MUSIKREZENSION
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Publikationsdatum
15. Juni 2002
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Was hat der Ochs auf dem Dach zu suchen? Natürlich nichts, aber zumindest durfte er dem Ballett von Darius Milhaud den Titel geben. "Le boeuf sur le toit" ist eine verrückte Sache, die mit Samba und Tango gewürzte Musik zu einem imaginären Chaplin-Stummfilm. Auf jeden Fall bietet sie, in der süffigen Einrichtung für Violine und Orchester, dem steil emporstrebenden französischen Jung-Geiger Renaud Capuçon die Gelegenheit, alle Saiten seiner kostbaren Stradivari-Geige ins Schwingen zu versetzen
Der 25jährige Capuçon, der fast ausschaut wie James Dean, ist der effektsichere Newcomer in seinem Fach. Er kann fast alles, was man auf dem Instrument tun kann – und manchmal noch ein bisschen mehr. Ein Teufelskerl wie einst Paganini, einer, der seine Zuhörer verhext. Und dies selbst, wenn er sich das Gewand des fiedelnden Todes überstülpt – so in der ironischen Danse macabre von Saint-Saëns.
Capuçon, daran zweifelt niemand, kann durchaus auch Seriöses spielen. Hier allerdings hält er es mit vergnüglichen Petitessen aus Frankreich. Diese mögen verführerisch sein wie süsse Bonbons (Massenets "Méditation") oder artig träufeln wie die Habanera-Passagen in den Stücken von Saint-Saëns (Havanaise, Rondo capriccioso) oder tönenden Pfeffer verstreuen wie Ravels "Tzigane". Kurzum, Monsieur Capuçon erweist sich überall, wo leckere Gaumenkost serviert wird, als perfekter Koch.
STECKBRIEF
Albumtitel:
Renaud Capuçon
Komponist:
Milhaud, Saint-Saëns, Ravel, Massenet, Berlioz
Label:
Virgin
Jahr:
2000
Bestellnummer:
5 45482 2
Tonformat:
CD
Medium:
CD
Musikwertung:
9
Klangwertung:
9
Preis:
30
Bezugsquellen