darTZeel? Ja: darTZeel ist doch diese Schweizer High-End-Audio-Manufaktur am Genfersee. Das Gesicht meines High-End-Buddys drückt Erstaunen, aber kein Erkennen aus und kann mit dem Markennamen darTZeel auch nach längerem Nachdenken gar nichts anfangen. Ja, so geht’s vielen Schweizer Audiophilen. Und falls es Ihnen auch so geht, dann wird es nun höchste Zeit, Licht ins Dunkel bringen.
Hervé Delétraz, der Gründer und Firmenbesitzer von darTZeel, hat 1984 zum Abschluss seines Ingenieurstudiums bereits seinen ersten Verstärker gebaut. Seither hat ihn das Thema nicht mehr losgelassen. Der Marken-Kunstname «darTZeel» ist übrigens ein «Buchstaben-Salat» – oder eleganter ausgedrückt: ein Anagramm aus dem Gründernamen Delétraz. Obwohl es darTZeel seit vielen Jahren gibt, ist die Marke jedenfalls in der Deutschschweiz kaum ein Begriff geworden, in der Romandie schon eher.
Gegensatz dazu ist darTZeel in Nordamerika und Asien eine richtige Hausnummer: Von einem Geheimtipp zu sprechen, wäre eine riesige Untertreibung. Es geistern auf einschlägigen asiatischen Onlineportalen auch schon mal darTZeel-Fälschungen herum. Ich meine, welch grösseres Kompliment für High-End-Produkte kann es geben, als in Asien kopiert zu werden? Ob das für den Hersteller immer lustig ist, sei dahingestellt.
Ein freundliches Telefonat mit dem Firmengründer vor Fertigstellung dieses Testberichtes gestaltete sich äusserst aufschlussreich. Er und sein Team sind aktuell im Umzugsstress und werden im Januar neue Büroräumlichkeiten beziehen. Sobald es die Zeit erlaubt, wird avguide.ch mit Hervé Delétraz ein Video-Interview führen.
Spannend war auch seine News, dass darTZeel nächstes Jahr neu mit einer Phono-Vorstufe auf den Markt kommen wird.
André Aebischer, der aktive und umtriebige Geschäftsführer von Soundrevolution, vertreibt darTZeel erst seit diesem Jahr in der Schweiz. Aug & Ohr Zürich ist der erste Händler für darTZeel in der Schweiz. Neben darTZeel vertreibt Aebischer die Marken Audionec, Manger, Line Magnetic, Merason, Lavardin, Amphion, Hegel, Esprit Kabel und noch einige mehr. Sein Sortiment hat einen französischen Touch und einige seiner Marken sind zumindest in der Deutschschweiz fast gänzlich unbekannt.
Philosophie und Technologie
Die Philosophie von Firmengründer und Geschäftsführer Hervé Delétraz ist einerseits sehr unkonventionell und andererseits auch geerdet. Einige Beispiele seines schon fast kapriziösen Styles gefällig? Die Bezeichnungen für seine Verstärker sind ziemlich kryptisch. Die Kürzel CTH beim grösseren Vollverstärkermodell bedeuten «Closer To Heaven».
Der getestete LHC 208 bedeutet «Little Heaven Corner». Dieser Slogan begrüsste den Besitzer auch beim Aufstarten auf dem Farb-Display, très jolie! Wie mir Hervé Delétraz augenzwinkernd sagte, ist LHC auch die Abkürzung für den «Large Hadron Collider» vom CERN in Genf, es bleibt also etwas geheimnisvoll. Die Nummer 208 bedeutet 200 Watt an 8 Ohm – das war jetzt aber nicht so schwierig zu erraten.
Anderes Beispiel: Der Lautstärkeregler heisst bei darTZeel «Pleasure Control», was so viel wie Spass-Kontrolle bedeutet. Auch die Farbgebung, das tiefrote Gehäuse und die Gold-anodisierte Aluminiumfrontplatte – sagenhafte 15 mm dick – ist komplett ausserhalb des Üblichen und sorgt für einen hohen Wiedererkennungsgrad. Abgesehen von der Optik seiner Geräte erinnert mich Hervé Delétraz an Nelson Pass, den Mastermind hinter den legendären Verstärkern von Threshold Electronics, die seit den 90er-Jahren unter dem Namen Pass Labs am Markt sind. Wieso ich gerade auf Nelson Pass komme, verrate ich Ihnen später.
Die Verstärker-Technologie von Hervé Delétraz ist denn auch sehr puristisch. Er verwendet so wenig Bauteile im Verstärkerweg wie möglich, die analoge Verstärkerschaltung hat eine Single-Ended-Topologie. Ebenso verzichtet er aus klanglichen Gründen komplett auf eine Gegenkopplung.
Wie die «Instrumente» von darTZeel gefertigt werden, zeigt nachfolgendes Video: