Doch glücklicherweise habe ich dann doch noch im neuen Verordnungsentwurf einige Zeilen weiter gelesen und gemerkt: Es ändert sich gar nichts.
Vorgeschrieben wird lediglich, dass an einer Seite des Kabels ein USB-Stecker sitzt. Bei der anderen Hälfte dürfen die Hersteller ihren gewohnten Wahnsinn friedlich weitertreiben.
Dass ein Dutzend Kabel in meiner Schublade ein verworrenes Dasein fristen, ist dabei nur die halbe Geschichte. Existentiell wird die Frage erst, wenn meine Liebste unschuldig lächelnd mit irgendeinem Elektronikteil vor mir steht und fragt: „Hast du dafür einen Lader?“. Mann fällt dann natürlich sofort in seinen Könner-Kenner-Modus, grinst selbstbewusst und erklärt fahrlässig „Aber natürlich“.
Der Kennerblick versucht zu ergründen, ob das elektronische Spielzeug nun nach Erfüllung mit Mini-, Micro-, Typ-B-, Typ-C- oder gar irgendeiner Apple-Stecker-Variante lechzt. Kurze Wühlerei bringt ein Kabel und den passenden USB-Stromladeklumpen zum Vorschein.
Mein selbstzufriedenes Grinsen hält dann aber leider meist nur bis zur Einsteckphase durch. Der Feststellung „Passt doch“ folgt die Feststellung „Mist! Lädt nicht.“ Die Liebste meint dann nur „Eilt nicht, ich komm später wieder“. Was bei mir aber immer irgendwie als „Tss, Männer und Technik“ ankommt.
Ein Stecker ist keine Verbindung
Inzwischen bin ich Fachmann für durch Ladefragen entstehende logische Paradoxe.
Regel 1: Nur weil ein Kabel passt, heisst es noch lange nicht, dass es funktioniert. So verweigert beispielsweise die Sony-Kamera der Liebsten stur das Laden mit jedem fremden Micro-USB-Kabel. Nur das mitgelieferte passt und lädt.
Regel 2: Nur weil es mal funktioniert hat, muss es nicht wieder funktionieren. In meiner Kabel-Sammlung befinden sich unzählige Versionen für Apple-Geräte. Darunter auch clevere Multikabel, die sich sowohl an die alten riesigen iPhone-Dosen als auch an die schnuckeligen Varianten der neuen iGeräte stöpseln lassen. Das funktionierte jahrelang perfekt. Bis Apple entschied, per Software in den Geräten zu prüfen, ob der Kabelhersteller auch einige Rappen für Lizenzkosten abgedrückt hat. Die Folge war, dass iGeräte nach einem Software-Update plötzlich nicht mehr an bisher funktionierenden Kabeln laden. Ich werde den Gesichtsausdruck meiner Liebsten inmitten des burmesischen Dschungels nie vergessen, als ich ihr erklären musste, warum mein bewährtes Multi-Ladekabel im Reisegepäck nun ihr iPhone plötzlich nicht mehr laden kann.
Regel 3: Nur weil es funktioniert, heisst es noch lange nicht, dass es lädt. USB-Ladekabel passen an jedes USB-Ladegerät. Stöpselt man Lader, Kabel und Gerät zusammen, plingt und blinkt es meist auch sofort. Aber nur ein Sperberblick auf Bildschirmsymbole offenbart, dass ein Gerät zwar am Lader nuckelt, aber zu wenig Saft kriegt, um auch wirklich zu laden. Die Lösung hinter diesem Paradoxon ist, dass fette moderne Mobilgeräte bis zu 2 Ampère Ladestrom saufen. Liefert das Netzteil nur 0,5 Ampère, üben sie sich nicht in Geduld, sondern laden einfach gar nicht. Der Leser ahnt es: Jawoll, jeder Hersteller hat eigene Tricks, um die maximale Ladeleistung abzufragen. Ein 2-Ampère-Lader von Samsung lädt also nicht unbedingt einen 2-Ampère-Sauger von Apple. Letzerer merkt schlimmstenfalls nämlich nicht, dass das Netzteil genügend Saft liefert.
Regel 4: Meine Liebste hat immer noch eine Frage: Nach spätestens drei Flüchen findet Techno-Mann eine passende Kombination, die auch wirklich lädt. Befindet sich im Lade-Kombi aber ein billiger Universallader, stehen nach 10 Minuten wieder zwei liebevolle Augen im Büro und fragen: „Warum fiept das so komisch?“. Die Antwort ist ein zwar fettes, aber fiepfreies Netzteil.
Zwei Tage später folgt dann die Frage: “Warum ist das Ladeteil so warm, obwohl mein Handy schon voll ist?“. Ich referiere dann eine Stunde über das Zero-Waste-Charger-Konzept, das Nokia vor fast 10 Jahren erfunden hat. Ist der Akku voll, schaltet sich der Lader aus. Schade nur, dass das Konzept auch mit Nokia verschwunden ist. Mein Referat löst zwar nicht das Problem, vertreibt wenigstens Frau aus dem Büro.
Regel 5: Es gibt in jeder Beziehung eine Killer-Frage. Bei uns lautet die ganz einfach: „Schatz, hast du das Kabel auch in einer anderen Farbe?“
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