50 Europäische Fachzeitschriften aus 22 Europäischen Ländern sind eine ganze Menge. Unterteilt man diese in die sieben Award-Bereiche bzw. Expertengruppen, dann sieht es bescheidener aus. Der Bereich HiFi-Awards, auf den ich mich fokussiere, besteht aus 15 Fachmagazinen. Es sind nahmhafte darunter, aber es fehlen auch nahmhafte. Reine Online Fachmedien sind überhaupt nicht vertreten, obwohl sie genau so über Redaktionen und Fachkompetenz verfügen und dazu im Trend liegen.
Die Expertengruppen wählen ihre alljährlichen Gewinner. Die Vorgehensweise, die der Wahl zugrunde liegt, ist nicht transparent, was eine Systematik nicht ausschliesst. Die Kandidaten werden von den 15 Fachmagazinen vorgeschlagen. Das sind 15 Shortlists, die von den jeweiligen Chefredaktoren nach Erstellung freigegeben werden. Die Award-Kandidaten werden aus Produktetests der Fachzeitschriften ermittelt. So weit so gut.
Resultat dieser Triage waren in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 154 Awards, allein im Bereich HiFi. Das sind im Schnitt ca. 15 Awards pro Jahr, im Miniumum 10 (2015/16) und im Maximum 19 (2009/10). Berücksichtigt man die sechs weiteren Bereiche, so ergibt sich eine wahre Flut von Awards.
Problematische Systematik
Die Produkte und Hersteller, die es bei den 15 Fachzeitschriften auf die Shortlists schaffen, werden durch Tests ermittelt. Dabei spielt die Aktualität eine eintscheidende Rolle. Es werden grösstenteils neue Produkte getestet, wodurch die ermittelte Basis der EISA-Awards vorwiegend aus HiFi-Komponenten neusten Datums besteht.
Dabei ist die Qualität z.B. eines passiven Lautsprechers oder eines Plattenspielers nicht davon abhängig, wann das Produkt lanciert wurde. Langlebige HiFi-Geräte und solche, die nicht per se mit technologischer Innovation punkten, sondern mit Klangkultur, sind im Nachteil. Sie werden nicht jedes Jahr neu entwickelt und viele Geräte werden gar nicht oder selten getestet.
Das System bevorzugt Hersteller, die mit schnelllebiger Modellpflege oder Innovation von sich reden machen. Hersteller, welche beständige HiFi-Komponenten entwickeln und diese nicht alle zwei Jahre schon wieder überarbeiten, sind im Nachteil. In diese Kategorie fallen kleinere HiFi-Manufakturen.
Immerhin berücksichtigen die EISA innovative Produkte, von denen es im Zuge der Digitalisierung der Musikwiedergabe in den vergangenen zehn Jahren viele gegeben hat. Das ist aber nur ein Teil des Ganzen, weil Klangqualität nicht allein von innovativer Digitaltechnik abhängt.
Fachzeitschriften wie die Deutsche LP (Analog-HiFi) und ganz generell solche, die sich stärker mit High End befassen, sind untervertreten. Dadurch fehlen spezialisierte Titel, die den Markt besser durchleuchten könnten. Diese Shortlists wären gewiss sehr interessant.
Wie dann die Ausmarchung der Expertengruppe abläuft, ist nicht transparent, aber mit Gewissheit zeitlich begrenzt. Ob man da noch in die Tiefe geht oder einfach abstimmt? Man kann nicht mehr als spekulieren.
Ergebnisse sprechen Bände
Spitzenreiter der letzten zehn Jahre ist Bowers & Wilkins mit insgesamt 11 Awards, trotz eines relativ schmalen aber tiefen Sortiments, welches primär passive Lautsprecher abdeckt. Als einziger Hersteller hat B&W in jedem Jahr einen Award gewonnen, 2011/12 sogar zwei. B&W gehört zu den Innovativen in diesem Segment, und das bringt hier klare Vorteile. Die Anzahl und Regelmässigkeit erstaunt trotzdem.
In demselben Segment können Dali und KEF mit 5 Awards noch knapp mithalten. Dann kommen Focal und JBL mit zwei Awards und alle andern Lautsprecherhersteller folgen abgeschlagen mit jeweils einem Award, oder sie gingen ganz leer aus. Viele grosse und kleine aber grossartige Lautsprecher-Spezialisten sucht man vergeblich in der Auswertung, die dem Bericht zugrunde liegt. Wenn man Innovation als Maxime sähe, dann vermisste ich z.B. Cabasse.
Bei den Plattenspielern konnten nur gerade Pro-Ject mit fünf Awards punkten und Thorens mit einem einzigen. Wo ist nur Rega mit ihren grossartigen und zudem auch erschwinglichen Plattenspielern? Im stark fragmentierten Plattenspieler-Thema mit vielen Anbietern mutet es seltsam an, wenn man fast auschliesslich den Markführer kürt.
Dann kommen zahlreiche grosse Marken, die in mehreren Kategorien mitmachen können und deshalb auch mehrere HiFi-Awards einheimsten. LG mit 10, Philips/Pioneer/Samsung mit 8, Sony mit 7, Marantz mit 6, Denon/Panasonic und Yamaha mit 5, Harmann Kardon und JVC mit 4 und Cambridge mit 3 Awards.
Grosse Konzerne sind bei EISA klar im Vorteil. Sie sind in mehreren Produktkategorien vertreten und bringen jährlich mit hohem Werbeaufwand neue Modelle auf den Markt. Genau das wird von der EISA honoriert. Ebenso steht Innovation im Vordergrund. Mit hoher Klangqualität allein scheint man als Hersteller kaum Chancen zu haben.