TESTBERICHT
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Publikationsdatum
29. September 2024
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Model 60n gilt als offizieller Nachfolger des erfolgreichen PM7000N, der inzwischen immerhin für mehr als vier Jahre einen gewissen Standard für einen musterhaft kompletten und modernen Vollverstärker setzte. Tatsächlich hat der Neue punkto Ausstattung und Leistungsmerkmale einiges vom Alten geerbt. Aber natürlich kommt Model 60n nicht mehr im alten «barock anmutenden» Gewand, sondern im neuen, ebenso geschmackvollen wie diskreten Marantz-«Corporate»-Design mit abgesetzter Frontplatte und ikonischem «Bullauge», worauf Eingangswahl, Lautstärke und Favoriten angezeigt werden.

Wog der PM7000N noch knapp 11 kg, so zeigt das «Kampfgewicht» des Neuen von satten 13 kg, dass nicht nur äusserlich, sondern auch bei der Konstruktion ein beachtlicher Mehraufwand betrieben wurde. Das Mehrgewicht hat er hauptsächlich einem deutlich stabileren Gehäuseaufbau mit doppellagiger Bodenplatte zu verdanken. Richtig schwer sind aber auch der gekapselte Ringkerntrafo (der nun auf einem Extra-Podest Platz nehmen darf) sowie der massive Aluguss-Kühlkörper, auf dem die Leistungstransistoren bis zu 2 x 60 Watt Ausgangsleistung an 8 Ohm bzw. bis zu 2 x 80 Watt an 4 Ohm in bewährter Stromgegenkopplungs-Technik generieren. Hierbei kommen in der Treiberstufe HDAM-Schaltkreise neuster Machart für eine noch detailliertere Audiowiedergabe zum Einsatz.

Mustergültiger Aufbau: Das Innenleben des Model 60n zeugt von audiophiler Leidenschaft der Marantz-Soundmaster.Mustergültiger Aufbau: Das Innenleben des Model 60n zeugt von audiophiler Leidenschaft der Marantz-Soundmaster.

Neu ist der Einsatz diverser audiophiler Bauteile, so etwa spezieller «Marantz Audio Grade»-Siebelkos mit einer Gesamtkapazität von beachtlichen 15'000 µF im Netzteil. Damit gewinnt Model 60n an impulsiver Stromlieferfähigkeit. Durchdacht ist ebenso der Umstand, dass das Standby-Schaltnetzteil nach dem Einschalten des Verstärkers stillgelegt wird, um keine etwaigen Störgeräusche zu induzieren. Weitere Schaltungsverbesserungen gegenüber dem PM7000N betreffen die Klangregler: Die Einstellung von Bässen und Höhen geschieht nicht mehr über passive Potentiometer im Signalweg, sondern über digital angesteuerte ICs. Natürlich lassen sich diese per «Source Direct»-Schalter zugunsten eines puristischeren Klangs umgehen. Beim Model 60n geschieht dies manuell über einen Drehschalter auf der Gerätefront. Via Fernbedienung (wie bei Model 50) ist es nicht möglich.

Model 60n offeriert eine reichhaltige Ausstattung, welche die allermeisten Bedürfnisse heutiger Musikliebhaber zufriedenstellt. Als Besonderheit verfügt er über einen HDMI-ARC-Anschluss, über den man Fernsehton wiedergeben und bequem via TV-Fernbedienung in der Lautstärke regeln kann. Dazu muss man beim Fernseher den Ausgang auf PCM stellen, denn Dolby Digital versteht Model 60n (mangels DSP) nicht. Der hochwertige Phono-MM-Eingang ist mit 2 mV Eingangsempfindlichkeit auch für lautere Moving-Coil-Zellen bestens geeignet und punktete im Hörtest (über einen High-Output-MC-Abtaster von Audio Technica) mit dynamischem und transparentem Klang. Damit erfüllt Model 60 selbst höhere Ansprüche von Analogliebhabern.

Übersichtlich: Die Anschlussperipherie am Model 60n lässt keine Fragen offen. Ein willkommenes Extra bildet der HDMI-ARC-Anschluss für TV-Ton.Übersichtlich: Die Anschlussperipherie am Model 60n lässt keine Fragen offen. Ein willkommenes Extra bildet der HDMI-ARC-Anschluss für TV-Ton.

Ein weiteres Extra bildet ein Vorverstärkerausgang, über den man theoretisch Aktivlautsprecher oder einen separaten Endverstärker ansteuern kann. Allerdings scheint diese Funktionalität nicht vollends durchdacht. Denn beim Model 60n lassen sich die Lautsprecheranschlüsse nicht abschalten. Und wenn man einen Kopfhörer an der Front einstöpselt, wird auch der Vorverstärkerausgang stummgeschaltet. Somit dient der «Pre Out» wohl hauptsächlich zum Biamplifizieren angeschlossener Boxen mit Biwiring-Terminal.

Wesentlich sinnvoller erscheint der dedizierte Subwoofer-Ausgang, über den man der heimischen Anlage einen Extra-Tiefenkick verleihen kann. Im Unterschied zum Modell M1 von Marantz lassen sich kleinere Satellitenboxen im Bass jedoch nicht entlasten. Dennoch profitiert eigentlich jeder Lautsprecher von einer Erweiterung des Bassfundaments, insbesondere zugunsten einer gesteigerten Räumlichkeit der Musikwiedergabe. Voraussetzung ist, dass man den optionalen Subwoofer sehr tief (nur unterhalb des vom Lautsprecher abgedeckten Frequenzgangs) einsetzt und ihn optimal einpegelt.

Edles, diskretes Design: Model 60n zeigt sich mit ikonischem Bullauge und abgesetzter Front. Der Verstärker ist wahlweise in Schwarz oder Silber/Gold zu haben.Edles, diskretes Design: Model 60n zeigt sich mit ikonischem Bullauge und abgesetzter Front. Der Verstärker ist wahlweise in Schwarz oder Silber/Gold zu haben.

Streaming inklusive

Verstärkermodelle mit «n»-Kennzeichnung verfügen bei Marantz stets über ein integriertes (HEOS-basiertes) Streaming-Modul. Dies bildet auch die Voraussetzung dafür, dass man am Model 60n rückwärtig einen USB-Datenträger andocken kann. USB-Sticks sind heutzutage ja schon sehr günstig zu haben, auch mit grosser Speicherkapazität. Somit eröffnet diese Möglichkeit den einfachsten Weg, selbst eine grössere persönliche Musiksammlung sehr bequem zugänglich zu machen.

HEOS offeriert die Möglichkeit, den Startbildschirm nach eigenem Gusto zu konfigurieren.HEOS offeriert die Möglichkeit, den Startbildschirm nach eigenem Gusto zu konfigurieren.

Aufhorchen lässt im Übrigen die Ankündigung von Marantz, Model 60n voraussichtlich bis Ende Jahr «Roon ready» zu machen. Ausserdem soll er bis dahin die Möglichkeit erhalten, ab USB-Datenträger Musiktitel in Original-Studio-Auflösung von bis zu 32-Bit/384-kHz (DXD-Format) direkt abzuspielen. Damit ist Model 60n zukunftssicher, was den kommenden Einstieg ins 32-Bit-Musikzeitalter betrifft.

Bis Ende Jahr wird die Streamingplattform HEOS dann hoffentlich auch um das Musik-Streamingportal Qobuz erweitert. Wer Musik in HiRes über den Marantz-Verstärker streamen möchte, ist derzeit auf das entsprechende Tidal-Abonnement angewiesen. Ab USB dekodiert er bereits HiRes-Musikfiles in Auflösungen bis zu 24-Bit/192-kHz bzw. DSD128. Etwas schade ist, dass weder auf dem Verstärker-Display noch in der App die Datenrate/Auflösung des gerade gehörten Titels angezeigt wird. Bei der Nutzung von Webradio – HEOS offeriert u. a. den Service TuneIn – kann man hingegen die aktuelle Datenrate per «i»-Taste abrufen.

Beim Webradio-Empfang via TuneIn wird auf Wunsch die Datenrate angezeigt. Hier SRF2 mit sehr bescheidenen 95 kBit/s.Beim Webradio-Empfang via TuneIn wird auf Wunsch die Datenrate angezeigt. Hier SRF2 mit sehr bescheidenen 95 kBit/s.

HEOS wurde vor einiger Zeit überarbeitet und gefällt inzwischen auch dank zentraler Suchfunktion sowie der Möglichkeit, den Startbildschirm nach persönlichen Präferenzen individuell zu gestalten. Erfreulicherweise beherrscht die HEOS-App nicht nur den Zugriff auf Streaming-Angebote; man kann darüber auch die meisten Funktionen des Model 60n betätigen – nicht nur die Lautstärke, sondern auch die Eingangsumschaltung und sogar die Balance-, Bass- und Höhenregelung. Voraussetzung für Letzteres: Der «Source Direct»-Drehsteller auf der Gerätefront muss auf «off» stehen.

Richtig genial am Model 60n erweist sich die Möglichkeit, auf bis zu 10 Direktwahltasten auf der Fernbedienung persönliche Favoriten zu speichern. So hat man etwa die meistgehörten Radiosender ohne Umweg über die App stets griff-/hörbereit. Die Nutzung ist äusserst einfach: Die Favoritentaste samt entsprechender numerischer Taste auf der Fernbedienung drücken, und schon ertönt der Lieblingssender.

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