Klanglich in einer anderen Liga
Wir hörten das PSU-XR als Ergänzung zum bestens bekannten Vollverstärker i9-XR, der seinerzeit im Test auf avguide.ch mächtig Eindruck hinterlassen hatte, unter anderem bezüglich der Feinzeichnung und Auflösung des integrierten HiRes-DACs. Primär ergibt es wenig Sinn, sehr viel Geld für ein Zusatznetzteil auszugeben und gleichzeitig billige Standard-Netzkabel zu verwenden. Deshalb kamen im Rahmen des Hörtests qualitativ hochwertige Exemplare vom Typ IsoLink Wave des britischen Herstellers Isol-8 (Preis: CHF 190) zum Einsatz.
Als Abhörlautsprecher dienten ein Paar Classic 2/3 von Spendor, die notabene – ebenso wie alle Komponenten von Cyrus – in UK hergestellt sind. Einziger «Aussenseiter» in unserem ansonsten komplett britischen Setup bildeten die Lautsprecherkabel Iridium des US-amerikanischen Herstellers Cardas.
Die Classic 2/3 von Spendor kann man als authentische Verkörperung des britischen Lautsprecher-Ideals ansehen. Sie ist sozusagen eine moderne Ausgabe legendärer BBC-Monitore aus den 70er-Jahren. Den Cyrus i9-XR hatten wir seinerzeit im Zusammenspiel mit einem Paar Spendor A7 gehört. Wie bei diesen handelt es sich auch bei der Classic 2/3 um einen Zweiweg-Lautsprecher, der sich durch eine besonders gute räumliche Abbildung auszeichnet. Hier kommt ein kraftvoller 21-cm-Tiefmitteltöner zum Einsatz, der im Grundton und Bass nur schon durch seine Membranfläche Vorteile gegenüber dem 18-cm-Exemplar in der A7 aufweist. Im Hochtonbereich agiert eine besonders feinzeichnende 22-mm-Kalotte skandinavischer Provenienz.
Natürlich darf man angesichts eines Einstandspreises von CHF 2690 hohe Erwartungen punkto Steigerung der Klangqualität hegen. Was das PSU-XR dann aber schaffte, war doch erstaunlich. Wir hörten zunächst eine ganze Palette bestens bekannter HiRes-Titel, die ab einem Aurender Streamer digital zum Cyrus i9-XR geführt wurden. Dabei wurde die Musik jeweils zunächst ohne und dann mit Zusatznetzteil gehört.
Der erste Track (Hoff Ensemble: «Blågutten») klang schon ohne PSX-U sehr räumlich und mit fein definierten, eher (britisch) diskreten Höhen. Das Piano gefiel mit perlendem Diskant und sehr schönem Klangvolumen. Insgesamt also ein hoher Musikgenuss, tendenziell entspannt, mit Fokus auf ganzheitlichen Genuss. Beim Wechsel auf die Wiedergabe mit PSX-U klang das Piano plötzlich viel besser definiert und zugleich natürlicher; man war als Zuhörer deutlich näher am musikalischen Geschehen. Der Effekt war so deutlich, dass man übertrieben gesagt fast schon von einem «Vorhang auf»-Erlebnis sprechen konnte. Die natürliche Akustik der in einer skandinavischen Kirche gemachten Aufnahme kam viel authentischer zum Tragen.
Ein ähnliches Aha-Erlebnis beim Vivaldi-Album «Bellezza Crudel»: Ohne PSU-XR klangen die Streicher richtig süffig, wenn auch etwas flach und eher im Hintergrund. Also sozusagen als musikalische Begleitung. Mit PSU-XR gehört, kam es zu einer dramatischen Steigerung der räumlichen Transparenz, Streicher tönten feiner ziseliert. Ausserdem fiel die leichtfüssigere, flüssigere Spielweise deutlich auf. Man gewinnt insgesamt den Eindruck von «mehr Luft» zwischen den Einzelinstrumenten. Die Stimmen waren deutlich fokussierter und plastisch vorstellbar.
Beim Magnificat (von den Trondheim-Solisten) agierten die Vokalisten auch ohne Zusatznetzteil sehr definiert und mit viel Schmelz. Sie kreierten eine reichhaltige musikalische Dichte. Beim Wechsel auf die Wiedergabe mit PSU-XR war wiederum eine dramatische Steigerung der Atmosphäre nicht zu überhören. Das musikalische Geschehen kam viel differenzierter zum Tragen, wodurch die Musik spannender erlebt wurde. Erstaunlicherweise wirkte sich das gar nicht nur analytisch im Sinne einer höheren Detailtreue aus; die Musik trifft so auch direkter ins Herz. Ausserdem hatte man den Eindruck, dass die Wiedergabe auch schon bei geringer Lautstärke mehr Emotionen beim Hörer auslöst.
Unüberhörbar war der Unterschied auch beim famosen Akustik-Jazz-Titel «Contra La Indecisión» des Bobo Stenson Trios: Objektiv war schon bei der Wiedergabe ohne PSU-XR nichts auszusetzen. Vielleicht wirkte die Wiedergabe etwas brav und diskret. Aber dennoch kam die tolle Aufnahmequalität über Cyrus i9-XR und Spendor Classic 2.3 wunderbar zum Tragen. «Besser geht eigentlich kaum», denkt man.
Beim Wechsel zum Betrieb mit Extra-Netzteil staunt man dann aber nicht schlecht, mit wie viel mehr Spielfreude Bobo Stenson am Piano plötzlich loslegt. Die Darbietung lebt und pulsiert mit mehr Fein- und Grobdynamik. Das ist allerbeste Unterhaltung und macht auch deutlich, dass die britischen Lautsprecher für akustischen Jazz wie geschaffen sind. Auch der Kontrabass hat nun plötzlich mehr «Holz» und Konturen.
Natürlich wollten wir auch noch wissen, wie sich das Zusatznetzteil bei «normaler» 16-Bit-Kost in Szene setzen würde, oder ob der X-Faktor vornehmlich bei HiRes-Aufnahmen zur Geltung kommt. James Taylors «Live»-Album aus dem Jahr 1993 ist sehr gut aufgenommen. Beim Anhören ohne PSU-XR hatte man aber doch eher den Eindruck eines Events aus der Vergangenheit. Nach dem Wechsel zum PSU-XR waren die historischen Schranken jedoch wie weggewischt. Nur schon der Applaus des Publikums zu Beginn der Aufnahme schafft Gänsehaut. James Taylors charakteristisches Gitarrenspiel klang wie von einem anderen Instrument, seine Stimme ging viel mehr unter die Haut. Der positive Effekt der Extra-Stromversorgung auf den Klang ist also auch bei CD-Kost nicht weniger als dramatisch.
Fazit
Cyrus hat sich mit der Lancierung des neuen Zusatznetzteils PSU-XR reichlich Zeit gelassen. Nun ist es erhältlich und erhebt den Anspruch, das Wiedergabeniveau der Komponenten aus der XR-High-End-Linie noch einmal deutlich anzuheben. Im Zusammenspiel mit dem Cyrus i9-XR ist die Erkenntnis klar: Die klangliche Steigerung ist nicht weniger als dramatisch, das PSU-XR hebt diesen kompakten Vollverstärker auf ein ganz anderes Level.
Die Frage, ob man dem i9-XR diese kompromisslose Stromversorgung nicht gleich von Grund auf hätte angedeihen lassen können, lässt sich ebenso klar mit «nein» beantworten: Beide Komponenten sind je mit Hightech bis zum Bersten angefüllt. Tatsächlich handelt es sich beim PSU-XR um eine aufsteigerfreundliche Lösung für Musikliebhaber, die vielleicht im Moment nicht das Geld für das Upgrade haben. Aber eben wissen, dass sie zukünftig mit einer vernünftigen Investition (der Preis für das Cyrus PSU-XR beträgt CHF 2690) die Wiedergabetreue ihrer XR-Komponenten immens steigern können. Gut so.