Hörtest
Als Lautsprecher habe ich meine Living Voice Auditorium sowie meine Audio Note AN-E SEC zur Verfügung. Beide sind Vertreter der «zahmen» Gattung. Also Lautsprecher, die an die Endstufe keine hohen Anforderungen bezüglich Stromlieferfähigkeit stellen. Aufgrund der kräftigen und schnellen Endstufe wird der Unico Due auch mit deutlich schwierigeren Lautsprechern keine Mühe haben. Verstärker-Killer à la Infinity Kappa 9 mal kategorisch ausgenommen.
In erster Linie nutze ich den internen DAC, um meine Höreindrücke zu sammeln. Anstelle des internen DAC kann ich unter anderem auf zwei unterschiedliche Highend-Wandler zurückgreifen. Beide stellen meines Erachtens überragende Wandler dar, welche jeder für sich ein Vielfaches des Unico Due kosten. Einer dieser DAC basiert ebenfalls auf einem ESS-Sabre-Chip. Der zweite DAC setzt auf die legendären PCM1704-Chips und zudem an verschiedenen Stellen auf Röhren.
Ich möchte vermerken, dass mir der Klang von Oversampling-DAC-Chips – und insbesondere von ESS Sabre – in der Regel nicht sonderlich zusagt. Meiner Erfahrung nach (ich entwickle und baue selber DA-Wandler), ist der DA-Wandler-Chip jedoch lediglich ein Faktor von vielen. Dabei vernachlässigen scheinbar zahlreiche DAC-Entwickler genau diese restlichen Faktoren zu gerne. Dies im Glauben, mit den tollen Spezifikationen des Chips bereits ausreichend vieles beachtet zu haben.
Der erste Eindruck: Der im Unico Due integrierte DAC klingt stimmig!
Stromversorgung, digitale Aufbereitung, Layout, ggf. Strom/Spannungswandlung und Signalverstärkung sind offenbar ordentlich umgesetzt und mit einer klaren Vorstellung entwickelt worden. Die Durchzeichnung ist wie für einen ESS Sabre typisch sehr gut. Alles klingt sauber strukturiert, lebendig und mit hohem Detailgehalt. Die Dreidimensionalität ist erwartungsgemäss ebenfalls beeindruckend und die Gesamtpräsentation zeigt sich anspringend, farbenfroh und lebendig.
Der integrierte DAC leistet sich keinerlei nennenswerte Ausreisser und gibt somit kaum Anlass zur Kritik. Die Unterschiede zu einem DAC der Referenzklasse lassen sich lediglich im direkten Vergleich oder durch diesbezüglich besonders erfahrene/sensible Hörer ausmachen. Es ist erfreulich, dass der integrierte DAC eines Geräts dieser Preisklasse bereits ein solch klangliches Niveau erreicht!
Klangliche Beschreibungen
Für Easy Listening starte ich mit «Trouble in Mind» aus dem Album «Vision» von Hans Theessink und Terry Evans. Die Aufnahmen von Hans Theessink finde ich ausserordentlich gut. Hans Theessink hat eine sehr sonore, kernige Stimme, welche vom Unico Due genauso gefühlvoll transportiert wird, wie die kehlige Stimme von Terry Evans. Bei moderater Lautstärke wird der Groove bereits wunderbar präsentiert. Schraubt man etwas lauter, verblüfft die Präsenz der losgelösten Stimmen im Einklang mit den feinen akustischen Klängen.
Wie der Unico Due mit Feinheiten bei Ein- & Ausschwingvorgängen umzugehen vermag, ertaste ich mit dem Stück «Promise» aus dem Album «Odem» von Wolfgang Puschnig und Dhafer Youssef. Die Authentizität der tollen Aufnahme basiert auf komplexen Klängen, welche sanft bis harsch daherkommen. Der Uncio Due entpuppt sich dabei nicht als Kind von Traurigkeit. Äusserst lebendig und impulsiv löst sich das dynamische Stück von den Lautsprechern. Dabei agiert der Unico Due nicht aufdringlich, sondern fächert das exotische Klangbild sauber auf. Mit seiner Spritzigkeit gehört der Unico Due jedoch nicht zur langweiligen Sorte.
Weil gerade Weihnachtszeit ist, wähle ich nun das Album «Christmas with my friends VII» von Nils Landgren. Dieses wurde vom bekannten Jazz-Label ACT aufgenommen. Das Stück «Sizalelwe Indodana» bringt afrikanische Rhythmen in die Weihnachtsstimmung und lädt umgehend zum Mittanzen ein. Die Interpretation von «Feliz Navidad» gefällt mir enorm gut und der Gesang wird mit dem Unico Due sanft und klar präsentiert. Die feinen Geräusche der Saiten- und Blasinstrumente perlen und säuseln luftig und leicht aus den Lautsprechern. Tendenziell spielt der Unico Due hierbei eher auf der schnellen Seite und wirkt insgesamt sicher nicht träge oder dumpf. Die Aufnahme ist aber auch eher crisp und gehört für mein Empfinden nicht zur besonders natürlichen Sorte.
Das MTV-Unplugged-Album «Tonbildshow» von Patent Ochsner zählt meines Erachtens nicht zu den besonders audiophilen Aufnahmen. Dennoch klingt beispielsweise «Guet Nacht, Elisabeth» über den Unico Due nicht ermüdend, sondern fresh & nice. Bei Komponenten, welche mit einer übertriebenen Brillanz versuchen, Effekthascherei zu betreiben, tendieren solche Aufnahmen gerne dazu, anstrengend zu klingen.
«Fonè Records» produziert traumhaft natürliche Aufnahmen. Dies, ohne jegliche elektronische Manipulationen oder künstliche Korrekturen. Im ersten Moment etwas ungewohnt unattraktiv, klingen diese Aufnahmen jedoch äusserst entspannt und unmittelbar. Beispielsweise das Album «Girl of my Dreams» von den Jazz Makers klingt vital und trotz seiner Natürlichkeit auch sehr dynamisch. Stellenweise zudem durchaus giftig – so wie Blechinstrumente eben klingen können.
Zum Abschluss meiner klanglichen Beschreibungen greife ich zur hervorragenden Aufnahme «Mephisto & Co.», in welcher Eiji Oue das Minnesota Orchestra dirigiert. Die Bezeichnung des Labels Reference Recordings ist in Anbetracht der Aufnahmequalität absolut angemessen. Das Stück «Danse macabre» lotet die Grenze einer Anlage in allen Richtungen aus. Nebst Luftverschiebungen in der untersten Oktave bietet das Spektakel atemberaubende Dynamik in allen Lagen.
Nebst der beeindruckenden Dynamik gibt es diverse Geräusche, welche bei adäquater Reproduktion enorm faszinierend wirken. Der Unico Due führt die Lautsprecher explosiv an den Zügeln und tänzelt spielerisch. Er bleibt stets beherrscht und sauber kontrolliert, schmettert einem die Attacken satt um die Ohren und behält dabei zackig den Überblick. Durch K.o. in der letzten Runde würden höchstens die Lautsprecher eine Niederlage einstecken müssen.
Fazit
Der Unico Due überzeugt mit toller Optik und Haptik, komfortablem Funktionsumfang und klanglichen Fähigkeiten auf hohem Niveau. Klanglich weiss der Unico Due mit lebendiger Darbietung zu überzeugen. Die Röhren in der Vorstufe tragen ihren Teil zum ermüdungsfreien Hören bei. Im Bass sauber konturiert und mit ausreichend festem Griff. Keine Spur von Überbetonungen, die zu inniger Liebe bei den einen, oder zunehmender Abneigung bei anderen führen könnten. Die Spielweise ist insgesamt zügig und frisch, wobei der musikalische Fluss nicht zu kurz kommt.
Mit an Bord sind einige Funktionen, die nicht selbstverständlich sind. Die Bedienung ist grösstenteils simpel. Zur Konfiguration des AV-Modus oder zum Verständnis der Abkürzung «OSD» muss zwar kurz im Manual gespickt werden, aber das wars dann auch schon. Der Unico Due ist ein beispielhafter Vertreter der Gattung hochwertiger und zeitgemässer Vollverstärker, der schlicht glücklich machen kann. Ein rundum stimmiger Röhrenhybrid-Verstärker zu einem äusserst fairen Kaufpreis!