Just kurz vor dem grossen Kälteeinbruch fand das diesjährige Klangschloss vom 12. Bis 14. April bei wunderbarem Frühlingswetter im malerischen, historischen Kern in Greifensee statt. Dieser Ort ist auch so schon einen Ausflug wert, zumal der direkt daneben gelegene See auch nicht HiFi-affine Besucher anzieht. Für eine HiFi-Ausstellung sicher keine schlechte Wahl, zumal sich so auch Familien oder Paare eingeladen fühlen, die sonst eher nicht an solche Events gingen.
Organisator Markus Thomann durfte im Nachhinein zufrieden konstatieren: «Es war ein toller Event mit vielen begeisterten Rückmeldungen und schliesslich 800 Besuchern.» Wie schon letztes Jahr waren knapp die Hälfte davon Erstbesucher – untrügliches Zeichen dafür, dass es sich keineswegs um einen reinen Insider-Event handelt. Dazu passt, dass auch einige im Vergleich zum Vorjahr neu hinzugekommene Marken und Aussteller in den historischen Räumlichkeiten ihr Angebot vorführten.
Nach wie vor erstaunlich ist, wie unterschiedlich HiFi und High-End interpretiert wird. Nicht nur beim Design und bei der Technik zeigten die ausgestellten Edelkomponenten und Lautsprecher eine enorme Vielfalt; auch punkto Klang und Tonalität gaben die Aussteller ganz eigene Hörszenarien zum Besten. Teils auch bedingt durch die individuelle Akustik der Vorführräumlichkeiten zeigten sich Klangwelten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Und einmal mehr wurde klar, dass es ein einheitliches HiFi-Credo gar nicht geben kann. Genau dies macht ja auch den Reiz einer solchen Ausstellung wie dem Klangschloss aus. Während einige Aussteller sich dem Ideal grösstmöglicher Transparenz und Detailtreue verpflichtet fühlten, stellten andere eher den emotionalen Aspekt des Musikhörens in den Vordergrund. Beides hat seinen Reiz – und natürlich auch sämtliche Szenarien dazwischen.
Ebenso schön zu beobachten war, dass sowohl mit analogen wie mit digitalen Quellen vorgeführt wurde. Wobei hier die Wiedergabe ab Schallplatte punkto Finesse und Feinzeichnung längst nicht mehr hinter dem Niveau von Hi-Res zurücksteht. Was diverse edle Plattendreher mit feinsten Tonarm-/Tonabnehmer-Kombinationen an Klangkultur in die Vorführräume zauberten, musste selbst hartgesottene «Digitalos» beeindrucken. Wobei man konstatieren kann, dass der Fortschritt bezüglich High-Tech bei der analogen Musikwiedergabe absolut beeindruckt. So war am Klangschloss bei AV Spalinger erstmals der Referenz-Plattenspieler Grandioso T1 von Esoteric zu bestaunen. Die Klangqualität der Wiedergabekette, bestehend aus Grandioso, Phono-Vorstufe von Audio Research, Elektronik von Dan D’Agostino und den Lautsprechern Sasha V von Wilson Audio war tatsächlich «State of the Art».
Erfreulich vielfältig war das Angebot an Swiss-made-High-End. Fast in allen Produktkategorien konnte man Komponenten der Topklasse aus einheimischer Fertigung sehen. Selbst im anspruchsvollen Analogbereich war mit dem exklusiven TT-7-Laufwerk und den Tonarmen der TA-Reihe von A. C. Haller Equipment auf Weltklasse-Niveau zu bestaunen. Der Slogan «Swissness at it's best» darf hier zurecht Anwendung finden – genauso wie bei den zahlreichen anderen Schweizer Herstellern.
Boenicke Audio aus Basel zeigte mit den Modellen W8 und W11 absolut faszinierende Lautsprecherkonstruktionen in massiver Holzbauweise, welche die Musik ungemein räumlich und losgelöst im grossen Vorführraum entfalteten.
Digitale Perfektion darf Weiss Engineering mit seinem neuen Referenz-DA-Wandler Helios für sich in Anspruch nehmen. Aber auch die Modelle DAC502-4ch und DAC204 zeigten über die edle Wiedergabekette, bestehend aus Cello-Endstufen und Lautsprechern von YG Acoustics, was die Faszination von HiRes-Musikreproduktion ausmacht.
Einem Problem, das in vielen Hörräumen auftrat – nämlich die durch Raumakustik beeinträchtige Tieftonwiedergabe –, trat PSI Audio mit ihrem neuen Bassabsorber C214 äusserst wirksam entgegen. So durfte der Home-Standlautsprecher Héritage beeindruckende, tiefreichende und saubere Bässe zum Besten geben.
Illusonic stellt die neuste Entwicklungsstufe ihrer einzigartigen Audio-Prozessoren vor, welche das 2-Kanal-Stereo-Signal auf mehrere Lautsprecher hochrechnen. Die Wiedergabe über die formschönen Designlautsprecher von Klangwerk bewies, dass diese Art des Musikhörens die Grenzen der klassischen Stereofonie überwindet und dem natürlichen Konzerterlebnis wesentlich näherkommt.
Ebenfalls swiss made: Die äusserst formschönen Klangskulpturen von Konkret Akustik, die zurecht eine Design-Revolution für Studio- und HiFi-Lautsprecher für sich in Anspruch nehmen und dank hochwertigster Technik auch kritische Ohren glücklich machen können.
Die Schweizer Firma Selmoni Speakers ist bereits seit rund zwei Jahrzehnten im Lautsprecherbau tätig. Am Klangschloss war u. a. die Lumina zu sehen, ein kompromissloser Zweiweg-Standlautsprecher mit beeindruckenden Klangeigenschaften, zeitlos-klassischem Design und vielen technischen Innovationen.
Wattson Audio ist in der Suisse Romande beheimatet. Das Entwicklerteam blickt auf eine über zwanzigjährige Erfahrung als OEM-Hersteller für andere High-End-Audiomarken zurück. Vorgeführt wird die neue Top-Streamer-Vorstufe «Madison Lounge Edition» am Endverstärker von CH Precision und über die Lautsprecher Manger P2. Sowohl bei Wattson Audio als auch bei Manger stehen die Natürlichkeit des Klangs und eine analog flüssig wirkende Wiedergabe an erster Stelle.
Zeiler Audio zeigte nicht nur ihre koaxialen Point-Source-Lautsprecher SP-01, sondern auch die Vor-Endverstärker-Kombination PR-01/PA-01, ebenfalls aus eigener Swiss-made-Fertigung. Klanglich punkteten die grossvolumigen Lautsprecher mit einer besonders emotionalen Wiedergabe, die sich wohltuend von analytischen Lautsprechern unterscheidet.
GrammoFile spannte am Klangschloss mit der Schweizer Firma Steinheim zusammen und führte den neuen, äusserst aufwändig gebauten Standlautsprecher Steinheim Alumine Two Point Five vor. Dies im Zusammenspiel mit neuen Vor-/Endverstärkern von Alluxity. Interessant war auch das zahlreiche Edelzubehör von Chord, Melco und Torus Power.
Bürkli HiFi Klangwelten präsentierte die faszinierenden «Open Baffle»-Lautsprecher von Spatial Europe. Die neue MC Series agiert dank offener Schallwand im Tieftonbereich äusserst luftig und ohne die typischen Kompressionseffekte von Boxengehäusen und transferiert die Musik dank koaxialem Mittel-Hochtöner räumlich präzise in den Hörraum. Ideal angetrieben von den «Swiss-Edition»-Modellen der Cayin-Röhrenverstärker.
Nostalgisch zeigten sich die Klipsch Cornwall IV, die durch Weltklasse-Elektronik von darTZeel richtig flott zum Swingen gebracht wurden. Diese Lautsprecher-Klassiker klingen in der neu überarbeiteten Version topaktuell und zeitgemäss. Und generell üben Hornlautsprecher nach wie vor eine grosse Faszination aus.
Fink Team aus Deutschland und Sacom/Soundtrade führten – zusammen mit Elektronik von AVM und Rotel – die Lautsprecher Borg Episode 2 und Kim vor, die dank A.M.T-Hochtöner fast schon mit der Leichtigkeit von Elektrostaten im Hochtonbereich punkteten. Von Epos war das Topmodell ES14N vertreten. Es zeigte, dass auch das britische Klangideal nach wie vor seine Existenzberechtigung hat.
Timeless Products zeigte die schön designten, kompakten und gut klingenden Geräte von Ruark Audio, Blue Aura, die wohl in jeder Wohnumgebung eine gute Figur machen, sowie die hochwertigen Kopfhörer von und Meze Audio.
Die KOPFHÖR-Küche bildet nach wie vor ein Highlight der Klangschloss-Ausstellung. Wohl nirgendwo sonst hat der interessierte Musikliebhaber die Möglichkeit, so viele Kopfhörer-Topmodelle der führenden Marken Audeze, Fiio, Focal, HiFiMan iFi Audio und Stax direkt zu vergleichen. Allein dies war schon eine Reise nach Greifensee wert.
Im Analog Bistro der AAA fanden Vintage-Fans zu guter Letzt einen absoluten Klassiker der Audio-Geschichte: die «Voice of the Theatre» von Altec – im Hochtonbereich erweitert durch einen (ebenso legendären) Ringradiator von Coral.
Wenn man diesen Lautsprecher hört (HiFi-Fans bot sich die Gelegenheit, dieses Monument mit eigenen Schallplatten auszuprobieren), beginnt man insgeheim am technischen Fortschritt der letzten 60 Jahre zu zweifeln. Die superbe Feindynamik und wunderschöne Klangfarben sowie die Leichtigkeit der musikalischen Ansprache sucht ihresgleichen. Wobei die überraschende Verfärbungsarmut wohl einer modernen Frequenzweiche zu verdanken ist.
Das Klangschloss ist traditionell nicht nur eine Ausstellung, die High-End-Audio vorführt. Integraler Bestandteil ist seit jeher ein ausgefeiltes Rahmenprogramm, das mit den fundierten Fachvorträgen von Lothar Brand zur Geschichte der Pop- und Rockmusik sowie den bereits legendären Landenberg Sessions auch dieses Jahr wieder viele begeisterte Zuhörer anlockte.
Sämtliche Veranstaltungen waren gut bis sehr gut besucht. Und wohl noch faszinierender als die simultane Übertragung der Sessions (zweimal pro Tag) über die ausgestellten High-End-Musikanlagen war die damit verbundene LP-Produktion: Die Sessions wurden von straight2tape (2inch records, Ralph Zünd) direkt und unmittelbar analog auf Band aufgenommen. Davon wird nun eine exklusive (direkt im DMM-Verfahren ab Masterband geschnittene) Doppel-LP hergestellt, die in limitierter Auflage erhältlich ist.
Fazit
Das Klangschloss in Greifensee war auch dieses Jahr wieder absolut eine Reise wert. Man darf Markus Thomann, seinem Team und den enthusiastischen Ausstellern zu einem tollen Event gratulieren. avguide.ch freut sich schon auf das nächste Jahr.
Hinweis: Beachten Sie die Videos zum Klangschloss