Astell & Kern – eigentlich ein sehr englisch klingender Firmenname – führt den Laien in die Irre. Denn Astell & Kern ist ein südkoreanischer High-End-Hersteller für Portable Audio. Die Frage aller Fragen ist nämlich die Grundsatz-Frage, ob es ein solches Gerät wirklich braucht, da ja die Musik heutzutage 24/7 auf dem Smartphone verfügbar ist. Hier unsere Argumente, die für den DAP (Digital Audio Player) sprechen:
- Ausgangsleistung der dedizierten Audioplayer ist in der Regel massiv höher und treiben daher auch wirkungsgradschwache und/oder impedanzkritische Kopfhörer problemlos an.
- Dedizierte Audioplayer haben meistens einen symmetrischen Ausgang.
- Überlegener Digital/Audio-Wandler mit audiophilen DAC-Chips sorgen für besseren Klang.
- Anrufe und eintreffende Nachrichten auf dem Smartphone stören beim Musikhören.
- Aktuelle Smartphones haben keine Jack-Kabelbuchsen für hochwertige Kopfhörer mehr.
- Dedizierte Audioplayer bieten mit HiRes-Formaten eine klanglich überlegene Auflösung an.
Sechs gewichtige Gründe, statt dem Smartphone auf einen dedizierten Audioplayer zu setzen. Jetzt schauen wir uns den Testkandidaten genauer an.
Astell & Kern wurde vor genau 10 Jahren gegründet, brachte 2013 den ersten Audioplayer, den AK100 auf den Markt und ist inzwischen zu einer anerkannten Grösse ihres Marktsegmentes geworden. Auch Studio-Leute im professionellen Bereich schätzen diese Geräte, um unterwegs arbeiten zu können – sozusagen ein Studio-to-Go!
Der Firmen-Kunst-Doppelname bedeutet übrigens Astell (= Griechisch für «Stern») und Kern aus dem Deutschen für Core, eben «Kern»!
Das Sortiment von Astell & Kern besteht auch heute zur Hauptsache immer noch aus portablen Premium-Playern. Das Modell SP-2000T für CHF 2499 toppt mit der «Triple Amp Option», also drei wählbaren Ausgangsstufen (Röhre, OP-Amp oder Hybrid) zwar den Kann Max in puncto Klang-Möglichkeiten, er kostet aber auch nochmals 1000 Franken mehr.

Das Testgerät Kann Max stammt aus der 2017 auf den Markt gebrachten Kann-Serie und stellt jetzt das neue das Topmodell der Kann-Serie dar. Der kleine Bruder des Kann Max ist der Alpha. Dieser bietet etwas weniger Ausgangsleistung und Ausstattung, kostet mit CHF 1199 aber auch etwas weniger als der Kann Max, der einen Richtpreis von CHF 1499 hat. Die Kann-Serie ist für Kunden gedacht, die für ihre Kopfhörer eine hohe Ausgangsleistung benötigen oder deren Kopfhörer in die Kategorie «impedanz-kritisch» gehören – so wie ein Grossteil der Magnetostaten. Astell & Kern umschreibt die Kann-Serie daher als «Power-House».
Weiter findet man im wachsenden A&K-Produkteportfolio True-Wireless-Kopfhörer, High-End-In-Ear-Kopfhörer, Kopfhörer-Verstärker und sogar einen stationären CD-Ripper. Das Portfolio wird mit diversen hochwertigen Etuis und Kabeln abgerundet.
Look and Feel
Beim erstmaligen Auspacken – die edle Verpackung könnte auch für eine Luxus-Uhr oder ein Parfüm gemacht worden sein – kommt neben dem Player ein kompakter Quick-Guide hervor, dazu ein USB-Kabel Typ C sowie einige Folien zum Schutz des Displays und des Gehäuses. Der Kann Max selber kommt als massiv verarbeiteter Aluminium-Quader im anthrazit-farbigen Stealth-Look daher.
Die Abmessungen gehen grad noch als westentaschenfreundlich durch, das Gewicht von 305 Gramm zieht die imaginäre Weste dann aber ganz schön runter und übertrifft handelsübliche Smartphones um rund 50 %. Der stolze Besitzer oder die Besitzerin eines solchen Juwels sollte sich auch ernsthaft über den Kauf eines CHF 129 kostenden Minerva-Lederetuis, hergestellt von Carlo Badalassi, nachdenken.
Der DAP wirkt zwar stabil gebaut, aber der 4,1-Zoll-Bildschirm (ca. 10,4 cm) hat sicherlich seine Belastungsgrenzen. Geschützt durch das massgeschneiderte Etui bleibt das Gehäuse garantiert länger schön. Auch gefällt der massive Lautstärke-Regler, der cremig läuft und High-End-Feeling verströmt. Apropos «Feel»: Der Kann Max Player wird ganz schön warm, denn die massive Rechenpower generiert ganz schön Abwärme. Im Winter könnte er draussen gut und gerne auch als luxuriöser Handwärmer durchgehen.


Eigenschaften
Das Herzstück des Kann Max ist der Quad-Core-Prozessor DAC ESS ES9038Q2M des US-Chip-Herstellers ESS Technology. ESS ist bekannt für seine hochwertigen Portable DACs und beliefert auch Smartphone-Hersteller. Doch der DAC-Chip ES90382M gehört zur audiophilen Baureihe des US-Herstellers.
Jeder der vier verbauten Wandler verfügt über zwei Kanäle in 32-Bit-Architektur und zeichnet sich durch einen extrem niedrigen Noise-Floor und fast keine Verzerrungen aus. Der Kann Max ist somit ein topaktueller HiRes-Player und arbeitet zur bitgenauen Wiedergabe im PCM-Modus bis zu 768 kHz und unterstützt natives DSD 512. Er verfügt zudem über einen MQA Decoder.
Auf der Oberseite finden sich die drei Kabel-Kopfhörer-Anschlüsse: 2,5-mm (symmetrisch), 3,5-mm (asymmetrisch) und 4,4-mm sowie der Ein/Aus-Knopf. Auf der Unterseite befindet sich der microSD-Kartenschlitz sowie die USB-Typ-C-Ladebuchse. Der Kann Max besitzt einen internen Flash-Speicher mit 64 GB. Optional kann im Kartenslot eine microSD-Speicherkarte bis maximal 1 TB eingesetzt werden.
Drahtlos unterstützt der Astell-&-Kern-Luxusplayer die Audiosignal-Übertragung via Bluetooth 5.0. Integriert sind der aptX HD Codec von Qualcomm und Sonys LDAC.
Und der Kann Max hat noch mehr zu bieten! Er kann nicht nur seine Daten via Bluetooth versenden: Mit seiner «Bluetooth Sink»-Funktion kann er auch als Bluetooth-Empfänger verwendet werden, das heisst, Sie können zum Beispiel mit Ihrem Smartphone auch Musik an den Kann Max senden – wirklich ganz cool!

Hauptverkaufsargument des Kann Max ist neben seines Top-Klangs sicher seine immense Ausgangspower. Salopp gesagt, treibt er wohl jeden High-End-Kopfhörer dieses Planeten bis an sein Lautstärke-Limit. Etwas technischer formuliert ist die wählbare Ausgangsleistung des Kann Max in vier AMP-Stufen einstellbar: Low/Mid/High und in der Ultra-Stufe liefert er am symmetrischen Ausgang bis zu 15 Vrms, asymmetrisch bis zu 8 Vrms, womit er der stärkste DAP in der AK-Familie ist.
Last but not least im grossen Feature-Angebot verfügt der Astell & Kern Kann Max über die proprietäre «ReplayGain»-Funktion, die die unterschiedlichen Lautstärken einer Playlist ausnivelliert. Ebenfalls ist auch die Crossfeed-Effekt-Funktion an Bord. Und wenn diese aktiviert ist, simuliert sie die Akustik des Lautsprecherhörens im Kopfhörer.
Kopfhörer trennen ja bekanntlich systembedingt den linken und rechten Kanal strickt. Lautsprecher hingegen überschneiden sich früher oder später und der Hörer bekommt beide Signale mit Verzögerungen, zusätzlichen Absorption und Beugung zu hören, was die Crossfeed-Schaltung simuliert.
Die Bedienung
Der A&K Kann Max lässt sich auch ohne Studium des Manuals intuitiv bedienen – und nach der Betätigung des oben liegenden Startknopfs erschliessen sich einem die Grundfunktionen für einen Schnellstart recht schnell. Der scharf abbildende 4,1-Zoll-Bildschirm ist übersichtlich und aufgeräumt, zudem spricht das Display 8 Weltsprachen, darunter Deutsch, Spanisch sowie Französisch – très bien!
Wifi, Bluetooth, AMP-Modus, USB-Mode und externe USB-Quellen lassen sich in einem Untermenü aktivieren und deaktivieren. Die Icons am oberen Bildrand sind etwas gar klein geraten und man erwischt nicht immer das Gewünschte. Seitlich links am Gehäuse finden sich die drei mechanischen Tasten für die Anwahl des nächsten oder des vorherigen Stücks sowie auch die Stopp-Funktion. Man muss also nicht immer das Display bemühen – sehr praktisch, wie ich finde.
Der rechts-seitlich angeordnete Lautstärkeregler ist allererste Sahne. Er regelt die Lautstärke feinfühlig und läuft butterweich. Die Lautstärkeregelung ist aus klanglichen Gründen analog und der Regler ist hintergrundbeleuchtet. Je nach gespieltem Datenformat leuchtet der Ring in Rot, Grün oder Purple – sehr schön. Wenn die Lautstärke verstellt wird, wird das zudem grafisch sehr schön auf dem Display angezeigt.

Der Ladevorgang des 5600-mAh-Akkus dauert je nach Modus zwischen 3,5 und 5,5 Stunden. Der eingebaute Akku hält gemäss Hersteller etwa 13 Stunden – je nach Betriebsart und Einstellungen. Wir haben diese Angaben mit folgenden Einstellungen getestet: WiFi und Bluetooth an, AMP im Mid-Modus, Display auf Helligkeit 80 %, Volumenlevel auf 2/3. Als Kopfhörer verwendeten wir einen Hifiman Arya. Die Umgebungstemperatur betrug beim Dauertest circa 25 Grad – Sommer halt.
Das Ergebnis: Nach ziemlich genau 9 Stunden war Ende Gelände! Also einen Arbeitstag hält er durch, aber nicht pausenlos. Andererseits: Wer hört schon 9 Stunden pausenlos am Stück Musik? Zudem wurde er wirklich sehr warm, geschätzte 45 Grad. Wir empfehlen dem Kann Max etwas Frischluft im Dauerbetrieb!
Wer sich vielleicht zum ersten Mal mit einem solchen portablen High-End-Geschoss beschäftigt, wird von den technischen Möglichkeiten und den vielen Fachausdrücken fast erschlagen. Gott sei Dank bietet A&K für den Kann Max ein umfangreiches 68-seitiges Manual – verfügbar in 9 Sprachen –, das online zum Download bereitsteht.
Der A&K Kann Max und die Peripherie
Der Kann Max DAP ist schon autonom gesehen mal eine maximale Audiomaschine, aber auch er verbindet sich auf verschiedenste Weise mit seinem Umfeld. Neben den bereits erwähnten drahtlosen Verbindungen wie Bluetooth und WiFi verbindet er sich via Kabel auch mit der Audio-Anlage und dem PC bzw. Laptop oder mit dem CD-Ripper von Astell & Kern.
Astell & Kern bietet einen hauseigenen CD-Ripper an, Kostenpunkt CHF 549. Dieser kann CDs rippen und die Files im FLAC- oder WAV-Format direkt auf dem Kann-Max-Speicher oder auf dem PC ablegen. Die Meta-Daten zwecks Suche/Ergänzung holt er sich via WLAN von der Datenbank «Gracenote».

Der Datentransfer und die Datenverwaltung auf dem Laptop oder PC vom Kann Max ist mittels beilegenden USB-Typ-C-Kabel möglich. Windows wird native unterstützt, für Mac OS steht ein Treiber zum Download bereit.
Der Kann Max an einer Musikanlage
Um die Klangqualität des Kann Max auszunutzen, kann mit dem entsprechenden Kabel das analoge Musiksignal auf einen Streamer/DAC oder Verstärker gespielt werden. Hier eine kleine Auslegeordnung der Möglichkeiten:
Die digitalen Ausgänge (USB und optisch) kommen üblicherweise dann zur Anwendung, wenn ein Nutzer den Kann Max an seine eigene High-End-Anlage anschliessen will. Das macht natürlich nur dann Sinn, wenn der DAC beim angeschlossenen Gerät besser ist als jener des Kann Max.
Die Benützung der analogen Ausgänge machen dann Sinn, wenn der Kann Max direkt an eine Endstufe oder zum Beispiel an Aktivlautsprecher angeschlossen wird. Der 3,5-m-Anschluss ist die Wahl bei einem normalen Cinch-Eingang.
Die 2,5-mm- und 4,4-mm-Buchsen sind symmetrische Ausgänge, die man auf 2 x 3-Pin-XLR adaptieren kann, um so in der stationären Anlage den symmetrischen XLR-Anschluss zu nutzen. Dafür ist aber ein spezielles Kabel mit zusätzlichem Nullleiter notwendig. A&K nennt den nötigen Stecker PEE11. Aufgrund der extrem leistungsfähigen Ausgangsstufe des Kann Max empfiehlt es sich bei Verwendung der analogen Ausgänge, die Low-Amp-Stufe zu wählen, um ein Übersteuern zu vermeiden.
Hörtests und Fazit
Für den Kann-Max-Hörtest nutzen wir den Hifiman-Arya-Kopfhörer – ein adäquater Partner, wie wir finden. Der Magnetostat Hifiman Arya besitzt ein Preisschild von CHF 1599, einen relativ tiefen Wirkungsgrad von 94 dB und eine stromhungrige niedrige Impedanz.
Der A&K Kann Max brauchte nicht mal annähernd seine Leistungsreserven anzuzapfen, um den Hifiman Arya kohärent zu betreiben. Mühelos schüttelte er die benötigte Leistung locker aus seinem imaginären Ärmel bzw. aus der Buchse, ohne den Volumenregler voll auszufahren. Dass weniger Aussteuerung weniger Verzerrungen und damit eine hochwertigere Wiedergabe bedeutet, versteht sich von selbst!

Wir konnten das Testgerät über einen längeren Zeitraum im alltäglichen Einsatz testen, praktisch und klanglich. Der Hifiman Arya und der AK Kann Max DAP scheinen gleich auf Anhieb eine Traumpaarung zu sein. Der Klang hat etwas Edles, Feines und es macht einfach Freude. Mit einem Top-Kopfhörer wie dem Arya und dem Kann Max taucht man tief in die Musikwelten ein.
Die Leistungsreserven des Kann Max scheinen unendlich zu sein. Und wieder kommen mir die Motor-Leistungsangaben von Rolls-Royce in den Sinn: Für jede Situation mehr als genügend Leistung – und genau so fühlt sich der Kann Max an: Drehmoment wie ein starker V8-Motor, also bis zum Abwinken oder bis der Kopfhörer und/oder die Ohren des Testers ans Limit kommen.
Der leistungsmässig anspruchsvolle Magnetostat Hifiman Arya genoss es sichtlich, adäquat versorgt zu werden. Er spielte seine Auflösungsqualitäten und seine hochstehenden Wiedergabestärken voll aus. Wenn es überhaupt irgendwelche Limits gab, dann beim Bass-Drive – bekanntlich keine Stärke der Magnetostaten. Aber der Kann Max war ganz sicher nicht der Grund dafür.
Das «Drum Solo» auf der ECM-Live-Aufnahme des französischen Star-Drummers Manu Katché war mein Test-Highlight: Schnell, dynamisch und mit dem nötigen Druck – so geht Kopf-Hören auf allerhöchstem Niveau! Auch zeigte der Arya die fantastische und sehr ausgewogene Mitten- und Höhenwiedergabe des Kann Max auf, der eine grossartige Klang-Balance hat. Auch die Räumlichkeit sucht ihresgleichen, einfach traumhaft!

Neben der primär portablen Anwendung sehen wir den A&K Kann Max auch als hochwertiges Quellgerät für die Zweit-Anlage im Ferienheim, dem Wohnmobil oder als Luxus-Quelle für portable Speaker, zum Beispiel in einem Hotelzimmer. Ob sie den Luxusplayer allerdings an den Strand mitnehmen wollen, bezweifeln wir eher – Sand- und Salzwasser-Alarm!
Der Kann Max gibt sein analoges Signal via 3,5-mm-Jack-Kabel aus. Ein entsprechendes Kabel gabs in meinem Fundus und so konnte ich den Kann Max auch stationär testen bzw. an meinen Streamer-DAC anschliessen, der seinerseits den Merason DAC1 ansteuerte. Als Referenz-Verstärker amtete der Aavik I-180. Dieser befeuerte die Blumenhofer Fun13 via Ansuz-Kabel.
Auch über die Anlage zeigte der Kann Max seinen audiophilen Anspruch sofort. Wieder fiel mir die Power auf und ich musste mit dem Volumenregler sehr vorsichtig umgehen, weil der Kann Max dermassen Schub bot. Wie bereits geschrieben, empfehlen wir bei analogem Anschluss an eine Anlage, den Kann-Max-Verstärker im Low-Modus zu betreiben, um die Anlage nicht zu übersteuern. Der Klang zeigte denselben Charakter wie über den Kopfhörer. Der Klang baut auf einem kräftigen Bass auf und darüber spielen die Mitten und Höhen ausgewogen und hochauflösend – nie wurde es nervig. Top-Aufnahmen wurden gewürdigt, aber mittelklassige Aufnahmen blieben absolut geniessbar, so soll es sein!
Fazit
Mit dem Astell & Kern Kann Max hat A&K einen neuen Top-Player in der Kann-Dynastie. Max steht für Maximale Ausgangsleistung – oder besser: Power ohne Ende und eine stupende Klangqualität! Der koreanische Edelplayer ist ein verführerisches Gerät für Audiophile, die auch unterwegs nicht auf höchste Klangqualität verzichten wollen. Dass der Kann Max auch nach einem hochwertigen Kopfhörer verlangt, versteht sich von selbst! Als Zweit-DAC für ihre High-End-Anlage sehen wir ihn zwar weniger, aber für Ihre Outdoor-Party, Ihre Ferienwohnung oder sonst für unterwegs ist er sicherlich mehr als qualifiziert.