
Klein, aktiv und digital
Dass man aus kleinen Lautsprechern ein absolut verblüffendes Klangvolumen zaubern kann, wenn sie über eingebaute Verstärker und entsprechende Korrekturschaltungen verfügen, weiss man seit langem.
Doch die Meridian-Leute setzen auf diese Weisheit noch einen drauf und verpflanzen sogar die Digital/Analog-Wandler in die Boxen. Dies bedeutet, dass die Lautsprecher ihre Audiosignale in digitaler Form angeliefert bekommen.
Damit entfallen (fast) alle schädlichen Einflüsse, welche durch Lautsprecherkabel verursacht werden. Zudem setzt man auf eine unkonventionelle Chassisbestückung in einem aufwändigen Gehäuse.
Form Follows Function

Wie heisst es doch so schön: Form follows function.
Und das gilt hier ganz besonders für die sich stets verändernden Formen des Gehäuses. Dank der sich stets verändernden Krümmungen der Gehäusewände, können Resonanzen minimiert werden. So will man verhindern, dass das Gehäuse (unerwünschten) Schall abstrahlt. Zudem ergeben sich minimale Reflexionen an den sorgfältig abgerundeten Gehäusekanten.
Dass ein solches Gehäuse weitaus teurer zu produzieren ist, als eine Box in Kistenform, liegt auf der Hand. Die Verarbeitung dieser verblüffend schweren und dennoch eleganten Kleinboxen ist exzellent.
Dementsprechend fällt der Paarpreis dieser in UK gefertigten Boxen mit CHF 5570.- scheinbar nicht gerade niedrig aus. Doch wer berücksichtigt, dass hier die Endstufen samt Digital/Analog-Wandler bereits eingebaut sind, sieht diesen Preis aus einer ganz anderen Perspektive. Perfekt dazu passende Ständer kosten CHF 595.- das Paar.
Abseits von Mainstream
Als Aktivboxen besitzen die DSP3200 je zwei 70 Watt Verstärker, digitale Frequenzweichen und Frequenzgang-Entzerrungen, sowie Digital/Analog-Wandler.
Auch bei der Bestückung geht Meridian eigene Wege. Zwar spendiert der Hersteller seinen Lautsprechern keine exotischen Wandler wie zum Beispiel „Bändchen, JET's und Co.“ , sondern setzt voll und ganz auf das dynamische System. Dies jedoch nicht in der heutigen 0815-Manier, sondern mit einer ganz bestimmten Idee: Während praktisch die ganze Konkurrenz in solche Boxen einen Bass-Mitteltöner und einen Höchtöner einsetzt und mit einer Übergangsfrequenz von rund 2500 Hz - also mitten im wichtigsten Hörbereich! - den Klang in zwei Teile aufspaltet, lässt Meridian den für das Gehör wichtigsten Klangbereich von 250 Hz bis zu 20 kHz von einem einzigen Breitbandchassis wiedergeben. Dieses Breitbandchassis arbeitet in einem eigenen "Gehäuse im Gehäuse".
Unüblich ist auch der Verzicht auf ein Bassreflexsystem, das bekanntlich mehr "mehr Quantität", aber alles andere als "mehr Qualität" bietet.
Zauberwort DSP
Mit der Bezeichnung „DSP“ deutet Meridian an, dass in allen Aktiv-Boxen von Meridian ein „Digital Signal Processing“ stattfindet. Das heisst, alle Manipulationen wie Entzerrungen, Filter, Lautstärkeregelungen, Limiter etc. erfolgen nicht mehr wie anno dazumal analog, sondern digital.
Damit auch bei der digitalen Übertragung keine Fehler entstehen, hat Meridian eigene Schaltungen entwickelt. Mittels der von der Fachwelt hochgelobten Meridian Speaker Link-Technik werden symmetrische digitale Audiodaten und Steuersignale von Meridian Controllern zu den Lautsprechern geleitet.
So empfiehlt sich zum Beispiel die Kombination mit einem Meridian Sooloos Control 15 (siehe Test in avguide.ch), einem Media Source 600 oder auch einem Audio Core 200. Dies bedeutet aber auch, dass die DSP 3200 nur mit geeigneten Meridian Geräten benutzt werden können, die über die Speaker-Link-Technik verfügen.
Wer sich näher für diese geniale Technik interessiert, kann sich auf der Website von Meridian informieren
Schönheit nicht verstecken...

Die DSP 3200 sind schon von ihrer bescheidenen Grösse her eher zum Beschallen von kleineren Räumen gedacht und können sowohl im Regal als auch auf passenden Ständer platziert werden. In Ecken und Nischen gezwängt, oder gar hinter Möbeln und Vorhängen versteckt, entfalten sie ihre Fähigkeiten jedoch kaum.
Wer sich schon Lautsprecher in dieser Preisklasse leistet, sollte sie auch entsprechend platzieren und möglichst frei abstrahlen lassen. So wurden sie in unserem rund 25 m2 grossen Abhörraum auf rund 55 cm hohe Ständer mit einem Abstand von rund 10 cm zur Rückwand aufgestellt.
Je nach Abhörraum, darf - und sollte - etwas experimentiert werden.
Zudem: Schönheit sollte man nicht verstecken....
Jedem Tierchen sein Pläsierchen...
Es gab eine Zeit, wo jedes Land seinen eigenen Sound propagierte: Deutschland hell und brillant, Frankreich schlank und mit einem gewissen i-Sound, die USA in East- und West-Coast Sound aufgeteilt und die Briten eher warm und dunkel gefärbt.
Dies hat sich heute geändert, denn nicht wenige deutsche Hersteller „entschärften“ ihre Boxen und etliche englische Hersteller huldigen neuerdings dem „Brillanzwahn“. Nicht so Meridian, wie unser Beispiel mit der DSP 3200 es deutlich zeigt.
Tatsache ist, dass es im Konzertsaal nie und nimmer grell, spitz oder gar so genannt „analytisch“ klingt. Nein, im Konzertsaal klingt es warm, voll, rund, weiträumig, ja sogar nach HiFi-Empfinden eher in Richtung „verwaschen“ und „dumpf“. Ein HiFi-Fan meinte nach seinem ersten bewussten klassischen Konzertbesuch, die hätten ja den Hochtöner vergessen! Andrerseits bevorzugt gerade die junge Generation für „ihre“ Musik, eher hell und frisch klingende Systeme.
Doch es gilt: Über den Geschmack lässt sich nicht streiten – jeder soll sich kaufen, was ihm passt und Freude bereitet ...
Klein, aber nicht mickrig

Tatsache ist, dass Kleinboxen in der Regel – und die Ausnahme bestätigt bekanntlich diese Regel ! - einen begrenzten Tiefgang im Bass zeigen. Zudem sitzt man in kleineren Räumen meist relativ nahe bei den Lautsprechern. Das führt sehr oft dazu, dass das Klangbild vordergründig, ja sogar aufgrund des eher etwas unterpräsenten Bassfundamentes grell und mickrig erscheint. So ist es für Entwickler und Hersteller von kleinen Boxen immer wieder eine Herausforderung, ihnen einen angenehmen, vollen Klang anzuerziehen.
Ein altbekannter, aber genialer Trick besteht darin, bei Kleinboxen den Bereich um 3 bis 5 kHz, wo unser Gehör besonders empfindlich ist, etwas abzusenken. Und so zeigen Messungen im avguide.ch-Testlabor, dass der Frequenzgang der DSP 3200 im Bereich von 3 bis 5 kHz deutlich abgesenkt wird.
Um zu verhindern, dass der Klang dadurch stumpf wird, hebt man dafür den Obertonbereich ab etwa 10 kHz etwas an, was dem Klangbild Frische verleiht. Oberhalb 15 kHz beginnt der Frequenzgang wieder abzufallen. Für HD-Aufnahmen hätte man sich gerade oberhalb 15 kHz einen etwas ausgedehnteren Frequenzbereich gewünscht. Dies ist jedoch der Preis, den man für den Einsatz eines relativ grossen Breitbandsystemes bezahlen muss.
Doch streiten sich ja auch Fachleute, wie wichtig der Bereich oberhalb 15 kHz denn eigentlich sei - in der Tonlage, wo sich bekanntlich die Fledermäuse unterhalten ...
Mit britischen Charme...
Während es bei mir „Liebe auf den ersten Ton“ war, reagierten weitere Testhörer recht unterschiedlich auf den ausgesprochen „britischen“ Klangcharakter.
Eine Querflötistin der klassischen Musikrichtung zeigte sich ebenfalls ob dem schönen, noblen Klang begeistert. Wer allerdings ein aufpeitschendes Klangspektakel mit superbrillanten Höhen, knalligen Mitten und brachialen Bässen erwartet hatte, wurde enttäuscht, denn genau diese Undinge gehören nicht zur britische Klangtradition.
Die DSP 3200 betören die Sinne mit einem überaus angenehmen, charmanten und nie ordinären Klang. Über einem satten, tiefen Bass spannt sich eine warm und schön klingende Mittellage auf. Im Hoch- und Obertonbereich geht es ebenfalls gediegen und diskret zu und her. Wer grelle, aggressive Klänge verabscheut, ist hier haargenau an der richtigen Klang-Adresse.
Andrerseits vermissten hier die Freunde prägnanter Klänge bei ihrer Musik den nötigen Biss.
Keine gnadenlose Analytiker
Doch die DSP 3200 wollen ja auch keine gnadenlosen Analytiker, sondern möglichst angenehm klingende Musikspender sein. So begeistern diese Boxen durch Homogenität des Klanges, und auch komplexe Klangkörper, wie etwa ein grosses Sinfonieorchester, erscheinen wie aus einem Guss. In Sachen Räumlichkeit vollbringen diese Aktivboxen keine Wunder, doch zeigen sie die akustischen Eigenheiten der Aufnahmen sehr genau. Übertreibungen jeglicher Art standen offenbar generell nicht im Pflichtenheft der DSP 3200.
Ganz klar, dass ein solches Klangbild gerade bei klassischer Musik begeistern kann. Mozarts Klaviertrios erklingen traumhaft schön. Die Violine erscheint mit feinen, zarten Schmelz, nie kratzbürstig oder gar grell, während das Cello eine vollmundiges Fundament unter das Klanggeschehen legt. Leichtfüssig perlen die Läufe des Klaviers auf und ab – ein Genuss sondergleichen!
Warme Brillanz....

Sehr schön bringen die DSP 3200 sowohl Solostimmen wie auch Choraufnahmen. Bei Rebeccas glockenreiner Stimme zeigt das Gehäuse ab und zu minimale Resonanzerscheinungen und dickt gewisse Töne etwas auf. Doch ist der Effekt nicht gravierend und stellt dem Gehäuse insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Bei Choraufnahmen erfreuen warme, trotzdem charaktervolle Stimmen in allen Tonlagen das Gehör. Auch hell jauchzende Soprane behalten einen nobeln Charakter und beginnen nicht ordinär zu schreien.
Bei Big Band Sounds sind die DSP 3200 im Element. Warm und dennoch brillant schmettert Harry James auf seiner Trompete goldenen Klänge in den Abhörraum. Hier erfreut die Tatsache, dass diese Boxen auch bei höheren Pegeln Blechbläser nie grell und scheppernd erklingen lassen.
Das dezente, warme und trotzdem bemerkenswert dynamische Klangbild ist aber auch bei Rock-Pop-Aufnahmen keineswegs fehl am Platze. So lassen die DSP 3200 meine rauchig klingende Lieblingsband „Dare“ warm, kraftvoll und auch bei etwas erhöhtem Pegel dynamisch und unverzerrt über die Bühne donnern, ohne das Gehör, wie so viele andere Kleinboxen, durch einen grellen, mickrigen Sound zu beleidigen.
High Resolution ist Trumpf

Wie deutlich die Klangunterschiede zwischen einer CD und der entsprechenden HD-Aufnahme zu hören sind, hängt natürlich sehr stark von der Qualität der gerade verwendeten Lautsprecher ab. Und hier beweisen die DSP 3200, dass sie wohl sehr angenehm, eher warm klingende Schallwandler sind, jedoch über ein exzellentes Differenzierungsvermögen verfügen.
So sind die Unterschiede zwischen HD- und CD-Tracks sehr klar hörbar. Die bessere Klangdefinition und Durchzeichnung vom tiefsten Bass bis zum höchsten Diskant treten auf diesen Aktivboxen sehr klar zu Tage, was ihnen auch puncto Präzision ein gutes Zeugnis ausstellt.
Bass der besonderen Art
Es ist eigentlich eher ungewöhnlich, vom Bass einer Kleinbox zu schwärmen. Doch als aktiver Kontrabass-Spieler darf ich mir das erlauben.
Die DSP 3200 bringen ein Fundament, das selbst Freunde tiefer Orgelbässe befriedigen kann. Der Gedanke an einen zusätzlichen Subwoofer kam während der gesamten Hörzeit nie auf. Dadurch, dass diese Kleinboxen so tiefe Bässe produzieren können, kommen die Gehäuse jedoch ab und zu an ihre Grenzen und beginnen zu vibrieren. Trotzdem bleiben die Bässe bis zu recht hohen Pegeln präzise und für Lautsprecher dieser Grösse unglaublich tief.
Natürlich spielt auch hier die Raumakustik tüchtig mit. Wer die DSP 3200 in einen unterbedämpften Glaspalast stellt, wird kaum Freude haben. Ganz anders in unserem eher kleineren und normal bedämpften Wohnraum mit den obligaten Möbeln, Büchergestellen etc.
Fazit
In kleineren Räumen bieten die kompakten Meridian DSP 3200 ein verblüffendes Klangvolumen, verbunden mit einem überaus charmanten und sympathischen Klangbild, dem ordinäre, grelle Sounds absolut fremd sind. Diese aussergewöhnlichen Aktivoxen verkörpern somit beste britische Klangtradition.