Was davon ist Magie?
Mehr Kunstwerk als Lautsprecher: Die Acapella Triolon Excalibur aus Deutschland.
Viel wird erzählt über die Eigenschaften eines Horns. Immer wieder tauchen Begriffe auf wie Dynamik, Wirkungsgrad, Schnelligkeit, mühelose Leichtigkeit. Demgegenüber führen Kritiker horntypische Verfärbungen, Verzerrungen, Härte und wenig räumliche Wiedergabe ins Feld. Das Horn wird gar verglichen mit einer Glocke, welche, einmal angeregt, gerne mit ihrer Resonanzfrequenz weiterklingt.
Dennoch scheint irgendwas dran zu sein an den Argumenten der Enthusiasten. Schliesslich hat das Horn heute wieder deutlich mehr Anhänger als noch vor einigen Jahren.
Und was die Technik?
Studiotauglich: Durch die mühelose Wiedergabe und die Dynamik kann ein Horn einen normalen Lautsprecher klanglich ausstechen.
Mit Hilfe der Hornkonstruktion lässt sich ein kontrolliertes Abstrahlverhalten erreichen. Der Schall wird sowohl in der horizontalen wie in der vertikalen Ebene gebündelt. Diese Richtwirkung ist abhängig von der Hornfunktion, also wie schnell sich die Hornfläche vom Hals (Öffnung beim Lautsprecher) bis zum Mund (Öffnung vorne) vergrössert, sowie von der Mundfläche. Dabei gilt: Je grösser die Mundfläche, desto tiefer die Frequenz, bei der die Bündelung beginnt.
Auch die Empfindlichkeit eines Horns kann wesentlich höher sein als bei direktstrahlenden Lautsprechern. Das heisst, das Horn braucht weniger Verstärkerleistung, um in einem gewissen Abstand den gewünschten Schallpegel zu erzielen. Bei gleicher Belastbarkeit und gleicher Verstärkerleistung kann das Horn also wesentlich lauter spielen. Die Empfindlichkeit eines normalen Heimlautsprechers bewegt sich in der Region von 90 dB/Wm, also 90 dB Schalldruckpegel mit einem Watt Eingangsleitung in einem Meter Abstand gemessen. Hornlautsprecher können hier, je nach Konstruktion, die Marke von 110 dB/Wm erreichen. Für diesen Pegel benötigt der Heimlautsprecher bereits 100 Watt!
Etwas Geschichte
Mehr Möbelstück als Lautsprecher: Eine JBL Paragon gehört heute zu den Sammlerobjekten.
Damit ein Horn allerdings die Empfindlichkeit des Lautsprechers in allen Frequenzen gleichmässig steigert, muss es sehr genau berechnet und konstruiert werden. In die ganze Berechnung mit einbezogen werden die mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Lautsprecherchassis, die Hornlänge, Mundfläche, Halsfläche, Öffnungsfunktion, Druckkammervolumen, rückwärtiges Volumen und sogar die Aufstellung des Horns. Ohne elektronische Hilfsmittel war an eine Vorhersage der Eigenschaften nicht zu denken. Die Entwicklung lief zu einem grossen Teil nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip, welches allerdings sehr aufwändig ist. Entsprechend viele Konstruktionen waren zu hören, welche zwar relativ laut, aber nicht besonders gut klangen. Im Mittel- und Hochtonbereich wurde mangels Alternativen vielfach Metall als Baumaterial für das Horn verwendet. Lag die Resonanz des „Glockenkörpers“ innerhalb des Übertragungsbereiches, so begann diese Glocke tatsächlich munter mitzuschwingen – mit allen denkbaren negativen Auswirkungen auf den Klang.
Der Einfluss des Transistors
Der Dinosaurier unter den Hornlautsprechern: Das Klipschorn.
Eine erwähnenswerte Ausnahme bildet hier die Firma Klipsch des Amerikaners Paul Klipsch, welcher dem Hornkonzept seit jeher treu geblieben ist. Sein bekanntestes Kind ist sicher das Klipschorn, welches er in den 40er Jahren vorgestellt hat und das heute noch mit einigen Änderungen produziert und verkauft wird.
Der Einfluss der Computertechnik
Von Eminence speziell für die Wiedergabe in einem Horn entwickeltes Basschassis.
Was aber passiert, wenn diese modernen Chassis in ein passendes Horn eingebaut werden? Diese Frage hat einige Entwickler soweit gebracht, dass heute Hornkonstruktionen am Computer ähnlich genau simulierbar sind wie Bassreflexboxen. Das umständliche Versuchsprinzip kann also an den Computer verlegt werden, was den Entwicklungsaufwand erheblich verringert und die Erfolgsaussichten stark verbessert.
Eine (kleine) Einschränkung
Der Hornsubwoofer (Kasten in der Mitte) der Acapella Sphaeron erreicht unanständige Dimensionen.
Die Länge sollte ein Viertel der Wellenlänge der untersten Frequenz betragen. Bei 30 Hz sind dies beinahe 2.9 Meter.
Als Faustformel für die Mundfläche gilt, dass die Wellenlänge dem Umfang entsprechen sollte. Das Beispiel von 30 Hz zeigt, dass hier 11.5 Meter verlangt werden, welche eine Fläche von 10.5 Quadratmetern umspannen! Steht das Horn am Boden, so dürfen wir die Fläche halbieren. Weiter zeigt eine Reduktion um bis zu einem Viertel noch vertretbare Einschränkungen in der Wiedergabe.
Ein Horn, welches 30 Hz als untere Grenzfrequenz wiedergeben soll und auf dem Boden steht, muss also 2.9 Meter lang sein und die Mundöffnung sollte 2 auf 2 Meter nicht unterschreiten – viel Vergnügen!
Enorme Möglichkeiten
Deutschland scheint ein Hornland zu sein: Auch die Föön Neom1 werden dort in einem kleinen Betrieb hergestellt.
So hat der Chefentwickler von Servodrive, Tom Danley, in einem Forum für Beschallungstechnik mit den Forumsteilnehmern ein solches Horn entworfen. Die Pläne stehen zur freien Verfügung im Internet, die Chassis können auf dem Markt erworben werden (Link siehe unten). Der Hornmund jedes dieser Teilhörner hat die Dimensionen 60 x 120 cm. Unter Volllast bei 30 Hz verschiebt sich die Luft auf der ganzen Fläche des Hornmundes um mehr als drei Zentimetern in beide Richtungen! Vergleichen Sie die Membranfläche Ihres Lautsprechers und dessen maximale Luftverschiebung mit den genannten Werten....