Kraftvoll und audiophil
Wir hörten den Marantz Cinema 40 zunächst in einem 5.1.4-Setup mit zwei Paar «Height»-Deckenlautsprechern. Freundlicherweise stellte uns Dietiker & Humbel in Winterthur ihren bestens ausgestatteten Heimkino-Vorführraum zur Verfügung (herzlichen Dank dafür an Jan Mark!).
So fanden sich mit den Lautsprechern aus der neuen Serie 700 S3 von Bowers & Wilkins die perfekten Spielpartner für diesen AV-Verstärker der Spitzenklasse: Die Frontlautsprecher 703 S3 wurden durch den tonal passenden Center HTM71 S3 und die als Surroundlautsprecher fungierenden 705 S3 ideal ergänzt. Zusätzlich sorgten zwei Paar koaxiale Einbaulautsprecher (Typ CCM663RD, ebenfalls aus dem B&W-Portfolio) für die Sounderweiterung in die Höhe.
Unterstützung im Tiefbass erhielt dieses exklusive Set durch den Aktivsubwoofer DB3D, der mit zwei 20-cm-«Aerofoil»-Tieftönern und einer 1000-Watt-Class-D-Endstufe für ein tiefreichendes, äusserst impulssauberes Fundament sorgt. Das anspruchsvolle Heimkino profitiert schon von einem einzelnen Subwoofer enorm; dieser gibt nicht nur dedizierte LFE-Tonsignale einschlägiger Soundtracks authentischer wieder als (selbst grosse) Frontlautsprecher, sondern steigert den räumlichen Eindruck auch bei der Musikwiedergabe enorm. Dazu sollte man im Setup-Menü dem Subwoofer nebst dedizierten LFE-Signalen auch tieffrequente Anteile (bis 40 Hz) der Frontkanäle zuordnen.
Zunächst durften einschlägige Dolby-Atmos-Trailer (ab Apple TV) eindrucksvoll demonstrieren, was die Sounderweiterung in die Höhe bringt: Sehr viel nämlich, indem die dreidimensionale Soundkulisse den gesamten Hörraum wirklich umfassend füllt. Dabei müssen gar nicht immer spezielle Effekte von der Decke strahlen. Denn nur schon die Erweiterung des Klangambientes nach oben steigert den atmosphärischen Klangeindruck.
Aber auch Surround Sound als solcher hat es in sich: so etwa in der Anfangsszene des Katastrophenfilms «San Andreas». Der ist zwar ebenfalls in Dolby Atmos abgemischt, hält sich jedoch mit Effektanteilen von oben eher zurück. Dafür beeindruckt er – gehört über das Set aus Marantz Cinema 40 und Bowers & Wilkins Serie 700 S3 – dank einer packenden Synthese aus Action-Effekten und nahtlos eingeflochtener Filmmusik ungemein. Die erzielte Steigerung des Unterhaltungswerts eines solchen Spielfilms ist nicht weniger als dramatisch. Der gleiche Streifen über einen Fernseher selbst mit gutem Soundsystem oder auch über eine Soundbar der Topklasse gehört, ist nur ein schwacher Abklatsch des original intendierten Kinovergnügens.
Wer nun aus Angst vor mithörender Nachbarschaft abwinkt, darf beruhigt zur Kenntnis nehmen, dass der Cinema 40 auch schon bei ziviler Lautstärke ein fast gleichermassen packendes Ambiente kreiert. Audyssey MultEQ XT32 sorgt nämlich dafür, dass sich keine Tieftonanteile über Gebühr ausbreiten. Mit optionalem Audyssey LFC («Low Frequency Control») kann man Letztere noch effizienter eindämmen.
Und auch der dreistufig einstellbare «Dialog Enhancer» sorgt dafür, dass anspruchsvolle Heimunterhaltung spätabends in Mietwohnungen problemlos möglich ist. Tatsächlich muss man Audyssey Dynamic Volume (eine starke Dynamikbegrenzung) gar nicht erst bemühen; der Marantz agiert per se durch und durch zivilisiert. Wer es richtig krachen lassen kann, sollte hingegen mal den (nicht nur für den Filmton) Oscar-prämierten Spielfilm «Im Westen nichts Neues» zu Gemüte führen. Dieser brandaktuelle Anti-Kriegsfilm wird dermassen (bedrückend) realistisch inszeniert, dass einem angst und bange werden kann. Der Cinema 40 kennt dabei scheinbar keine Pegelgrenzen und bleibt auch im Schlachtgetümmel (als einziger) völlig unberührt. Seine dynamischen Fähigkeiten sind hervorragend.
Die hohe Homecinema-Kunst bewies der Marantz auch im heimischen Hörraum des Autors im Rahmen eines 7.1-Setups mit Atmos «Upfiring» anstelle von echten «Heigth»-Lautsprechern. So etwa bei der neuen Netflix-Serie «Night Agent», die sich inhaltlich an die Bourne-Filmreihe oder auch an die Serie «24» anlehnt (ohne ganz deren Niveau zu erreichen).
Der Dolby-Atmos Soundtrack (auch in Deutsch) ist zwar nicht atemberaubend gut: Dennoch sorgt der Cinema 40 durchgehend für atmosphärisches Ambiente und eine packende Stimmung, nicht nur bei den einschlägigen Action-Szenen. Deutlich besser abgemischt ist die zweite Staffel der geschmackvoll produzierten Serie «Shadow & Bone». Dolby Vision (über einen OLED-TV) und Dolby Atmos (über den Cinema 40 und Front-/Surround-Lautsprecher aus der Serie 700 S3 von Bowers & Wilkins) sorgten im Verbund für ein Heimkino-Erlebnis der Spitzenklasse. Auch hierbei zeigte sich, dass man über diesen AV-Verstärker gar nicht sehr laut hören musste, um ein echtes «Homecinema-Feeling» zu kreieren.
Bei der Musikwiedergabe beeindruckte der Cinema 40 genauso mit effektvollem Surround Sound wie mit audiophilem Feingefühl. Zunächst durfte er anhand der Blu-Ray «Lichtmond 3» zeigen, was den besonderen Reiz von Surround Sound ausmacht. Diese geschmackvolle audiovisuelle Produktion liegt vom Niveau her stellenweise zwar etwas unter dem des Vorgängers «Lichtmond 2». Der echte Rundumklang steigert den Unterhaltungswert jedoch enorm.
Über den Marantz gehört, kommt man in den vollen Genuss dieses Klangspektakels. Deutlich mehr auf Finesse und Klangkultur kommt es hingegen bei der Wiedergabe von akustischer und klassischer Musik an. Wir hörten über rund zwei Wochen zahlreiche Mehrkanal-SACDs und können dem Cinema 40 uneingeschränkte HiRes-Tauglichkeit bescheinigen. Das Mass an Feinzeichnung und Detailtreue, das dieser AV-Verstärker an den Tag legt, kann sich durchaus mit dem eines ähnlich teuren Stereo-Verstärkers messen.
Zugute kommt dem Marantz auch bei der Musikwiedergabe die Audyssey-Raumeinmessung. Dies lässt sich unschwer im AB-Vergleich (per Tastendruck auf der Fernbedienung) feststellen: Mit Audyssey klingt es sowohl räumlicher als auch präziser. Dies übrigens auch bei der Wiedergabe von Stereo-Musik, die im puristischen «Direct»-Modus vergleichsweise flach tönt.
avguide.ch meint
Nach dem Test des Marantz Cinema 40 (und demjenigen des Denon AVC-X4800H) drängt sich dem Autor immer mehr die Frage auf: Sind diese primär für den Heimkino-Einsatz gedachten Geräte der Spitzenklasse womöglich auch die besseren Stereo-Vollverstärker? Dafür spricht einiges: So bekommt man schlichtweg einen viel grösseren Materialaufwand geboten als bei einem gleich teuren Stereo-Modell. Dies heisst aber noch nicht, dass auch die Klangqualität damit schon besser wäre. Vergleicht man etwa den Cinema 40 mit dem Modell 40n, so spricht für Letzteren seine hohe Klangkultur mit beeindruckender Feinzeichnung. Und dies ohne jede «Klangnachbearbeitung». Aber gerade damit machen AV-Verstärker – egal ob im Zwei- oder im Mehrkanalbetrieb – Boden gut. Das Zauberwort heisst «Audyssey MultEQ XT32»: Ein akustische Raumeinmessung der Lautsprecher, die bei digitalen Quellen – im Rahmen eines aufwändigen 32-Bit-DSP – ohne Auflösungsverlust arbeitet.
Auch Stereo-Lautsprecher profitieren enorm von dieser Kalibrierung; sie klingen damit nicht nur tonal ausgewogener, sondern auch räumlich-präziser. Schaut man sich das Angebot an Stereo-Komponenten mit Raumeinmessung an, so stellt man fest: Dieses ist noch sehr dünn gesät und eher im hochpreisigen Segment angesiedelt. Ausserdem kommt meist das «Dirac Live»-Verfahren zum Einsatz, wofür eine recht teure Lizenz extra erworben werden muss. Der Cinema 40 offeriert ausgefeilte Raumkalibrierung inklusive und stellt damit tatsächlich eine valable Alternative zum Stereo-Vollverstärker dar. Selbst die Leerlauf-Verlustleistung seiner 9-Kanal-Endstufen hält sich im akzeptablen Rahmen. Und nicht zuletzt kann man Stereo-Frontlautsprecher mit 2 x 125 Watt Leistung bi-ampifizieren. Davon profitierte beispielsweise eine 703 S3 von Bowers & Wilkins klanglich ungemein.
Aktiviertes Audyssey steigert die Abbildungstreue insgesamt deutlich. Wer möchte, kann Stereo zudem sehr geschmackvoll auf Surround Sound aufpolieren lassen. Auch hier leistet der Cinema 40 ganze Arbeit. Natürlich ist es letztlich Geschmacksache, was einem besser gefällt: Je nach Musikmaterial durfte mal Dolby Surround, DTS Neural:X oder Auro 3D zum Zuge kommen. Meist gab man einem dieser Modi den Vorzug gegenüber der Zweikanal-Wiedergabe. Noch deutlicher war dies bei 5.1-Musikmaterial: Solches hörten wir eigentlich stets in erweitertem 7.1.2-Surround. Die Definition und der Charakter der Aufnahme bleibt auch in diesem Modus gut erhalten, man wird damit aber noch besser ins Musikgeschehen einbezogen.
Fazit
Der neue Cinema 40 von Marantz definiert den Einstieg ins Heimkino der Spitzenklasse auf überzeugende Art und Weise. Er punktet sowohl beim Heimkinoton wie bei der Musikwiedergabe auf voller Linie. Im Vergleich zum (klanglich ebenfalls tollen) kleineren Bruder Cinema 50 profiliert er sich als der in jeder Hinsicht leicht Bessere der beiden.
Interessant ist auch der Vergleich zum ähnlich aufgebauten AVC-X4800H von Denon. Wir hörten beide unmittelbar hintereinander über einen längeren Zeitraum: Im Heimkino-Einsatz sind sich die beiden absolut ebenbürtig. Bei der der Musikwiedergabe profiliert sich der Denon mit dynamisch-packendem Sound, der insbesondere bei Pop- und Rockmusik viel Spass bereit. Freunde akustischer Musik und besonders Klassikliebhaber bekommen beim Marantz zusätzlich einen besonderen audiophilen Touch mit ausgeprägter Feinzeichnung geboten, der allerdings erst im Zusammenspiel mit entsprechend hochauflösenden Lautsprechern ins Gewicht fällt.