Technics erinnert. Allerdings ist er nicht S-förmig ausgeführt, sondern abgewinkelt und recht massiv konstruiert. Er eignet sich für Tonabnehmer mit mittlerer bis geringer Nachgiebigkeit (compliance), verfügt also über ein eher grosses Masseträgheit-Moment.

Mit 10 Zoll Länge vom Drehpunkt zum Abtastpunkt des Überhangs ist der Arm 25,4 mm länger als die eher üblichen 9-Zoll-Tonarme. Damit verkleinert sich der Spurfehlwinkel und als Folge die damit verbundenen Abtast-Verzerrungen.

Dreipunkt-gelagerter Tonarm klassischen Zuschnitts, ähnlich jenen von Technics. Präzise Antiskating-Vorrichtung.Dreipunkt-gelagerter Tonarm klassischen Zuschnitts, ähnlich jenen von Technics. Präzise Antiskating-Vorrichtung.
Die Höhe des Tonarms über der Schallplatte (VTA) wird über einen grossen Einstellring eingestellt und das kann beim Abspielen erfolgen. Der Tonarm ist nicht S-förmig, sondern angewinkelt. Mit 10 Zoll (25,4 cm) Länge verkleinert sich der Spurfehlwinkel.Die Höhe des Tonarms über der Schallplatte (VTA) wird über einen grossen Einstellring eingestellt und das kann beim Abspielen erfolgen. Der Tonarm ist nicht S-förmig, sondern angewinkelt. Mit 10 Zoll (25,4 cm) Länge verkleinert sich der Spurfehlwinkel.
Der Skalenring für die Einstellung der Auflagekraft ohne Hilfe einer Tonarmwaage ist ein wenig zu leichtgängig (für meinen Geschmack). Der Tonarmlift arbeitet sehr exakt.Der Skalenring für die Einstellung der Auflagekraft ohne Hilfe einer Tonarmwaage ist ein wenig zu leichtgängig (für meinen Geschmack). Der Tonarmlift arbeitet sehr exakt.
Der bewährte MM-Tonabnehmer AT 95E von Audio-Technica ist im Lieferumfang enthalten und auf dem Headshell mit SME-Anschluss präzise vormontiert.Der bewährte MM-Tonabnehmer AT 95E von Audio-Technica ist im Lieferumfang enthalten und auf dem Headshell mit SME-Anschluss präzise vormontiert.
Natürlich eignen sich Headshell und Tonarm für viele Tonabnehmer mit mittlerer bis geringer Nachgiebigkeit, also «low compliance» bis «medium compliance».Natürlich eignen sich Headshell und Tonarm für viele Tonabnehmer mit mittlerer bis geringer Nachgiebigkeit, also «low compliance» bis «medium compliance».
Low Compliance am Beispiel des versuchsweise eingesetzten Ortofon-SPU-Mono-Tonabnehmers: trotz zu leichtem Gegengewicht möglich. Der Tonarm hat es hingekriegt.Low Compliance am Beispiel des versuchsweise eingesetzten Ortofon-SPU-Mono-Tonabnehmers: trotz zu leichtem Gegengewicht möglich. Der Tonarm hat es hingekriegt.

Bedienung und Betrieb

Der Magnat MTT 990 wirkt optisch ausgesprochen edel und gleichzeitig unauffällig. Der Hersteller schaffte diese geniale Verbindung, die man als unauffällig-auffällig bezeichnen kann. Dazu trägt auch die solide, perfekt verarbeitete Plexiglas-Haube bei. Schwarzer Hochglanzlack schadet natürlich auch nicht, und die sanft gerundeten Ecken und Kanten wirken aus einem Guss.

Der Magnat MTT 990 in schwarzem Klavierlack und mit Klapphaube. Eine wahre Schönheit klassischen Zuschnitts mit nahezu perfekten Proportionen.Der Magnat MTT 990 in schwarzem Klavierlack und mit Klapphaube. Eine wahre Schönheit klassischen Zuschnitts mit nahezu perfekten Proportionen.

Die Bedienung entspricht der optischen Anmutung. Das Öffnen und Schliessen der Haube ist ein weicher, sanfter Prozess. Motor und Plattenteller sind geräuschlos, und zwar nicht nur, wenn sie drehen, auch beim Anlaufen. Der Tonarm ist gut manövrierbar, die relevanten Einstellungen können einfach und sicher vorgenommen werden. Der VTA (vertikaler Abtastwinkel) lässt sich an einem grossen Drehrad sogar während dem Betrieb verstellen und danach arretieren. Das Gegengewicht für die Einstellung der Auflagekraft muss man zuerst mit einem gewissen Kraftaufwand auf die Achse drehen. Dann wird es leichtgängig. Einzig der Skalenring auf dem Gewicht ist zu leichtgängig. Antiskating ist kein Problem. Den Übergang braucht man nicht zu justieren, sofern man den mitgelieferten MM-Tonabnehmer von Audio Technica – den bewährten AT 95E vormontiert auf dem Headshell – verwendet.

Klangqualität und Fazit

Der Hersteller schaffte diese geniale Verbindung, die man als unauffällig-auffällig bezeichnen kann.Der Hersteller schaffte diese geniale Verbindung, die man als unauffällig-auffällig bezeichnen kann.

Mit dem mitgelieferten MM-Tonabnehmer von Audio Technica gibt es Grenzen punkto Feinauflösung und räumlicher Exaktheit des Klangbilds. Das ist keine Überraschung und hat mit dem Plattenspieler nichts zu tun. Mit einem Tonabnehmer der 300-CHF-Klasse hört man dann in der Regel schon weit besser. Eine solche Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall. Das zeigte auch der waghalsige Einsatz eines SPU-Systems von Ortofon beim Test.

Ich bin ein Liebhaber von besonderen alten Mono-Schallplatten, vor allem Jazz. Mit dem Mono-SPU stieg meine Begeisterung auf ein beträchtliches Niveau an. Das SPU liess sich zwar fast nicht justieren, weil das Gegengewicht viel zu leicht ist. Es muss weit hinten an der Achse fixiert werden, was bewirkt, dass man die Haube nicht mehr schliessen kann. Für einen solchen «Stunt» wäre ein doppelt so schweres Gegengewicht erforderlich, das man auf dem Zubehörmarkt bekommt. Der Tonarm machte das Experiment wacker mit, dank seiner relativ grossen Masse.

Nichtsdestotrotz klingt es mit dem Audio Technica MM so gut, so flüssig und mit einem verblüffend präzisen Timing – Letzteres eindeutig dem Laufwerk zuzuschreiben –, dass man schon aufmerksam hinhören muss, um den «Added Value» eines deutlich besseren Tonabnehmers gebührend würdigen zu können.

Kommen wir zum Fazit.

Magnat liefert mit dem MTT 990 ein beeindruckendes Gerät ab, eine spannende Verbindung von bewährten Komponenten und eigenem Know-how in perfektem Design und bester Haptik. Der MTT 990 ist praktisch, durchdacht und punkto Gestaltung eine Art goldener Schnitt. Die Klangeigenschaften sind selbst in der Grundausstattung überzeugend. Das Potenzial lässt sich mit einem besseren Tonabnehmer und einem sorgfältig gewählten Signalkabel problemlos ausschöpfen.

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