MUSIKREZENSION
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Publikationsdatum
16. Juni 2001
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In den ersten Jahren nach der Roten Revolution durften sowjetische Kunstschaffende durchaus noch ans neue sozialistische System glauben. Identifikation mit dem Kommunismus hiess damals keineswegs Einengung der künstlerischen Mittel.

Der blutjunge Dmitri Schostakowitsch, um 1925 das musikalische Supertalent in Russland, konnte hemmungslos Elemente der (westlichen) Avantgarde mit proletarischen Lobgesängen verquicken. Das tat er in seiner Zweiten ("An den Oktober") und Dritten Sinfonie ("Der 1. Mai"), die nach längeren, kühnen instrumentalen Passagen in ein volkstümliches und ziemlich lärmiges Chorfinale münden. Neeme Järvi hat diese beiden Werke jetzt in seine Schostakowitsch-Serie mit den Göteborger Sinfonikern aufgenommen.

Der erfahrene estnische Dirigent weiss, dass man die grellen, ja parodistischen Abschnitte (mit Sirenen und Sprechchor!) entschlossen zuschleifen darf, ja muss. Masslosigkeit ist angesagt, in jede Richtung. Damit machen diese Stücke, abseits ihrer plakativen politischen Absichten, noch heute durch ihre gestalterischen Frechheiten gehörigen Eindruck. Das gilt übrigens kaum minder für das Ballett "Der Bolzen" (Schauplatz: eine Maschinenfabrik!), aus dem Järvi eine effektvolle Orchestersuite beisteuert.
STECKBRIEF
Albumtitel:
2. + 3. Sinfonie, Der Bolzen
Komponist:
Dmitri Schostakowitsch
Label:
Deutsche Grammophon
Jahr:
2000
Bestellnummer:
469 525
Tonformat:
CD
Medium:
CD
Musikwertung:
7
Klangwertung:
9
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