TESTBERICHT
Nikon Coolpix P7100Nikon Coolpix P7100

Sie ist das Topmodell unter den Kompaktkameras von Nikon und richtet sich mit vielen Bedienelementen, manueller Belichtungseinstellung, RAW-Format, einem optischen Sucher, einem grossen Funktionsumfang sowie der Erweiterbarkeit (Zubehörschuh für Blitzgeräte und Mikrofon, optionale Weitwinkelvorsatzlinse) an versierte Fotografen, die sich nicht mit einer D-SLR belasten wollen, die aber viele Einstellungen selbst vornehmen können wollen. Das P im Modellname steht übrigens für Performance und soll auf eine hohe Leistungsfähigkeit hinweisen.

Durch immer günstigere Spiegelreflexkameras ist diese Kameraklasse zeitweise etwas aus der Mode gekommen und von Nikon – wie auch von anderen Herstellern – vernachlässigt worden. Doch seit rund drei Jahren erlebt diese Kameraklasse eine Renaissance.

Im September 2011 vorgestellt, ist die Nikon Colpix P7100 das Nachfolgemodell der letztjährigen P7000 sowie jüngster Spross einer Ahnenreihe mehrerer top Kompaktmodelle mit Profiambitionen.

Als Edelkompakte steht die Coolpix P7100 in Konkurrenz zu Modellen wie der Canon PowerShot G12 oder der Fujifilm FinePix X10. Durch ihren für Kompaktkameras eher hohen Preis (UVP 638 Franken, Strassenpreis 450 bis 550 Franken) steht sie  zudem günstigen Spiegelreflexkameras (D-SLRs) aber auch gegen die kompakten spiegellosen Systemkameras (kurz CSC genannt), wie den Modellen der neuen Nikon 1-Serie, gegenüber.

Kamera-Update - P7100 als Nachfolgerin der P7000

Die P7100 besitzt gegenüber dem Vorgängermodell P7000 einen neigbaren LCD und auf der Vorderseite ein zweites Einstellrad für den Mittelfinger.Die P7100 besitzt gegenüber dem Vorgängermodell P7000 einen neigbaren LCD und auf der Vorderseite ein zweites Einstellrad für den Mittelfinger.

Die P7100 zeichnet sich gegenüber ihrer Vorgängerin – der erwähnten P7000 vom Herbst 2010 – durch den neigbaren LCD sowie ein zusätzliches Einstellrad an der Vorderseite aus. Darüber hinaus gab es kleine Detailverbesserungen bei der Performance, neue Effekte und ein AE-Lock (Belichtungseinstellung fixieren) für den Filmmodus.

Vor allem der  feste LCD wurde an der P7000 im Vergleich zum Konkurrenzmodell von Canon, der PowerShot G12 von 2010, bemängelt. Bei der G12, die dieses Jahr nicht durch eine Nachfolgemodell ersetzt wurde, kann der Bildschirm seitlich ausgeklappt und gedreht werden. Mit ausgeklapptem LCD und Bildschirmseite in Aufnahmerichtung sind kontrollierte Selbstporträts (z.B. für Erinnerungsbildchen vor Sehenswürdigeiten oder Foto-/Videoblogs) möglich. Hilfreich: bei Nichtgebrauch kann der Bildschirm auch mit der Monitorseite zur Kamera eingeklappt und so vor Schmutz und Kratzern geschützt werden. Schade, dass Nikon dem LCD ihrer P7100 nicht diese volle Beweglichkeit verpasst hat.

Enttäuschend ist auch, dass die neue Kamera weiterhin nur mit 720/24p und nicht auch in Full HD 1080p und mehreren wählbaren Bildraten filmen kann, wie es heute eigentlich für ein Topmodell üblich ist. Schade auch, dass die P7100 keinen GPS-Empfänger zum Aufzeichnung des Aufnahmeorts (Geo-Tagging) besitzt. Dies bot nämlich die P6000 von 2008 bereits und ist auch im  wasserdichten Allwettermodell AW100 integriert, das übrigens in 1080p filmt. So gesehen ist die P7100 also eher ein moderates, um nicht zu sagen ein halbherziges Update der P7000.

Umfassende Ausstattung

Ansonsten bietet die Coolpix einen reichhaltigen Funktionsumfang mit vielen manuellen Einstell- und Konfigurationsmöglichkeiten. Als eine der wenige Kompaktkameras ist sie mit einem optischen Durchsichtsucher ausgestattet. Die Kamera verfügt über einen 10.1-Megapixel-CCD und schiesst neben Fotos im JPEG- und RAW-Format auch Videos im kleinen HD-Format 720p mit 24 Bildern pro Sekunde. Aus technischen und zolltechnischen Gründen ist die maximale Aufzeichnung auf 20 Minuten pro Clip beschränkt. Die Videoaufnahmen werden zeitgemäss als H-264 kodiert und in einem MOV-Dateicontainer gespeichert.

Gespeichert wird auf SD-Karten, wobei auch SDHC und SDXC sowie UHS-1 (Ultra Hispeed Class 1) unterstützt werden. Das Kartenfach ist zusammen mit dem Lithium-Ionen-Akku über einen Deckel im Kameraboden zugänglich. Der Akku soll gemäss CIPA-Standard für 330 Fotos oder total 120 Minuten Videoaufnahmen reichen.

Blick auf die oberen Bedienelemente: Ganz rechts die EV-Korrektur, umgeben von Ein/Aus-Schalter, Auslöser mit Zoomtaste, Funktionstaste (Fn2).
Dominiert wird die Oberseite von Betriebsartenrad, dem Zubehörschuh und einem Rad zum Einstellen diverser Werte.Blick auf die oberen Bedienelemente: Ganz rechts die EV-Korrektur, umgeben von Ein/Aus-Schalter, Auslöser mit Zoomtaste, Funktionstaste (Fn2). Dominiert wird die Oberseite von Betriebsartenrad, dem Zubehörschuh und einem Rad zum Einstellen diverser Werte.

Die Kamera verfügt über einen Blitz, der erst auf manuellen Tastendruck etwa acht Millimeter heraus springt. Manch einen stört dies, der Autor dagegen bevorzugt dies, da so versehentliche Blitzauslösungen besser vermieden werden können. Zusätzlich verfügt die P7100 über einen Zubehörschuh gemäss ISO-Norm, wo leistungsstärkere und damit weiter reichende Blitzgeräte (z.B. der neue SB-910) und anderes Zubehör (z.B. Mikrofon) befestigt werden können.

Das 7,1fache Zoom entspricht einer 28-200 mm-Kleinbildbrennweite, deckt also vom 28er-Weitwinkel bis zum starken Tele einen grossen Brennweitenbereich ab, was die Kamera sehr vielseitig macht. Das Zoom wird motorisch gesteuert (zwei praktische Geschwindigkeitsstufen) und ist auch beim Filmen nutzbar.

Der Minimalabstand liegt bei 2 Zentimetern, allerdings nur in Weitwinkelstellung, wodurch Objekte tonnenförmig ("bauchig") abgebildet werden.

Die Lichtstärke beträgt 1:2.8/5.6 (WW/Tele) und die kleinste einstellbare Blende ist 1:8.0, wie dies bei Kompaktameras mit kleinen Sensoren üblich ist, da darüber physikalisch bedingt die Abbildungsschärfe leidet (Beugungs-bedingte Unschärfe).

Die Kamera bietet eine Grundempfindlichkeit von ISO 100, was in ganzen Schritten bis 6400 als Hi-Einstellung genutzt werden kann. Als spezielles Motivprogramm gibt es noch einen Kerzenlichtmodus mit ISO 12'800, jedoch in reduzierter Auflösung. Alternativ kann man die ISO-Werte auch automatisch anpassen lassen. Es gibt zwei Automatikeinstellungen, die den ISO-Bereich auf maximal 200 oder 400 beschränken.

Bei zu viel Licht oder wenn längere Belichtungszeiten (z.B. für Bewegungsunschärfen) gewünscht sind, lässt sich per Menü ein Graufilter (ND = Neutral Density) zuschalten.

Die längste - nur manuell einstellbare - Verschlusszeit liegt bei 60 Sekunden, die kürzeste bei 1/4000 s. Die Kamera bietet, über ein Betriebsartenrad wählbar, die üblichen Belichtungs- (P, A, S, Vollautomatik "Auto") und Motivprogramme sowie je einen Effekt-, Nacht- und Filmmodus. Unter den drei User-Positionen (U1,U2, U3) lassen sich umfassende eigene Aufnahmemodi konfigurieren, speichern und bei Bedarf rasch abrufen.

Für Videoaufnahmen muss der Modus "Film" eingestellt sein. Ein separater Videoauslöser, der sofort und in jedem Modus Videoaufnahmen ermöglicht, fehlt leider. Schade ist überhaupt , dass keine manuellen Belichtungseinstellungen für Videoaufnahmen zur Verfügung stehen –  wie sich dies eigentlich und erst recht in einer Topkamera gehört.

Bedienung und Handhabung

Für eine Kompaktkamera ist die P7100 recht gross und auch nicht leicht, was aber für die Bedienung nicht von Nachteil ist und nur beim Transportieren. Ihr Objektiv ist in ausgeschaltenem Zustand komplett eingefahren, wodurch sich die Coolpix gut verstauen lässt. Allerdings benötigt das Ausfahren des Objektiv beim Kaltstart einen Augenblick (ca 1s).

Die Kamera ist hinten und oben geradezu übersäht mit Rädern und Tasten. Zu beinahe jeder Taste gibt es eine Erhebung, so dass die Rückseite wie die Miniatur einer Buckelpiste wirkt. Für guten Halt sorgen auf der Rückseite eine gummierte Stütze für den Daumen sowie vorne ebenfalls eine kleine gummierte Griffleiste..

Insgesamt findet man sechs Räder für Einstellungen: oben drei Wählräder, hinten unten und oben zwei Einstellräder für den Daumen und vorne ein weiteres Einstellrad. Das ist rekordverdächtig und für manchen vielleicht verwirrend.

Die Rückseite der P7100 beherbergt viele Bedienelemente. Rechts unten sind das 4-Wege-Rad mit zentraler OK-Taste und oben rechts das Daumeneinstellrad zu sehen. In der Mitte über dem LCD befinden sich das Sucherokular und links davon das Dioptrienrad.Die Rückseite der P7100 beherbergt viele Bedienelemente. Rechts unten sind das 4-Wege-Rad mit zentraler OK-Taste und oben rechts das Daumeneinstellrad zu sehen. In der Mitte über dem LCD befinden sich das Sucherokular und links davon das Dioptrienrad.

Auf der Vorderseite, gut für den Zeigefinger oder den Mittelfinger erreichbar, befindet sich das Einstellrad für Blende etc. Ganz unten und etwas verloren und wohl für den Ringfinger gedacht, ist die konfigurierbare Funktionstaste "Fn1" platziert.

Auf der Oberseite befinden sich die On/OFF-Taste und der Auslöser mit Zoomtaste sowie die zweite Funktionstaste. Ein separater Videoauslöser fehlt. Videoaufnahmen sind leider nur möglich, wenn sich das Betriebsartenrad in der entsprechenden Position befinden. Auf dem Betriebsartenrad werden die erwähnten Belichtungsprogramme gewählt und es stehen drei Positionen für User-Modi (U1, U2, U3) zur Verfügung. Damit lässt sich schnell die gewünschte Betriebsart wählen. Nur bei den Modi "EFFECTS" und "SCENE"-Modi muss man den gewünschten Effekt oder das gewünschte Motivprogramm dann noch etwas umständlich über das Menü am Bildschirm bestimmen. Einige der Effekte lassen sich zusätzlich variieren.

Sehr praktisch platziert ist die EV-Korrekturrad beim Auslöser. Hier wird direkt und nicht über ein Menü der gewünschte Wert bestimmt. Hier sind Korrekturwerte von -3 bis + 3 in Drittelstufen möglich, wogegen andere Kameras (z.B. Canon G-Serie) sich auf zwei Werte beschränken.

So ein Rad wäre auch zum direkten Einstellen von ISO-Werten (wie bei der Canon G11) wünschenswert. Die ISO-Werte werden stattdessen übers Wählrad oben links eingestellt. Diese Rad wird ebenfalls zum Einstellen der Bildqualität (Auflösung, Bildgrösse, JPEG/RAW), Weissabgleich, Bildstil, dem benutzerdefinierten Menü, Bilderreihen (Belichtungs- und Weissabgleich-Variationen) verwendet. Für Einstellungsänderungen muss dieses Rad erst auf die gewünschte Position gestellt werden, dann lässt sich mittels Tastendruck auf die Radmitte ein Menü anzuzeigen, in dem per Menü-Navigation, Daumenrad oder auch per Vierwege-Rad die gewünschte Einstellung gewählt wird. Dies geht mit Übung zwar schnell, ist aber zu umständlich. Hier scheinen die Nikon-Ingenieure den Wunsch der Kunden missverstanden zu haben. Es geht nicht darum, möglichst viele Rädchen zu bieten, sondern um auf häufig benötigte Funktionen aussen an der Kamera zu zu greifen, ohne Zeit für einen Blick auf den LCD zu verschwenden.

Etwas unglücklich ist das Stativgewinde aus Metall platziert. Es befindet sich neben der optischen Achse und unmittelbar am Deckel des Akku-Kartenfaches, so dass selbst die kleinste Schnellwechselplatte entfernt werden muss, weil sie das Öffnen verhindert. Bei einer simplen Knisperkamera wäre dies zu verschmerzen, doch weniger bei einem Werkzeug für versierte Digitalfotografen.

Performance und Bildqualität

Frontalansicht: In ausgeschaltetem Zusatand wird das Zoomobjektiv komplett eingefahren.Frontalansicht: In ausgeschaltetem Zusatand wird das Zoomobjektiv komplett eingefahren.

Wie es sich für ein Topmodell gehört, funktioniert die Kamera schnell und präzise. Die Einschaltzeit ist zwar wegen des ausfahrenden Objektivs etwas lang, die eigentliche Auslöseverzögerung dagegen sehr gering und die automatische Scharfstellung für eine Kompaktkamera schnell. Nur im starken Telebereich hadert der Autofokus etwas. Nervtötend ist die gerade bei Fotos im RAW-Format längere Blockierung der Kamera durch das Speichern. So etwas sollte heute und in dieser Klasse nicht mehr sein. Auch die Serienbildfunktion ist etwas gar bedächtig. Hinsichtlich Speichertempo und Serienbildfunktion bietet die kompakte Systemkamera Nikon V1 wesentlich mehr Speed und damit mehr Spielraum für Schnappschüsse.

Die Bilder der Coolpix P7100 sind scharf und erreichen ihre optimale Schärfe um Blende 1:4.0. Darüber und auch zum Rand hin nimmt die Schärfe leicht ab. Das Objektiv verzeichnet Bilder im Weitwinkelbereich stark tonnenförmig und im Telebereich eine Spur kissenförmig. Im Menü lässt sich die Verzeichnung – wie heute üblich – mit Aktivierung der entsprechenden Einstellung automatisch korrigieren bzw. bei der kamerainternen Bildaufbereitung rechnerisch beheben.

Die Bildqualität ist für eine Kompaktkamera gut bis sehr gut. Die Bilder sind Nikon-typisch nicht extrem knackig (Schärfe, Kontrast), was sich aber in den Bildeinstellungen allenfalls ändern lässt. Die beste Bildqualität erreicht die Kamera typischerweise bei niedrigen ISO-Werten. Die Qualität nimmt durch Rauschen und Gegenmassnahmen mit zunehmenden ISO-Werten ab. Gut sind die Bilder noch bei iSO 400. Bis ISO 1600 ist die Bildqualität noch ordentlich und die Aufnahmen sind für Alltagsanwendungen gut zu gebrauchen. Höhere ISO-Werte sollte man jedoch vermeiden.

FaZitt

Kompakte Konkurrenz: Die Nikon 1 V1 ist als Vertreterin der kompakten spiegellosen Systemkameras im Vergleich zur Kompaktkamera Coolpix P7100 etwas kleiner. Mit montiertem Objektiv ist die V1 sperriger, während die P7100 ihr Objetiv einziehen kann.Kompakte Konkurrenz: Die Nikon 1 V1 ist als Vertreterin der kompakten spiegellosen Systemkameras im Vergleich zur Kompaktkamera Coolpix P7100 etwas kleiner. Mit montiertem Objektiv ist die V1 sperriger, während die P7100 ihr Objetiv einziehen kann.

Die Nikon Coolpix P7100 hält ihr Versprechen und liefert eine gelungene Performance mit Fotos in einer für Kompaktkameras sehr guten Bildqualität. Sie bietet zudem ein hohes Mass an Anpassbarkeit an persönliche Bedürfnisse. Ausstattung, Funktionsumfang und Bedienbarkeit (Beidenelemente) sind gelungen, wobei die Kamera durchaus noch viel Verbesserungspotential (z.B. bei Video, besserer optischer Sucher, voll beweglicher LCD) hätte, denn Nikon hat die Kamera konservativ ausgestattet.

Sie ist für versierte Digitalfotografen und für viele Motive und Anwendungen zu empfehlen, jedoch weniger für Videoaufnahmen, Schnappschüsse und Aufnahmen bei wenig Licht.

Sie ist auch als Zweitkamera eine gute Ergänzung zu einer Spiegelreflexausrüstung, wenn diese zu schwer und zu voluminös für die Aufnahmesituation ist oder mehr Schärfentiefe benötigt wird.