TESTBERICHT
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Vom Showroom zum Musikkeller

Und da standen sie nun: die beiden neuen Wilson Sabrina V, in leuchtendem Rot, elegant und selbstbewusst wie Primadonnen auf der Bühne. Angetrieben von zwei Dan D'Agostino Momentum MxV-Monoverstärkern mit je 400 Watt, gespeist durch einen dCS Vivaldi DAC über eine Röhren-Vorstufe von Audio Research. Der Stromtank lieferte – auch ohne Akku-Betrieb – saubere Energie. Alle Kabel, von Strom über Signal bis Lautsprecher, stammten aus dem hochwertigen Spalinger-Repertoire: Shunyata und Transparent Audio, konsequent in der Qualität, aber nie übertrieben. 

Roland Spalingers Showroom umfasst rund 120 Quadratmeter, gefüllt mit hochwertiger Audiotechnik und zahlreichen Lautsprechern. Hier geht es nicht um inszenierte Hochglanz-Shows, sondern um ehrlichen, authentischen Klang – mit vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten, die einen direkten Qualitätsabgleich ermöglichen.

Die breitbandingen und etwas niederohmigen Sabrina V wachsen mit der Qualität des Verstärkers.Die breitbandingen und etwas niederohmigen Sabrina V wachsen mit der Qualität des Verstärkers.

Die beiden Sabrina V spielten – wie zu erwarten – fulminant auf und überzeugten schon bei Zimmerlautstärke mit beeindruckender Musikalität. Einen ganzen Abend lang genoss ich bei einer Tasse Yogi-Tee ihre Ausgewogenheit und Klangkultur. Die Bühne war breit aufgespannt, die Tiefenstaffelung präzise, der Bass straff, die Mitten prägnant, die Höhen seidig. Alles stimmte – technisch gesehen.

Doch zu Hause kam die Reflexion: Irgendetwas fehlte. Nicht messbar, nicht greifbar, aber spürbar – der letzte emotionale Funke, jener Moment, in dem Technik zur Musik wird. War es die Raumgrösse? Die Stimmung? Der Gedanke liess mich nicht los: Die Sabrina V musste ich in einem kleineren Raum erleben – in dem Umfeld, für das sie eigentlich konzipiert wurde.

Offenbarung auf 24 Quadratmetern

Einige Tage später standen sie in meinem 24 Quadratmeter grossen Musikkeller. Roland Spalinger hatte es vorausgesagt: Die Sabrina V ist wenig aufstellungskritisch, wächst aber bei optimaler Positionierung über sich hinaus. Und plötzlich war er da – dieser Moment. Alle Klangelemente gewannen an Intensität, an Unmittelbarkeit, an Leben. Wo sie im grossen Showroom noble Zurückhaltung zeigten, legten sie nun jede Scheu ab.

Zweite Hörumgebung. Die Sabrina V im 24 Quadratmeter grossen Musikkeller.Zweite Hörumgebung. Die Sabrina V im 24 Quadratmeter grossen Musikkeller.

Statt kompakter Standlautsprecher erlebte ich akustisch grosse, räumlich spielende Schallwandler – fast wie Elektrostaten in ihrer Durchhörbarkeit. «Mittendrin statt nur dabei» beschreibt das Erlebnis perfekt. Instrumente und Stimmen standen präzise im Raum, klar ortbar – selbst ausserhalb der Lautsprecherachse. Die Begeisterung war entfacht.

Die Höhen präsentierten sich brillant und luftig, ohne je anstrengend zu wirken. Friedemanns Aquarium etwa klang fein und perlend, mit zarten, akzentuierten Saitenzupfern, die im Raum nachschwangen. Der Mitteltöner spielte offen, transparent und dennoch druckvoll – mit einer Authentizität, die selbst viele Elektrostaten übertrifft.

David Munyon (feat. Ian Melrose): «Four Wild Horses», Live in Dresden 2023.

David Munyons Stimme im Song «For Wild Horses» kam rau und markant, wie es sich für einen echten Cowboy gehört – jede Nuance seiner erdigen Phrasierung blieb erhalten. Auch Klavieraufnahmen, wie die von Lang Lang (Allegro, Piano Book), überzeugten durch Natürlichkeit und Präsenz. Über die Sabrina V wären die Unterschiede zwischen einem Bösendorfer und einem Steinway klar erkennbar – so viel Differenzierung bietet sie.

Bass mit Substanz

Der Bass zeigte sich Wilson-typisch ausgewogen – wie ein Champagner zwischen brut und sec. Ein 20-cm-Chassis kann zwar physikalisch nicht die tiefsten Oktaven wie ein 30-cm-Woofer erreichen, doch was die Sabrina V liefert, ist straff, präzise und sauber bis hinunter zu etwa 27 Hz. Während im grossen Showroom etwas Druck fehlte, war der Bass im kleineren Raum perfekt integriert – spürbar, aber nie aufdringlich oder überbetont.

Béla Fleck & The Flecktones: «Flight of the Cosmic Hippo».

Songs wie «Cosmic Hippo» von Béla Fleck oder Limbo von Yello kamen mit beeindruckender Intensität, ohne die Nachbarn zu strapazieren.

Die Bassqualität überzeugt mit klarer Textur und feiner Differenzierung – bis hin zur «Fellstruktur» einer Bassdrum, die man förmlich vor sich sieht.

Die Sabrina V beherrscht sowohl leise als auch sehr laute Pegel – stets verzerrungsfrei und kontrolliert. Sie komprimiert nicht, sie bleibt ehrlich.

Individuell bis ins Detail

Auch optisch weiss die Sabrina V zu gefallen: Wem das kräftige Rot zu gewagt erscheint, kann aus über 30 Farben wählen – von dezenten Grautönen bis zu extravaganten Perleffekt-Lackierungen. Metallteile wie Bassreflexöffnung oder Terminal sind ebenfalls individualisierbar. Jeder Wilson-Lautsprecher ist ein Unikat – und das hört und sieht man.

Fazit

Die Wilson Audio Sabrina V ist mehr als eine evolutionäre Weiterentwicklung – sie ist der Beweis, dass die Summe durchdachter Detailverbesserungen einen hörbaren Qualitätssprung ergibt. Mit einer Nennimpedanz von 4 Ohm und einem Minimum von 2,23 Ohm bei 121 Hz verlangt sie nach kräftigen, stabilen Verstärkern – idealerweise nach Mono-Endstufen, wie sie bei Spalinger zum Einsatz kamen. Ihr Wirkungsgrad von 87 dB macht sie nicht zur Genügsamen, doch sie belohnt adäquate Partnerwahl mit aussergewöhnlicher Klangtreue.

Sorgfältige Aufstellung zahlt sich aus: Schon in einer beliebigen Position klingt die Sabrina V gut, doch optimal platziert spielt sie weit über ihre kompakten Abmessungen hinaus. Das dreidimensionale Klangbild mit seiner weiten, tief gestaffelten Bühne beeindruckt nachhaltig. Der Mitteltöner überzeugt mit Feinzeichnung, Transparenz und natürlicher Authentizität, während Hochton und Bass perfekt aufeinander abgestimmt ein harmonisches Ganzes bilden – ohne dass sich einzelne Frequenzbereiche in den Vordergrund drängen.

Gepflegter Musikgenuss mit der Wilson Audio Sabrina V.Gepflegter Musikgenuss mit der Wilson Audio Sabrina V.

Rund 29'900 Franken für einen knapp einen Meter hohen Lautsprecher mögen zunächst ambitioniert erscheinen. Doch der Aufwand, den Wilson Audio selbst bei seinem kleinsten Standmodell in Materialforschung, Treiber-Entwicklung und akribische Feinabstimmung investiert, ist hörbar. Die Sabrina V rechtfertigt ihren Preis nicht durch Grösse, sondern durch jene Kombination aus technischer Perfektion und emotionaler Musikalität, die Wilson-Lautsprecher auszeichnet.

Meine Empfehlung: Unbedingt anhören – bei Roland Spalinger in Dietlikon oder im eigenen Hörraum. Die beiden schlanken «Women in Red» verdienen auf ganzer Linie Applaus. Leider mussten sie schon bald wieder den Heimweg antreten – doch ihre Erinnerung bleibt.

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STECKBRIEF
Modell:
Sabrina V
Profil:
Für audiophile Geniesser mit mittelgrossen Hörräumen und gehobenen Ansprüchen. Verlangt nach hochwertiger Elektronik mit ausreichend Stromreserven. Belohnt mit emotionaler Musikalität über alle Genres hinweg.
Pro:
Exzellente Mitteltonwiedergabe mit natürlicher Authentizität
Dreidimensionalem Klangbild
Hochwertige Materialien und Treiber aus den Referenzmodellen
Kompakte, wohnraumfreundliche Abmessungen bei erstklassiger Verarbeitung
Contra:
Verlangt nach kräftigen Verstärkern
Minimum Impedanz 2,23 Ohm bei 121 Hz
Preis:
29,990.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2025
Vertrieb:
Masse:
990 x 304 x 390 mm
Gewicht:
55,8 kg
Bass:
8 Zoll Papiermembran
Bauprinzip:
Dreiweg Dynamisch Passiv
Hochton:
1 Zoll Gewebekalotte
Mittelton:
7 Zoll Papiermembran-Verbundstoff
Wirkungsgrad:
87 dB