Wie soll die Normalisierung angewandt werden?
Es fällt auf, dass 1A den Dynamikumfang des Übertragungskanals (der Streaming-Site) gut nutzt und damit eine dynamische, lebendige Musik vermittelt. 1C hingegen bleibt komprimiert, einfach auf die erforderliche Lautstärke (z. B. -14 LUFS) angepasst, so dass sie den Dynamikumfang des Übertragungskanals nicht nutzt. Damit wird offensichtlich, dass eine «unmotivierte» Überkompression kontraproduktiv für die Musikqualität ist. Natürlich gibt es Musik-Genres, die von (starker) Kompression leben, aber dies ist eine Stilfrage und hat mit der angesprochenen Problematik nichts zu tun.
Es fragt sich nun, welche Lautstärke gemessen werden soll. Soll jeder einzelne Song gemessen und in der Lautstärke angepasst werden? Oder soll ein ganzes Album gemessen werden (mittlere Lautstärke über alle Songs)? Oder soll der lauteste Song eines Albums als Referenz genommen werden?
Dazu hat Tidal kürzlich eine Studie von Eelco Grimm und der HKU University of Arts in den Niederlanden verwendet. Die Studie hat 4.2 Millionen Alben des Tidal-Katalogs bezüglich Lautstärke analysiert. Basierend auf dieser Untersuchung wurde eine Empfehlung formuliert, die besagt, dass der lauteste Song eines Albums auf -14 LUFS normiert werden soll. Die übrigen Songs sollen entsprechend mitskaliert werden, so dass die Lautstärkeverhältnisse innerhalb eines Albums erhalten bleiben. Dieser Ansatz dürfte sinnvoll sein, dennoch kann man argumentieren:
- An einer Party möchte man alle Songs, auch die leiseren Balladen, mit etwa derselben Lautstärke hörn, d. h. es wäre gut, die Lautstärken-Normierung auf jeden Song einzeln anzuwenden. Das wäre lösbar mit einem entsprechenden Schalter in der Wiedergabe-Applikation.
- Die Lautstärken-Normierung sollte den Musikstil berücksichtigen. Man erwartet, dass ein AC/DC-Song lauter spielt als das nachfolgende Querflötensolo.
Es bleibt zu hoffen, dass die Einstellmöglichkeiten zur Lautstärken-Normierung mit der Zeit ausgefeilter werden. Aber jedenfalls ist es bereits ein grosser Verdienst, dass der «Lautstärken-Krieg» ad absurdum geführt wurde.