Hörtest
Die im Messlabor ermittelte Ausgangsspannung "erlaubt" zwar den Betrieb des Clearaudio Charisma V2 mit weniger empfindsamen Phonostufen. Aber es wurde im Hörtest sehr schnell klar, dass dieser Tonabnehmer erst mit sehr guten Preamps sein volles Potenzial entfaltet. Wobei er dazu auch eine gewisse Einspielzeit benötigt. Das Testexemplar blühte erst nach einer Reihe von Tagen richtig auf. Dann aber hatten sich Reste von Rauheit und Trägheit restlos aufgelöst. In dieser Zeit hatten sich auch die Voraussage des Messlabors und die Angabe des Herstellers bewahrheitet, dass dieser Pickup mechanisch mit den meisten mittelschweren Tonarmen (und das sind heute fast alle Radialarme) harmonieren dürfte. avguide.ch montierte ihn nacheinander an die neuen Rega-Arme RB 330 (auf dem neuen Planar 3) und RB 220 (auf dem neuen Planar 2) sowie an die Clearaudio Unify und Universal. Besonderen Spass aber hatten wir am ganz ausgezeichneten Tangentialarm Clearaudio TT5.
Im Zusammenspiel etwa mit der Phonostufe des Vorverstärkers Octave HP 500 SE, an dem exzellenten EAR 834P oder dem Accustic Arts Tube Phono II vermochte der Charisma V2 reichlich von dem halten, was sein Name verspricht. Eine solche Feinzeichnung und Auflösung von Klangfarben gelingt auch teuren MC-Abtastern nur selten. Grossorchestrale Kathedralen wie die Sinfonien von Anton Bruckner (unter Günter Wand, erschienen auf Vinyl bei Profil Edition) errichtete er mit solidem Bassfundament, in wunderbar aufgefächerten Räumen und vor allem mit faszinierender Farbfülle. Sehr transparent dokumentierte er auch die subtilen Künste von Schlagzeuger Jack DeJohnette, Ravi Coltrane und Matthew Garrison auf, die mit "In Movement" (ECM) eine der Jazz-Platten des Jahres 2016 vorgelegt haben.
Dieses MM-System ist aber in der Lage, Dynamik zu entfalten, wie man sie bislang wohl nur MC-Top-Tondosen zugetraut hätte. "High Voltage" zündete er sowohl mit der gleichnamigen ganz wundervollen Bigband-LP des Count Basie Orchestra (MPS) als auch mit der Namensbase von AC/DC (Atco). Das ging dermassen gut ab, dass man völlig vergass, wie weit der Lautstärkesteller schon nach rechts gedreht war.