Verstärker? Nur nicht übertreiben!
Es hat sich bei High-End-Audio, oder besser High-Performance-Audio leider eingebürgert, dass der «grosse Lautsprecher» als wahrhafter Kostentreiber agiert, wenn es denn um die optimale Verstärkung geht. Nicht, dass dem wirklich so wäre, aber man wird geflissentlich dazu «motipuliert», sich mit teurem Verstärker-Geschütz einzudecken. Bei der Concerto MKII kann man getrost aufatmen. Zum einen wird dank des aktiven Subwoofers ca. 70 % der Leistung ohnehin von der Subwoofer-Endstufe geliefert und für den Rest reichen hochwertige, klanglich einwandfreie Verstärker von 2 x 50 Watt.
Im Testbetrieb waren zwar zwei hervorragende Hybrid-Mono-Endstufen von Vincent im Einsatz, aber hervorragend ist bei diesem Hersteller eben nicht gleichbedeutend wie extrem teuer.
Ein befreiendes Musikerlebnis
Die Integration des Subwoofers ist grundsätzlich ein heikles Thema und in der Vorführung perfekt gelungen. Es soll auch bei den Kunden kein Problem sein, sie gehört zum Service. Der Tieftonbereich wirkte auf mich perfekt ausbalanciert und der Subwoofer war nicht als Schallquelle erkennbar, auch nicht, wenn ich mich vom Hörplatz wegbewegte. Raummoden waren ebenfalls keine zu beklagen, was gewiss auch mit dem Raum zu tun hat. Der Subwoofer der Concerto MKII agiert sehr kontrolliert, linear und auch entsprechend schnell.
Wenn ich das gesamte Klangspektrum unabhängig von der emotionalen Wirkung gesondert beurteile, dann überzeugt mich der gesamte Hoch/Mitteltonbereich bei der Stimmwiedergabe mit seiner völlig befreiten und präzisen Anmutung – und das absolut unaufdringlich. Die heute oft zelebrierten Hochton-Orgien, die bewusst herbeigeführt, dann mit hoher «Auflösung» beschrieben und beklatscht werden, sind aus meiner Sicht eine Verzerrung der Wirklichkeit. Bei der Concerto MKII stimmen Mass und Stil der Darbietung. Es gibt nichts, was man nicht hören würde – und von allem auch nie zu viel des Guten.
Das führt dann zu Eindrücken wie im Song «Run Your Fingers Through Your Hair» von The Blues Company (Album: «Invitation to the Blues»). Die Stimme hat etwas unvergleichlich Organisches. Und eigentlich war das immer schon so, aber hier einfach noch von einer höheren Intensität. Eine Intensität, die nicht aufdringlich wird.
Sehr aufschlussreich war die relaxte Spielweise von Robben Ford im Song «On that Morning» (Album: «Bringing it back Home»): Die Concerto brachte eine Qualität musikalischer Tiefenentspannung ans Licht, die beim Einspielen der Aufnahme geherrscht haben muss. Das Besondere an diesem Beispiel ist, dass ein Easy-Listening-Album mich plötzlich in den Bann schlägt.
Das Adagio Expressivo aus Beethovens Sonate Op. 96 für Klavier (Julie Steinberg) und Violine (David Abel), übrigens eine Produktion von Wilson Audiopile, brachte die zerbrechlich melancholische Geige wunderbar zum Vorschein und dazu Klavieranschläge ohne jegliches Geschlenker. Die perfekte Harmonie.
Ein Konzerterlebnis, so wie es sich JB swiss vorstellt und anstrebt, hängt von einer Technik ab, die den Wohnraum und seine schon fast raumzeitlichen Überlagerungen zur Schall-Information auf einer guten Aufnahme überlisten. Ich weiss immer noch nicht, wie JB swiss dies schafft. Und sie sagen es mir nicht. Aber es gelingt ihnen bei jedem ihrer Lautsprecher, doch bei der Concerto MKII gelingt es ihnen am besten. Die Akteure sind nicht einfach nur zu orten, so wie man üblicherweise «Räumlichkeit» versteht: Sie haben auch eine besondere Lebendigkeit, die man nicht mehr missen möchte.
Fazit
Es gibt auf dem Markt Lautsprechersysteme, die ein Mehrfaches kosten wie die Concerto MKII von JB swiss, die aber nicht so gut klingen. Besonders hervorstechend und kaum diskutabel ist die authentische Raumabbildung, die sich in weit geringerer Abhängigkeit zur Hörposition entfalten kann, als man es sich gewohnt ist. Dank Direktverkauf konnte der Preis deutlich gesenkt werden. Dieser beträgt noch 48'900 CHF.
Das ist für die gebotene Qualität nicht übertrieben viel. Aber es ist viel, so viel wie beispielsweise ein Auto kostet. Die Concerto MKII repräsentiert zurzeit aber vor allem auch die Referenz von JB swiss. Sie zeigt, wo dort der Hammer hängt. Ich wäre sehr gespannt, sie einmal im Vergleich zu ähnlichem Gerät mit mehr Marken-Nimbus zu erleben. Wenn ich das, was ich an Eindrücken mitgenommen habe, einordne, dann dürften sich einige Hersteller warm anziehen müssen – solche Hersteller, die sich das sonst gar nicht gewöhnt sind.