TESTBERICHT
Die Canon PowerShot G11 besitzt ein 28-140-mm-Zoom mit Bildstabi.Die Canon PowerShot G11 besitzt ein 28-140-mm-Zoom mit Bildstabi.

Seit Spiegelreflexkameras für jedermann erschwinglich sind, konzentrieren sich die Hersteller von Kompaktkameras auf einfachste, möglichst kleine und gestylte Modelle. Für versierte Digitalfotografen, die Fotos nach ihrem Gusto schiessen wollen, eignen sich diese Lifestyle-Knipser jedoch nur bedingt, denn sie sind primär auf Automatikbetrieb ausgelegt. Manuelle Einstellungen können - sofern sie überhaupt möglich sind - nur mühsam über Menüs und winzige Tasten vorgenommen werden.

Die Canon PowerShot G11 gehört dagegen zu den wenigen Kompaktkameras für versierte, anspruchsvolle Digitalfotografen. Als Vertreter dieser Kameraklasse sind die Bedienung Handling und der Funktionsumfang der G11 auf die Bedürfnisse dieser Benutzergruppe ausgerichtet. Dementsprechend bietet die G11 einerseits etliche manuelle Einstellmöglichkeiten kombiniert mit griffigen Bedienelementen. Andererseits speichert sie Fotos auf Wunsch auch als Rohdaten (RAW-Format: .CR2) und ermöglicht so, Aufnahmen optimal am PC zu "entwickeln".

Technik für Fotoenthusiasten

Die G11 ist kein Lifestyle- oder Hi-Tech-Gadget, sondern ein Fotowerkzeug. Statt also die Kamera mit trendigen Features wie einem Touchscreen oder Bluetooth auszustatten, erhielt die G11 eine für die Fotopraxis nützliche Ausstattung. Dazu gehören ein ausklapp- und drehbares LCD sowie ein optischer Sucher. Der LCD ist mit 2,8 Zoll (7,11 cm) etwas kleiner als bei vielen Kameras der gehobenen Preisklasse, wo 3,0 Zoll inzwischen üblich und 3,5 Zoll nicht selten sind. Immerhin bietet der Monitor mit 460'000 Sub-Pixeln eine hohe Auflösung für detailreiche Bild- und Menüdarstellung und erweist sich als angenehm Blickwinkel-unabhängig.

Der zusätzliche optische Durchsichtsucher ist heute beinahe schon eine Rarität, obwohl er sich in manchen Situationen (helles Umgebungslicht) und besonders beim Energiesparen als nützlich erweist. Nutzt man den optischen Sucher anstelle des LCDs, so reicht der Lithium-Ionen-Akku statt für 390 Aufnahmen sogar für bis zu 1000 Fotos.

Der LCD lasst sich ausgeklappen und um 270 Grad drehen. So sind Aufnahmen über Menschenmassen ebenso möglich wie aus Bodennähe.Der LCD lasst sich ausgeklappen und um 270 Grad drehen. So sind Aufnahmen über Menschenmassen ebenso möglich wie aus Bodennähe.

Weitere Ausstattung

Ein weiteres Profimerkmal ist der Zubehörschuh, in dem die leistungsstarken Blitzgeräte aus dem EOS-Spiegelreflexsystem verwendet werden können. Als kürzeste Blitzsynchronzeit steht übrigens 1/2000 Sek. zur Verfügung, die kürzeste Belichtungszeit liegt bei 1/4000 Sek.

Als Betriebsart gibt es neben einem Videomodus (640 x 480 Px @ 30 fps) die üblichen voll- und halbautomatischen Belichtungsprogramme sowie einen manuellen Belichtungsmodus. Der "Auto"-Modus erkennt gängige Motive und Lichtsituationen und wählt dazu die passenden Einstellungen. Im Scene-Modus kann man zudem eines von unter 18 Motivprogrammen wählen, wobei eines das Austauschen von Farben (z.B. Grün gegen Violett) ermöglicht. Interessant ist der Low-Light-Modus, bei dem die Kamera die Empfindlichkeit automatisch zwischen 320 und 12'800 ISO festlegt. Dabei wird in niedriger Viertel-Auflösung (2,5 MPx) fotografiert, da jeweils vier Sensorelementen zu einem lichtstarken "Super"-Sensorelement gekoppelt werden.

Ansonsten liegt die Grundempfindlichkeit der G11 bei 80 ISO und kann zudem in ganzen Stufen zwischen 100 und 3200 ISO eingestellt werden. Gibt es mal zu viel Licht, dann kann ein Graufilter (ND-Filter) zugeschaltet werden, da sich die G11 - wie bei Kompaktkameras üblich - nur bis maximal F/8,0 abblenden lässt.

Rückschritt als Fortschritt

Die G11 ist das aktuelle Flaggschiff unter Canons Kompaktkameras. Bei einem solchen Topmodell erwartet man spitzenmässige technische Daten. Doch auf den ersten Blick trifft dies bei der G11 nicht zu. Hatte das Vorgängermodell noch mit 14,7 Megapixel (MPx) aufgetrumpft, so begnügt sich die G11 "nur" mit 10 MPx auf dem gleich grossen 1/1,7-Zoll-Sensor (7,6 x 5,7 mm).

Allerdings bringt eine höhere Auflösung kaum einen Mehrwert - ausser vielleicht bei Posterdrucken und Bildausschnitten - und sie ist sogar eher problematisch. So nimmt die Datenmenge unnötig zu und das Auflösungsvermögen von Objektiven stösst an Grenzen. Vor allem aber führt eine hohe Auflösung unter Umständen zu einer schlechteren Bildqualität, entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass mehr Pixel automatisch bessere Bilder garantieren.

Diese Problematik betrifft vor allem kleine Fotosensoren, wie sie in Kompakt- und Bridge-Kameras sowie Camcordern verbaut werden. Grund: Um die Auflösung zu erhöhen, müssen auf der gleichen Sensorfläche mehr lichtempfindliche Sensorelemente (Pixel) untergebracht werden. Dies geht bei gleicher Bauweise und Technologie nur mit kleineren Sensorelementen. Je kleiner die aber sind, desto geringer ist ihr "Licht-Fassungsvermögen" und damit die Empfindlichkeit des Sensors. Dies führt letztlich zu Fotos mit störendem Bildrauschen. Allfällige softwaremässige Gegenmassnahmen reduzieren mit dem Rauschen leider allzu oft auch feine Bilddetails, was den Vorteil der hohen Auflösung oft zunichte macht.

Aus diesen Gründen gibt es Bestrebungen zu grösseren Fotosensoren und zu gemässigteren Auflösungen. Ganz nach dem Motto "Weniger ist mehr" hat Canon dies mit dem Modellwechsel von der G10 zur G11 vollzogen.

Sehen, Schiessen, Speichern

Die G11 besitzt ein heute gängiges 5fach-Zoom mit integriertem Bildstabilisator. Der nützliche Brennweitenbereich reicht vom 28-mm-Weitwinkel bis zum mittelstarken 140-mm-Tele. Die Lichtstärke der Optik variiert zwischen F/2,8 im Weitwinkel- und F/4,5 im Telebereich. Die kürzeste Aufnahmedistanz beträgt ein Zentimeter ab Frontlinse in Weitwinkelstellung, wobei je nach Motiv die deutliche Verzeichnung stören kann.

Serienbilder schiesst die G11 nur mit gemütlichen 1,1 fps (Bilder pro Sekunde), wobei Belichtung und Autofokus fixiert bleiben. Soll der Autofokus aktiv bleiben, sinkt die Fotofrequenz auf 0,7 fps. Nur in der reduzierten Auflösung des Low-Light-Modus schafft die G11 immerhin 2,4 fps.

Als Speicher für Fotos und Videos kommen sowohl SD/SDHC- als auch Multimediakarten (MMC, MMCplus, HC MMCplus) zum Einsatz.

Die kleine Schwarze

Als Kompaktkamera ist die G11 für heutige Verhältnisse recht gross - und zwar nicht nur im Vergleich zu Lifestyle-Knipsern, sondern ebenfalls gegenüber "Klassenkameraden". Die Grösse wirkt sich aber eher positiv aufs Handling aus, denn die 400 Gramm schwere Kamera liegt gut in der Hand, wozu auch die gummierte Griffleiste beiträgt.

Dank ihrem Metallgehäuse fühlt sich die G11 wertig an. Da das Objektiv beim Ausschalten komplett im Gehäuse verschwindet, ist die Kamera nur wenig grösser als eine Zigarettenschachtel und lässt sich gut in einer Tasche verstauen. Dafür braucht sie dann beim Einschalten jedoch zwei Sekunden. Die Auslöseverzögerung liegt übrigens bei einer erträglichen halben Sekunde.

Griffig

Oben auf der Kamera befindet sich links ein Einstellrad für Belichtungskorrekturen. Damit lassen sich schneller als mit den üblichen Plus-Minus-Tasten die EV-Werte verstellen.

Auf der rechten Oberseite sind weiter zwei Räder konzentrisch angeordnet. Mit dem höheren wird die Betriebsart gewählt, mit dem unteren zwischen der ISO-Automatik und sieben ISO-Stufen umgeschaltet. Diese drei Räder sind sehr griffig und rasten deutlich ein, so dass unabsichtliches Verstellen kaum möglich ist. Vor allem aber kann man mit ihnen wirklich schnell eine gewünschte Einstellung vornehmen.

Einstellungssache

Bedienungselemente: Links oben die Direkttaste und daneben der optische Sucher. Rechts der Multicontroller und darüber Tasten für Autofokus und Belichtungsmessung.Bedienungselemente: Links oben die Direkttaste und daneben der optische Sucher. Rechts der Multicontroller und darüber Tasten für Autofokus und Belichtungsmessung.

Wichtigstes Bedienelement ist aber der Multicontroller, der ein Drehrad mit 4-Wege-Taste kombiniert. Er wird zur Navigation und für viele Einstellungen benutzt. Durch Drücken des Rades kann man unter anderem die Blitzeinstellungen aufrufen und diese dann durch seitliches Drücken oder Drehen verstellen. Dabei kann es geschehen, dass man unbeabsichtigt erst drückt, statt gleich zu drehen und so vielleicht den Blitzmodus anstelle der Blende verstellt. Etwas umständlich wird es im manuellen Modus, denn da muss man erst die Taste für die Belichtungsmessung drücken, um zwischen Belichtungsmessung, Verschlusszeit und Blende zu wechseln, bevor man die Werte ändern kann.

Etwas verloren ist die konfigurierbare Direkttaste links oben auf der Rückseite. Sie vergisst man anfänglich leicht und bei ausgeklapptem LCD ist sie dort kaum zu erreichen. Übrigens ist nicht nur diese Direkttaste mit einer aus zehn möglichen Funktionen belegbar, sondern auch Menüeinträge lassen sich als Favoriten zusammenfassen. Ebenso lassen sich zwei persönliche Belichtungseinstellungen speichern und dann über das Betriebsartenrad jederzeit rasch aktivieren.

Was wir schätzen und was wir vermissen

Das Handling der G11 ist sehr gut, obwohl es die eine oder andere erwähnte Schwachstelle gibt. Sinnvoll wäre sicher noch eine zweite konfigurierbare Taste

Ähnliches gilt auch für den Funktionsumfang. Es ist gut, einen optischen Sucher zu haben, doch ist der Durchblick sehr beengt (Tunnel). Ausserdem zeigt er nur 77 Prozent des Sucherbildes und ist so eher ein Visier denn ein richtiger Sucher.

Während die geringere Fotoauflösung Vorteile verspricht, ist die geringe VGA-Auflösung von Videos enttäuschend. Für eine Kamera in dieser Leistungsklasse und zu dem eher hohen Preis (Listenpreis 989 Franken) dürfte man jedoch HD-Video erwarten. Ärgerlich ist zudem, dass wie bei vielen anderen Fotoapparaten, das Zoomen während einer Videoaufnahme nicht beziehungsweise nur per Digitalzoomfunktion möglich ist.

Vermisst haben wir Einstellmöglichkeiten für den Bildstil anstelle der etwas tiefer im Menü liegenden Einstellung "Farbton".

Im Bild

Für eine Kompaktkamera liefert die G11 beeindruckende Bilder, die freilich nicht mit Fotos aus einer Spiegelreflex konkurrieren können. Die Bildschärfe ist gut und fällt zum Rand kaum ab. Die optimale Schärfe erreicht die Kamera um Blende F/4,0. Bei höheren ISO-Werten geht die Detailwiedergabe zunehmend verloren. Das Rauschen ist in der Grundempfindlichkeit sehr gering und selbst bei 400 ISO sind die Bilder noch rauschfrei, wenngleich sie bereits etwas "körnig" wirken.

An kontrastreichen Stellen lassen sich die einen oder andere Farbsäume erblicken. Feine kontrastreiche Texturen weisen zudem leichte Farbstörungen auf. Das Objektiv zeigt im Weitwinkelbereich eine tonnenförmige Verzeichnung und generell eine leichte Randabschattung.

Die Aufnahmen gefallen mit neutralen, knackigen Farben.

Fazit

Die Canon PowerShot G11 ist derzeit eine der besten Kompaktkameras und dürfte anspruchsvolle Fotografen durch Handling, Funktionsumfang und Bildqualität am ehesten zufrieden stellen.