Beste Zutaten, betörender Klang
Eine anerkannte Spezialität von Spendor sind die eigens im Haus gefertigten Tief- und Mitteltöner mit resonanzarmen, faserverstärkten Polymermembranen. In der Classic 2/3 kommt ein leistungsstarker 21-cm-Treiber zum Einsatz, der mit strömungsgünstigem Magnesium-Gusskorb sowie hinterbelüfteter 40-mm-Schwingspule im wahrsten Sinn des Wortes nichts anbrennen lässt und ebenso für den impulsstarken Bass und den ausdrucksstarken Grund- und Mitteltonbereich verantwortlich zeichnet. Im Tiefbass sorgt eine Reflexöffnung unten auf der Front für mehr Schalldruck.
Im klangentscheidenden Hochtonbereich kommt die bekanntermassen wohlklingende 22-mm-Kalotte mit beschichteter «Sonomex»-Gewebemembran zum Einsatz. Als Besonderheit verfügt sie über eine sehr breite Sicke, während die eigentliche Kuppel – ebenso wie die Schwingspule – nur 19 mm misst. Dieser Hochtöner vereint somit die Vorteile einer 19-mm-Kalotte (breite Abstrahlcharakteristik) mit der Möglichkeit einer relativ tiefen Ankoppelung.
In der Classic 2/3 kommt sie freilich erst ab rund 3,6 kHz zum Einsatz. Spendor vertraut ihrem «Custom made»-Tiefmitteltöner somit mehr als sechs Oktaven Übertragungsbereich an. Dies hat wiederum den Vorteil, dass fast der gesamte tonale Bereich ohne von einem einzigen Schallwandler (ohne grobe Phasensprünge seitens der Frequenzweiche) abgedeckt wird. Den prinzipbedingten Nachteil einer grossen Konusmembran (nach oben hin eingeschränkte Richtcharakteristik) hat Spendor offenbar im Griff. Jedenfalls ändert sich die Klangbalance kaum, auch wenn man aufsteht und im Hörraum umhergeht.
Wie klingt ein so nostalgisch anmutender «Retro»-Lautsprecher? Zunächst mal: überraschend modern. Die Spendor räumt nämlich mit dem Vorurteil auf, klassische britische Klangkunst müsse mit voluminösem Bass, betontem Grundton und sehr diskreten Höhen einhergehen. Die Classic 2/3 bietet zwar ein tolles Klangvolumen (wie man es von einem 21-cm-Tietöner in einem 50-Liter-Gehäuse auch erwarten darf), agiert dabei aber keineswegs zu vollmundig, sondern in allen Tonlagen ausgesprochen differenziert und präzise. Sowohl Männer- wie Frauenstimmen kommen natürlich und ausdrucksstark zur Geltung und beeindrucken mit einer anrührenden Unmittelbarkeit der Ansprache.
Die räumliche Abbildung gefällt dabei mit der richtigen Mischung aus fokussierter Nähe und harmonischer Einbettung ins Gesamtgeschehen. Hier wirft sie den prinzipbedingten Vorteil einer schlanken Zweiwege-Konstruktion mit geringen Phasendrehungen in die Waagschale. Das Klangbild löst sich ausgezeichnet von den Boxen und gefällt mit tonal gleichmässiger Schallausbreitung ohne ausgeprägten Sweetspot.
Bei klassischer Musik beweist die Britin sehr viel Sinn für feine Zwischentöne; sie kann emotionale Passagen anrührend, andächtig intonieren. Und wie man erwarten durfte, ist der Hochtonbereich perfekt dosiert: Keinerlei Effekthascherei oder betonte Brillanz. Andererseits gibt es aber auch keine übertriebene Diskretion. Die Spendor Classic ist zweifellos dem britischen Klangideal verpflichtet, rettet dieses aber gleichsam in die Moderne. So schön und doch bestens definiert hört man Streicher nur selten.
Atmosphärisch packend und ausgesprochen rhythmisch geht es auch bei akustischem Jazz zu: Hier ist die Classic 2/3 voll in ihrem Element. Der bestens konturierte Tieftonbereich reicht hörbar in den Keller und verleiht einem Kontrabass genügend «Holz» und Fundament. Ein Flügel perlt im Diskant spektakulär schön und kommt insgesamt so grossartig zur Geltung, wie es diesem monumentalen Instrument zusteht. Dank ihrer insgesamt schlackenlosen, zügigen Gangart verleiht die Spendor auch perkussiven Elementen die notwendige Spielfreude. Schlagzeugattacken setzt sie souverän und ohne jedwede Anzeichen von Müdigkeit in ein Klangspektakel um.
Bleibt noch die Frage, ob sich die Classic 2/3 auch für Popmusik eignet. Denn nur so hat sie das Zeug zur Universalistin. Die Antwort gibt beispielsweise das remasterte Album «Dark Side of the Moon» von Pink Floyd. Über die Spendor gehört, wird dieser Popklassiker zum veritablen Hörspass. Zwar zeigen andere Lautsprecher noch mehr Attacke im Hochtonbereich. Wer sich aber an den Sound der 80er-Jahre erinnert, wird unschwer feststellen: Genauso soll es auch heute noch tönen. Die Classic 2/3 rettet diese Musik ins 21. Jahrhundert, ohne den «Vintage»-Charakter legendärer Alben artifiziell aufzufrischen. Das Hörvergnügen bei Pop- und Rockmusik ist jedenfalls enorm gross – auch deshalb, weil die Spendor die richtigen Gene und den passenden Groove dafür mitbringt.
Fazit
Zwar ist die Classic 2/3 von Spendor preislich kein Sonderangebot, zumal noch die sinnvolle Investition von CHF 1490 für die passenden Original-Ständer hinzukommt. Letztere sind dank ihrer durchdachten, stabilen Konstruktion für die schlackenlose, rhythmische Wiedergabe mit ausschlaggebend. Aber es ist klar, dass so viel detailgetreue britische Handarbeit auch entsprechend kosten muss. Mit einem Paarpreis von CHF 5290 Franken ist die Spendor Classic 2/3 zwar nicht als Schnäppchen, dafür als langjährige Wertanlage für Kenner und Liebhaber zu betrachten. Der Werterhalt eines solchen Lautsprechers ist naturgemäss viel höher als bei Boxen asiatischer Provenienz, deren Aktualität nach wenigen Jahren meist deutlich nachlässt (auch weil dann bereits Nachfolgemodelle auftauchen).
Nomen est omen: Die Classic 2/3 richtet sich an Musikliebhaber sämtlicher Genres, denen authentische britische Klangkunst mit einer besonderen Mühelosigkeit und Unangestrengtheit der Wiedergabe am Herzen liegt. Besondere Stärken hat sie in der Homogenität ihrer Performance, welche lange Hörsessions problemlos möglich macht. Somit vermag die Spendor bei allen Musikstilen zu betören – mit besonderem Schwerpunkt bei akustischer Musik, Jazz und Klassik. Aber auch Pop- und Rock-Klassiker machen über diese Lautsprecher gehört enorm viel Spass, denn Oldies klingen überhaupt nicht angestaubt, sondern topmodern.