Nach fast einem Jahr betrat ich erneut die Produktionsstätte von JB swiss und traf mich mit Bruno Jeker und Roger Döös in einem Klima auffälliger Geschäftigkeit. Es lag eine verheissungsvolle Spannung in der Luft und die Lautsprecher-Manufaktur im luzernischen Reiden wirkte für einmal etwas weniger aufgeräumt und ziemlich beschäftigt. Nicht falsch verstehen: Man kann dort auf dem Boden essen. Zu spüren war die Energie eines aufstrebenden jungen Unternehmens, beflügelt in einer erfolgreichen Startphase. Dabei kam die Pandemie für JB Swiss exakt im schlechtesten Zeitpunkt und musste mit Entschlossenheit und Kalkül überwunden werden. Dazu gehören zwei wichtige Erkenntnisse, die zu den folgenden Entscheidungen führten:
Direktverkauf: Die Marke JB swiss verfügt trotz langer Vorgeschichte mit zahlreichen Meilensteinen nicht über den Nimbus, den eine High-End-Marke braucht, um vom konservativen heimischen Fachhandel als sicherer Wert mit Erfolgspotenzial und geringem Risiko eingestuft zu werden. Das Interesse des Fachhandels war demnach «unterwältigend» und JB swiss entschied kurzerhand, seine Lautsprecher in Kombination mit ergänzenden Komponenten ausschliesslich direkt ab Werk und Showroom an die Schweizer Kunden zu verkaufen. Die Handelsmarge im Wiederverkauf wird grosszügig an die Kunden weitergegeben. Je nach Modell führte das zu einer mehr oder minder massiven Preisreduktion.
Für den Export gibt es eine Netto-Export-Preisliste. Die Distributoren im Ausland sind in ihrer Preisbildung dann frei. Das ist in der technischen Industrie üblich, meinte Roger Döös unaufgeregt.
Topservice: Die Produkte werden den Interessenten und Kunden im Showroom (besser: Demo-Raum) in Reiden vorgeführt. Die Akustik ist nicht perfekt, aber dafür realistisch. Heimvorführungen gehören zum ergänzenden Service-Angebot und die Installation und Raumoptimierung der gekauften Systeme sowieso. Die Einrichtung und Inbetriebnahme von Musikserver-Lösungen gehören auch noch dazu – und zwar ohne Zusatzkosten. Die Expertise von JB swiss ist hoch und die Kundenzufriedenheit steht im Vordergrund.
Der Erfolg scheint nicht auf sich warten zu lassen und die Zeit wurde reif, sich dem eigentlichen Flaggschiff- oder Referenzlautsprecher zuzuwenden: Die Concerto MKII von JB swiss wurde, von der Vorversion ausgehend, grundlegend überarbeitet. Das System besteht aus zwei Standlautsprechern, einem schneckenförmigen, passiven Subwoofer und einer passenden Endstufe zu dessen Antrieb.
Präzision eines Tieftonsystems
Gerade der Subwoofer fällt auf den ersten Blick am meisten auf, nicht bloss wegen der leuchtenden orangen Farbgebung (das System ist in jeder Wunschfarbe ohne Aufpreis lieferbar), sondern wegen der Funktion im Schneckengehäuse. Das Guss-Gehäuse ist geschlossen und verfügt über eine definierte Anzahl Kammern. Sie haben die Aufgabe, die sich nach hinten in das Gehäuse ausbreitenden Schallwellen zu brechen und zu dämpfen. Das führt im Vergleich zu konventionellen, kubischen Subwoofern zu deutlich verringerten Verzerrungen. Das ist wichtig, weil die unterstützende Präzision eines Tieftonsystems den Gesamtklang erheblich beeinflusst (Zitat: Bruno Jeker). Die gefürchtete Maskierung von Tiefton-Verzerrungen im Mitteltonbereich bleibt zum Beispiel aus. Darüber hinaus sieht die Tiefton-Schnecke sehr gut aus. Für eine Endstufe hat es in der Schnecke aber nicht genügend Platz. Sie wurde deshalb in ein separates Gehäuse ausgelagert.
Nur das Beste für die Klangbühne
Auch die beiden Standlautsprecher sind akustisch geschlossene Systeme. Das organisch geformte Gehäuse – ebenfalls aus einer Gussform gezogen – besteht aus mehreren Materialien, deren unterschiedliche physikalisch-akustischen Eigenschaften bewirken, dass dort nichts schwingt, ausser die Membranen. Die Auslagerung des Subwoofers wurde konzeptionell dazu genutzt, die Standlautsprecher für ihre Aufgabe zu optimieren – nicht wie bei vielen Standlautsprechern, denen der Subwoofer als blosse Ergänzung beigestellt wird.
Die Schallwand ist mit insgesamt sechs Treibern bestückt und vom Boden bis an die Spitze gekrümmt. Der Hersteller nennt es ein Bogengehäuse. Die maximale Höhe beträgt 130 cm und das Gewicht 45 kg, ähnlich wie der Subwoofer, der knapp 50 kg auf die Waage bringt.
Die beiden Dipole – AMTs (Air Motion Transformer) unterschiedlicher Grösse – arbeiten parallel, sind auf der Rückseite aber unterschiedlich bedämpft, um den Schallaustritt zur Seite und nach hinten exakt zu bestimmen. Die Beryllium-Kalotte funktioniert als Ambient-Treiber. Der dynamische Mitteltontreiber übernimmt die Regie in einem Bereich des Mitteltons. Dazu gesellen sich die beiden Tief/Mitteltontreiber im unteren Bereich des Spektrums. Die Schallwandler sind von höchster Güte. JB swiss gibt als minimale Impedanz tiefe 2.8 Ohm an. Das dürfte die Verstärker aber kaum wirklich herausfordern, weil das Impedanz-Minimum nur im Hochtonbereich auftritt.
Der aussergewöhnliche konstruktive Aufwand dient dem grossen Ziel des Herstellers, mit einer unvergleichlich guten Klangbühne in einem Wohnraum eine Konzertsaal-Atmosphäre zu schaffen, die mit nichts zu vergleichen ist ...