Technische Daten
Die technischen Daten überzeugen durch ihre sorgfältige Spezifikation. Daten wie der Frequenzgang oder die Exaktheit der RIIA-Entzerrung sind präzise angegeben und lassen keinen Interpretationsspielraum offen. Die RMS-Leistung wird mit 30 Watt pro Kanal (Stereo) bei 8 Ohm Nominalimpedanz angegeben. Das klingt nicht nach sehr viel, aber es sagt auch nicht viel aus, wie ich später feststellte.
Musikgenuss pur
Ich habe den io von Rega zunächst an sehr erwachsenen Standlautsprechern mit ordentlichem Wirkungsgrad (ca. 90 dB/1W/1m) betrieben – und war völlig überrascht, wie der kleine Verstärker diese Herausforderung meisterte. Zunächst spielte er wirklich laut in einem mittelgrossen Hörraum. Die Basskontrolle war ausgezeichnet, Verzerrungen waren nicht auszumachen. 30 Watt RMS scheinen bei Rega eine andere Grösse zu sein als anderswo. Die Feinheiten testete ich dann mit meinen LS3/5a in Original-Spezifikation nach BBC.
An diesen Lautsprechern, die im Nahfeld nur gerade einen knappen Meter von meiner Hörposition entfernt stehen (auf kleinen Desktop-Stativen), habe ich schon so einiges entlarvt, was bei grösseren Hörabständen gerne einmal untergeht. Nach einigen Durchgängen mit klassischen Musikbeispielen (vorwiegend digitaler Natur) konnte ich feststellen, dass der kleine io absolut keine Fehler macht. Er spielt unaufdringlich exakt und gleichwohl so topmusikalisch und selbstverständlich, dass mir die Spucke wegblieb. Man hört damit wirklich eine musikalische Integrität, die wie sonst selten alles integriert; gerade so, wie die Musikinstrumente selbst, die «live» wie aus einem Guss klingen.
Die Phonovorstufe ist ebenfalls grosse Klasse – zwar auf MM beschränkt, doch mit dem StepUp-Trafo meines MC-Tonabnehmers ging es natürlich auch. Kleines Detail: Keine Brummgeräusche. Das gab es bei meinem Plattenspieler sonst noch nie.
Dann habe ich noch meinen älteren Kopfhörer Grado Reference 1 hervorgekramt, von dem ich nach Jahren ganz genau weiss, wie er klingt. Es ist ein Modell alter Schule, das ohne die heute populären Übertreibungen auskommt und gnadenlos offenbart, was ein Kopfhörer-Vorverstärker so alles falsch machen kann. Fazit: Der io von Rega ist ein ganz ausgezeichneter Kopfhörer-Vorverstärker, sodass man ihn im Grunde auch ohne Lautsprecher nutzen kann.
Fazit
Die englischsprachige Fachpresse hat den io von Rega schon ausführlich gewürdigt, aber immer ein wenig mit angezogener Handbremse. Gerne retten sich die Redaktoren hinter den Preis und rühmen die «für diese Preisklasse» hohe Klangqualität. Ich würde bei diesem Vollverstärker die Preisklassen-Relativierung gerne in die Tonne treten, wie einst beim legendären NAD 3020 vor vielen Jahren, als namhafte HiFi-Journale nicht mehr beschreiben konnten, wie ihnen geschieht und noch namhaftere Verstärker-Päpste über die Bücher gehen mussten.
Der io klingt sagenhaft gut und liefert auch beim reinen Kopfhörer-Betrieb eine tolle Leistung ab. Schliesslich bekommt man den io für den Preis eines anständigen Kopfhörer-Vorverstärkers. Ich bin auch sehr beeindruckt, dass man so «etwas» heute zum Endverkaufspreis von 550 CHF in Europa herstellen kann und tut, während andere Hersteller ihre Produkte, wie Verstärker höchstens noch in Europa entwickeln – wenn überhaupt.
Rega hat sich beim io auf das absolut Wesentliche fokussiert und alles weggelassen, was nicht im engeren Sinn mit Verstärkung zu tun hat. Mit dieser Philosophie und viel Erfahrung hat Rega einen kleinen Verstärker geschaffen, der nicht weniger als Bewunderung und grossen Respekt verdient.