Die neue Offenheit
Der Cyrus 8.2 DAC mit QXR-Upgrade ist dem Autor bestens bekannt, durfte er damit doch über längere Zeit eine Bowers & Wilkins 805 D3 im heimischen Hörraum zu klanglichen Spitzenleistungen motivieren. Das britische Duo harmonierte ganz ausgezeichnet. Der feinsinnig, räumlich extrem transparent agierende QXR-DAC des 8.2 verleiht dem keineswegs anspruchslosen Diamanthochtöner einen feinen Charme, der die ausgeprägte Analytik dieses Lautsprechers gut ausbalanciert.
So lag es nahe, den neuen i9-XR mit dem bisherigen Verstärker-Spitzenmodell von Cyrus zu vergleichen. Als Lautsprecher kamen ein paar Spendor A7 (Test nachzulesen: hier) zum Einsatz. Diese ausgewachsenen, wunderbar verarbeiteten Standboxen sind ebenfalls made in U.K. und passen mit einem Paarpreis von CHF 4190 bestens zur Preisklasse des i9-XR.
Zunächst dienten sie jedoch dazu, das Klangniveau des bewährten Cyrus 8.2 DAC einzuschätzen. Tatsächlich: Genauso atmosphärisch, räumlich transparent und mit sehr feinen, angenehmen Höhen hatte ihn der Autor tonal in Erinnerung. Auch bei kleiner Lautstärke gut durchhörbar, legte die britische Verstärker-Lautsprecher-Kombi eine exzellente Feindynamik an den Tag. Der Bass wirkte sehr konturiert und zeigte Druck bis in tiefste Lagen. Die Musik hatte emotionalen Gehalt und präsentierte unabhängig vom jeweiligen Genre die passende Gangart mit schönem Timbre. Klare Sache: Der Cyrus 8.2 DAC QXR ist nach wie vor ein ausgezeichneter, besonders audiophil abgestimmter Vollverstärker, der eine enorme Klangqualität für seinen Preis anbietet.
Nach dem Wechsel zum i9-XR wurde jedoch schnell klar, dass der Neue in eine andere Dimension vorstösst. So tönte Bobo Stensons «Contra La Indecisión» nun plötzlich viel direkter, unmittelbarer und auch präziser. Wo der 8.2 DAC QXR sozusagen eine sehr sympathische, jedoch nicht ganz so transparente musikalische Aura kreierte, agierte der i9-XR weniger artifiziell, letztlich natürlicher, indem er den letzten Schleier beseitigte und schnörkelloser genau das zeigte, was im Aufnahmeraum vor sich ging. Die Technik bei der Musikwiedergabe tritt dadurch noch mehr in den Hintergrund. Woran natürlich auch die Spendor A7 ihren gebührenden Anteil hat.
Im Zusammenspiel mit dem i9-XR rückte der Zuhörer noch näher an das musikalische Geschehen heran und konnte gebannt jedes Detail deutlich mitverfolgen. Dies bezeichnenderweise, ohne dass die Tiefendimension in der Raumabbildung dabei gelitten hätte. Diese Unmittelbarkeit der Darbietung ist ganz offensichtlich der besonders natürlichen «Ansprache» dieses Verstärkers zu verdanken. So war die Stimmenwiedergabe in Händels Oper «Alceste» derjenigen des 8.2 DAC QXR durchweg klar überlegen.
Auch Druck, Tiefgang und Kontrolle im Bass sind nachvollziehbar besser. Gleiches kann man bezüglich der Impulswiedergabe im gesamten Frequenzbereich konstatieren. Grob- und Feindynamik sind für einen Verstärker mit nominell knapp 2 x 90 Watt ganz ausgezeichnet. So treibt der i9-XR problemlos auch grosse Lautsprecher: Zu guter Letzt durfte er nämlich an einer Spendor Classic 100 (mit 30-cm-Tieftöner) beweisen, dass er das Zeug zum grandiosen Auftritt hat. Selbst bei sehr hohem Pegel agiert er unaufgeregt, keineswegs am Limit und er schüttelt satte Basslinien mit schönem Drive locker aus dem Ärmel.
Fazit
Mit dem i9-XR lanciert Cyrus sein neues Topmodell: ein heisses Eisen unter den noch bezahlbaren High-End-Vollverstärkern. Dieser kompakte Schönling hat das Zeug dazu, manchen schwergewichtigen Boliden das Fürchten zu lehren. Jedenfalls hat man nie das Gefühl, mit knapp 2 x 90 Watt leistungsmässig unterdotiert zu sein. Viel wichtiger: Der i9-XR verführt sehr gute Lautsprecher dazu, auf natürliche Weise ein deutliches Plus an klanglicher Offenheit und räumlicher Transparenz an den Tag zu legen. Die Technik tritt bei der Musikwiedergabe in den Hintergrund. Dem integrierten HiRes-DAC kann man ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellen, ebenso der Phono-MM-Stufe, die durchaus auch höhere Ansprüche zufriedenstellt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Briten ist ausgezeichnet.