Gut 20 Jahre sind vergangen, seitdem ich die erste Version der ELLA entworfen habe. Es war das zweite «Klangwerk» der inspirierenden Zusammenarbeit mit der Relec SA in Yverdon-les-Bains, insbesondere mit Firmengründer Alain Roux. Relec entwickelt und produziert die bekannten aktiven Studio-Monitore der Eigenmarke PSI Audio, welche weltweit zu den Besten ihrer Zunft gehören.
Mir schwebte jedoch kein reinrassiger Monitor vor, sondern ein Lautsprecher, der in einem üblichen Wohnraum seine besondere Wirkung entfaltet, akustisch wie optisch. Er sollte nicht nur beim konzertanten Zuhören im Sweet Spot brillieren, sondern mindestens auf dem ganzen Sofa. Musikhören soll auch spätabends bei leisen Pegeln zum Genuss werden und auch fernab der optimalen Hörzone.
Und schliesslich sollte das Objekt das Auge erfreuen, auch wenn es nicht spielt – ähnlich wie eine schön gestaltete Lampe bei Sonnenschein. Dass dies gelang, bezeugten Fachleute, Partner und begeisterte Kunden, wie in einer Dokumentation nachzulesen ist. ELLA war für Klangwerk auch international ein Türöffner.
Zu hören an den:
ELLA – Immersive Stereodays
Freitag 3. November, von 13-18 Uhr
Samstag 4. November, von 12-17 Uhr
Anmeldung erwünscht: info@klangwerk.ch
Klangwerk GmbH
Wieslergasse 6
8049 Zürich
Zu hören an den:
ELLA – Immersive Stereodays
Freitag 3. November, von 13-18 Uhr
Samstag 4. November, von 12-17 Uhr
Anmeldung erwünscht: info@klangwerk.ch
Klangwerk GmbH
Wieslergasse 6
8049 Zürich
Form schafft Klang
Die Basis des Entwurfs ist allerdings traditionell: ein 2-Wege-System mit Hochton und Tiefmittelton in einem Bassreflexgehäuse. 2 Wege bilden das einfachste Layout, um mit dynamischen Chassis den gesamten Frequenzbereich sauber wiederzugeben. Reflex liefert Druck und Tiefgang. Mit 2 Wegen muss man nur einen Übergang bewältigen und man reduziert die Fehlerquellen. Kein Wunder, ist das 2-Wege-Bassreflex-System das wohl beliebteste System überhaupt.
Man kann mit geringem Aufwand schon ein gutes Resultat erzielen (siehe Kompaktboxen), aber mit gesteigertem Aufwand auch State-of-the-Art-Lautsprecher bauen. Die Herausforderungen liegen an den Frequenzenden und im Übergangsbereich. Wie gelingt es, einen satten, tiefreichenden Bass mit einem klaren Mittelton zu verbinden und ein homogenes Abstrahlverhalten zu erzeugen, vor allem im Mittelhochton?
Die ELLA gibt mehrere unkonventionelle Antworten. So ist der Tief-Mittelton auf drei kleine 13-cm-Chassis aufgeteilt, welche in einem Dreieck angeordnet sind, sodass der Schall aus einem virtuellen Zentrum Richtung Hörer abgestrahlt wird. Die nach hinten geneigte obere Schallwand macht dies möglich. Ein Nebeneffekt: Die seitlichen Chassis kompensieren gegenseitig die Impulse aufs Gehäuse. Zusätzlich nutzte ich deren Gusskörbe, um dieses zu versteifen.
Der Hochtöner war in der ersten Version oberhalb dieses Zentrums angeordnet, durch die Neigung der Schallwand zurückversetzt, womit ein gewollter zeitlicher Versatz entstand. In der zweiten Version rückte er ins Zentrum des Dreiecks, um ein konzentrisches Layout zu realisieren, quasi ein «Tri-Appolito». Der räumliche Versatz wurde mit der neueren Aktivelektronik zeitlich ausgeglichen.
Wer die ELLA zum ersten Mal sah, bemerkte öfters, dass die Formgebung an das «Bauhaus-Design» erinnert. Das gefiel mir, steht doch das Bauhaus für den Gedanken, dass die Form nicht sich selbst genügt, sondern sich aus einer eingehenden Beschäftigung mit der Funktion entwickelt. Im besten Fall gelingt aus diesem Prozess ein eigenständiges und in sich stimmiges Objekt.
Doch ist die ELLA in den Augen fast jedes Testers so speziell geworden, dass weniger vom Bauhaus, sondern von einem Kunstwerk gesprochen wurde. Dies freute mich einerseits, machte mich aber auch nachdenklich. Ein Kunstwerk entzieht sich funktionalen Kriterien und darf sich selbst genügen. Ein Kunstwerk muss man entschlüsseln können – und wenn nicht, bleibt es einem fremd. So erging es öfters der ELLA, denn sie bedient nicht die optischen Codes eines High-End-Lautsprechers. Es drohte Skepsis.
Leichte Membranen – leichtfüssiger Klang
Die Tiefmittelton-Chassis haben sehr leichte, faserverstärkte Papiermembranen, gemeinhin bekannt für ihre natürliche Wiedergabe. Sie stammen von Audax aus Frankreich und sind die einzigen fremdländischen Zutaten. Mit einem Flair für Extravaganz nannten die Franzosen das Membranmaterial «High Definition Aerogel (HDA)». Auch wenn dies schon bald 30 Jahre her ist, finde ich diese HDA-Membranen immer noch grossartig. Sie sind eine Antithese zu den heute im High-End verbreiteten Tief-Mitteltönern, welche mit höherem Membrangewicht und längeren Schwingspulen auf Tiefgang im Bass und ausgewogene Frequenzgänge aus sind, auf Kosten der Dynamik.
Man kann sich unschwer ausmalen, dass die geringere «bewegte Masse» der HDA (leichte Membran und kurze Schwingspulen) eine bessere Dynamik erlauben. Weil in der ELLA gleich 3 x 13 cm HDA werkeln, wird diese zusätzlich gesteigert. Es kommt eine respektable Membranfläche zusammen, entsprechend einem 22-cm-Tiefmitteltöner! Das erklärte ich oft, wenn bei Vorführungen skeptische Hörer fragen, ob denn diese Box auch basstüchtig sei. Von vorne sieht man die seitlichen Chassis nicht, so wenig wie die Reflexkanäle. Und man versteht auch nicht auf Anhieb, dass diese drei Chassis parallel arbeiten. Ich spielte dann Yello und sah mit Genugtuung in die erstaunten Gesichter! In den Hinterköpfen, dies mein Eindruck, verfing der Trick mit den kleinen Chassis nicht immer. Man hört, was man sieht, und die Wirkung meines charmanten Spiels verpuffte.

Den Freunden grosser Bässe sei bestätigt, dass ein 22er-Tiefmitteltöner einen deutlich grösseren Membranhub realisieren kann als 3 x HDA und im Bass somit lauter und auch tiefer spielen kann. Der Preis wäre ein deutlich grösseres Volumen, eine breitere Schallwand und mehr erforderliche Leistung – für mich unisono ein No-Go.
Betrachtet man aber die Fähigkeiten im Grundton und im Mittelton, da wo unser Ohr empfindlicher ist und über das Auflösungsvermögen entscheidet, haben 3 x HDA frappante Vorteile. Ebenfalls bezüglich dem Abstrahlverhalten. Ein 22er-Mitteltöner würde im Übergang zum Kalottenhochtöner so stark richten, dass keine homogene Abstrahlung möglich ist. 3 x HDA im Dreieck schafft im Vergleich Erstaunliches! Und was die Bassperformance angeht: Über die Relec-Elektronik haben wir noch nicht gesprochen. Heutige (Aktiv-)Lautsprecher werden eher wie ein SUV konzipiert, wogegen mir ein Sportwagen lieber ist.

Der Hochtöner hat eine Metallmembran und stammt ebenfalls von Audax. Deren Erfahrung damit ist respektabel! In der ersten Version war die Membran aus Titan und der Antrieb ein Ferritmagnet. In der zweiten Version ist sie aus Magnesium, mit einem Neodymium-Magnet. Nun eilt Metallmembranen der Ruf voraus, zwar schön aufzulösen, aber auch gerne spitz und scharf zu klingen. Das ist nicht unberechtigt, kann aber durch geschicktes Engineering eingegrenzt werden, insbesondere auch mit der Aktivtechnik von Relec. Der Hochtöner arbeitet auf eine «Waveguide», ein kurzer, hornartiger Vorsatz. Über die Membran ist eine durchsichtige Akustiklinse gespannt.
Eine Waveguide ist ein bewährtes Mittel, um das Abstrahlverhalten des kleinen Hochtöners im Übergangsbereich an den grösseren Tiefmitteltöner anzupassen. Zudem hat sie den Nebeneffekt, die Dynamikreserven in diesem Bereich zu erhöhen. Erst dies erlaubte die verhältnismässig niedrige Trennfrequenz um 1700 Hz, die für das unkonventionelle akustische Design unabdingbar ist. Die Waveguide ist so gross gewählt, dass die Chassis frontseitig maximal zusammenrücken. Die Akustiklinse hingegen hilft, den Superhochton oberhalb 6 kHz besser zu streuen und passt die Richtwirkung dem unteren Frequenzbereich an. Die Innenverkabelung besteht aus Draht (solid core) statt einer Litze und stammt vom Schweizer Hersteller Vovox.

Ein Lautsprecher klingt so wie er abstrahlt
Die schräge Schallwand ist auch diesbezüglich interessant, ergibt sich doch eine sanftere Pegelabschwächung zu den Seiten, was wiederum der Abstrahlung dient. Auch hier ist ein positiver Nebeneffekt eingetreten, denn der Hochtöner strahlt weniger Schall zum Boden als zur Decke ab. Das ist insofern ein Vorteil, als dass der Umweg des reflektierten Schalls zum Hörer über die Decke deutlich grösser ist und die Decke eine diffusere Verteilung erlaubt.
Zudem entsteht ein angenehmer Effekt von Luftigkeit und eine immersive Wirkung. Dies steht im Gegensatz zur Doktrin der maximalen Richtwirkung auf den Hörplatz, um Boden- und Deckenreflexionen zu minimieren. Dieser Ansatz funktioniert in der Praxis nur in einem arg eingeschränkten Frequenzbereich und arbeitet «gegen den Raum» statt mit ihm. Hört man solche Systeme ausserhalb der Hörachse und stehend, klingen sie rasch unausgewogen und dumpf.
Den über die Zuhörer Richtung Decke strahlende Hochtöner musste ich auch öfters erklären, denn seine Neigung wirkt im Vergleich zum üblichen Layout seltsam. Verständlich wird dies erst, wenn man sich seine Wirkung akustisch und nicht optisch denkt. Interessanterweise wird derselbe Effekt in der horizontalen Ebene, wenn also der Hochtöner seitlich am Ohr vorbeizielt, durchaus akzeptiert.
Diese Situation entsteht sehr oft, da Lautsprecher gerne parallel zur Rückwand aufgestellt werden, was akustisch übrigens ein Unsinn ist, will man einen breiten Sweet Spot realisieren. Die bessere Wahl ist, die Lautsprecherachsen vor dem Hörplatz kreuzen zu lassen – ein akustisches Konzept, das die ELLA konsequent nutzt. Der Trick: Nähert man sich dem einen Lautsprecher, wird dieser zwar lauter, doch tritt man gleichzeitig stärker aus dessen Schallfeld hinaus – und somit in dasjenige des entfernteren Lautsprechers hinein. Dies, weil Lautsprecher ausserhalb ihrer Achse im Pegel abfallen.
Dadurch egalisiert sich tendenziell der Pegel links-rechts und die Hörzone, wo der Stereoeffekt noch funktioniert, wächst. Der ELLA-Ansatz: Dieser Pegelabfall erfolgt über einen weiten Frequenzbereich linear («Constant Directivity»), wogegen dies bei den meisten Lautsprechern unregelmässig geschieht.

Die starke Einwinkelung der ELLAs wirkt ungewohnt und Fragen tauchten auf. Ich bat dann jeweils, man möge aufstehen und herumlaufen. Schon nur beim Aufstehen merkt man, dass kein Hochtonabfall eintritt. Läuft man herum, ändert sich der Klang wenig. Wer übrigens darauf achtet, wie Lautsprecher klingen, wenn man umherläuft, wird feststellen, dass dies in hohem Masse den Gesamtklang definiert. Dominant beim Zuhörer ist nämlich immer der Indirektschall und nicht der Direktschall (ausser im Nahfeld), Stichwort «Hallradius».
Die ELLAs muss man übrigens nicht zwingend stark einwinkeln. Auch parallel zur Rückwand aufgestellt, klingen sie ausgewogen. Auf mich wirken sie dann fremd, denn ich hatte beim Entwurf zwei Bilder im Kopf, die mit dem Einwinkeln spielen. Beim wichtigeren Bild sind es zwei Statuen, welche an Sängerinnen erinnern, die sich einander zuwenden, um die Musik in der imaginären Mitte zu feiern. Die weibliche Form suggerierte den Namen, der auch eine Referenz an die grosse Lady des Jazz ist.
Das zweite Bild: die Beschwörung des Heiligen Geists mit einer Geste von Armen und Händen gen Himmel! Betrachtet man diese Figuren, erinnert dies an die beiden Schallwände, welche den Geist der Musik beschwören. Das Religiöse geistert ja unentwegt durch die High Fidelity, wirken doch die Geräte wie Altare, vor die man sich beim Musikhören setzt. Wenn schon religiös angehaucht, so gefällt mir das Bild des leeren Zwischenraums, der durch Musik gefüllt wird, deutlich besser. Die Anlage kann dann diskret an der Seite stehen, was sogar akustische Vorteile hat.
ella3_amplifier_605.jpgSegen: Das Gehäuse ist klein und resonanzarm. Ein weiteres Bonmot: «Kleine Lautsprecher, kleine Probleme – grosse Lautsprecher, grosse Probleme!». Ein Gehäuse verhält sich letztlich wie ein zusätzlicher, parasitärer Lautsprecher. Es macht sich immer bemerkbar, irgendwie. Die Kunst besteht darin, dessen Einfluss zu minimieren und den Restklang so zu integrieren, dass er nicht störend auffällt. Dazu gibt es unzählige Ansätze und der betriebene Aufwand kann extrem werden. Die Kunst besteht darin, Aufwand und Ertrag zu optimieren und eine stimmige Form zu finden.
Die einfachste Gehäuseform ist der Quader und am besten aus MDF gefertigt, wenn Aufwand und Ertrag hervorragend sein sollen. Nicht zufällig sind die allermeisten Gehäuse so gebaut. Gerne wird dies als funktionale Lösung missinterpretiert, doch gibt es leistungsfähigere Formen, allerdings zum Preis eines erhöhten konstruktiven Aufwands. Ich wählte mit der ELLA eine solch exklusivere Lösung mit einem Quader als Grundform, der aber an den Enden konisch zuläuft.
Zudem entschied ich mich für eine doppelschalige Konstruktion mit einem MDF-Gehäuse als Basis und einer Frontplatte aus schwerem Kunststein (Creanit), die aufgedoppelt wird. Das MDF-Gehäuse ist eher dünnwandig, aber innen mit Schwerfolien beklebt und verstrebt. Alle Materialien haben eine hohe innere Dämpfung. Die verbleibenden Gehäuseresonanzen gelangen damit in tiefe Frequenzlagen, wo sie wenig stören. Das Gehäuse ist zudem verhältnismässig klein, es besitzt also nicht so viele abstrahlende Flächen.

Damit operiert Relec innerhalb der analogen Grenzen, dies aber raffiniert. Die Relec-Aktivtechnik ist ganzheitlich. Sie betrachtet Lautsprecherchassis, Gehäuse (Innenvolumen, Resonator) und Verstärker als ein in sich geschlossenes System. Dabei regelt der Verstärker über ein Feedback die Bewegung der jeweiligen Membranen und kompensiert deren parasitäre Schwingneigung (adaptive Ausgangsimpedanz).
Die einzelnen Endverstärker (in Class-A/B- und Class-G-Technik) gewöhnen den Membranen quasi deren systembedingtes Fehlverhalten ab. Weiter optimiert das Aktivfilter das Phasenverhalten, damit die Chassis im zeitlichen Verlauf sauber zusammenspielen und der Hochton nicht wie üblich vorauseilt. Konsequent spricht Relec als Slogan für ihre PSI-Audio-Monitore vom «Right Sound» – und nicht vom «Best Sound». Dieses Gefühl, dass es «richtig» klinge, hatten mehrere Tester auch den ELLAs unabhängig attestiert.
Abseits formaler und akustischer Überlegungen ist dies die Basis für eine stimmige Musikwiedergabe. Passiv wäre dies in der Kombination schlicht nicht möglich, auch nicht mit dem aufwändigsten Verstärker des Planeten! Auch wenn diese Aktivtechnik alleine nicht das alles überragende Kriterium bildet, so bin ich überzeugt, dass Aufwand und Ertrag damit in einem hervorragenden Verhältnis stehen und die Stimmigkeit und «Richtigkeit» der Wiedergabe für mich unverzichtbar geworden sind. Und ohne die Relec-Technik hätte ich unmöglich einen derart kompakten, eleganten und leistungsfähigen Lautsprecher entwerfen können.
Aktiver Bass – gerne!
Wenn es einen Frequenzbereich gibt, wo man sich mehrheitlich einig ist, dass die Aktivtechnik im Vorteil ist, dann ist es der Bass. Egal ob der Lautsprecher teilaktiv oder vollaktiv ist, oder ob man einen aktiven Subwoofer nutzt, der aktive Bass klingt sauberer, konturierter, benötigt kleinere Volumina und man kann die Wiedergabe einfacher an die Raumakustik anpassen. Mit der Regeltechnik à la Relec erreicht man eine weitere Qualitätsstufe. Interessant ist, welche Qualitäten mit Bassreflexsystemen möglich werden. Diese stehen ja im Ruf, geschlossenen Systemen unterlegen zu sein, wenn es um Sauberkeit und Impulstreue geht.
Das stimmt durchaus für passive Systeme. Mit aktiven Systemen hat man zwei entscheidende Vorteile: unterhalb der Resonanzfrequenz des Reflexsystems verhält sich ein solches wie ein offenes Gehäuse und es kommt zu unnötigen, grossen Auslenkungen der Chassis, falls so tiefe Frequenzen gespielt werden. Dies erhöht massiv die Verzerrungen. Abhilfe schafft ein Hochpassfilter, welches diese Frequenzen beschneidet. Erst damit nutzt man den Vorteil der viel geringeren Membranauslenkung von Reflexsystemen konsequent aus.
Der zweite Vorteil ist die freiere Wahl von Volumen und Abstimmfrequenz. In einem passiven System kann die Wahl dieser Parameter nur in engen Grenzen erfolgen, um einen linearen Frequenzgang im Bass zu erzielen. In einem aktiven System à la Relec wählt man bewusst ein zu kleines Volumen und begradigt dann den Frequenzgang elektronisch. Damit einher geht eine effizientere Energieverteilung: auf der Abstimmfrequenz, also wo die Membranauslenkung am kleinsten ist, erhöht man den Pegel am stärksten. Das Ergebnis sind druckvolle Bässe, ohne dass sich die Membranen stark bewegen müssen. Die Membranregelung hilft zudem der Präzision. Vergleicht man dies mit einem geschlossenen aktiven System, so steht die Präzision der Wiedergabe diesem kaum nach, bei einer wesentlich gesteigerten Dynamik und Wucht.
Bei der ELLA nutzten wir noch eine weitere Option, um die Membranbewegung zu reduzieren: die Bassreflexkanäle treten unten am Gehäuse in Bodennähe aus, wo die Raumanregung maximal ist. Damit reicht ein leicht fallender Frequenzgang für eine lineare Tieftonwiedergabe. All diese Massnahmen helfen, dass die 3xHDA-Membranen mit ihren kurzen Schwingspulen und geringen Auslenkungen eine derart druckvolle Tieftonwiedergabe erzielen. Wandnahe Positionen gleicht man durch den Roll-Off Regler aus. Das wäre er also, der Sportwagen.
In grossen Räumen, für sehr hohe Pegel und ganz allgemein für Bassfreaks empfiehlt sich aber, einen oder mehrere Subwoofer einzubinden, wozu man sich aus dem Programm von PSI Audio bedienen kann. Das Zusammenspiel gelingt damit optimal. Weil der Roll-Off Regler nun zurückgedreht wird, um als Hochpass zu wirken, entlastet dies die 3xHDA-Membranen. Es gilt das Bonmot: «Membranfläche ist durch nichts zu ersetzen, wie noch mehr Membranfläche!».
Fluch und Segen: das Gehäuse
Segen: Das Gehäuse ist klein und resonanzarm. Ein weiteres Bonmot: «Kleine Lautsprecher, kleine Probleme – grosse Lautsprecher, grosse Probleme!». Ein Gehäuse verhält sich letztlich wie ein zusätzlicher, parasitärer Lautsprecher. Es macht sich immer bemerkbar, irgendwie. Die Kunst besteht darin, dessen Einfluss zu minimieren und den Restklang so zu integrieren, dass er nicht störend auffällt. Dazu gibt es unzählige Ansätze und der betriebene Aufwand kann extrem werden. Die Kunst besteht darin, Aufwand und Ertrag zu optimieren und eine stimmige Form zu finden.
Die einfachste Gehäuseform ist der Quader und am besten aus MDF gefertigt, wenn Aufwand und Ertrag hervorragend sein sollen. Nicht zufällig sind die allermeisten Gehäuse so gebaut. Gerne wird dies als funktionale Lösung missinterpretiert, doch gibt es leistungsfähigere Formen, allerdings zum Preis eines erhöhten konstruktiven Aufwands. Ich wählte mit der ELLA eine solch exklusivere Lösung mit einem Quader als Grundform, der aber an den Enden konisch zuläuft.
Zudem entschied ich mich für eine doppelschalige Konstruktion mit einem MDF-Gehäuse als Basis und einer Frontplatte aus schwerem Kunststein (Creanit), die aufgedoppelt wird. Das MDF-Gehäuse ist eher dünnwandig, aber innen mit Schwerfolien beklebt und verstrebt. Alle Materialien haben eine hohe innere Dämpfung. Die verbleibenden Gehäuseresonanzen gelangen damit in tiefe Frequenzlagen, wo sie wenig stören. Das Gehäuse ist zudem verhältnismässig klein, es besitzt also nicht so viele abstrahlende Flächen.

In jeder Standbox entsteht inwendig eine lästige Längsresonanz, wogegen die Querresonanzen in so hohen Frequenzbereichen entstehen, dass sie vom Dämmmaterial recht gut absorbiert werden. Die Längsresonanz hingegen nicht. Bei üblichen Standboxen von rund einem Meter Höhe liegt sie um die 170 Hz und ist in der Impedanzkurve gut zu erkennen, wenn der Hersteller die Resonanz nicht unterdrückt, was erstaunlicherweise selten der Fall ist.
Das ELLA-Gehäuse verläuft zwar an den Enden konisch zu, trotzdem entsteht eine Längsresonanz, welche durch geschickte Platzierung von festerem Dämmmaterial gut unterdrückt werden konnte.
Fluch: so logisch wie der Aufbau der ELLA erklärt werden kann, so aufwändig gestaltete sich die Umsetzung. Das Gehäuse wurde in der Fertigung teuer. Es sind viele kleine Arbeitsschritte notwendig für die formale Extravaganz und die akustische Effizienz. Mein Schreiner bemerkte süffisant, dass er noch nie ein Gehäuse mit so vielen Einzelteilen zusammengebaut hätte – und dann sei es noch so klein! Sein Vorgänger, der das Gros der MDF-Gehäuse gebaut hatte, schloss vor einer Weile aus gesundheitlichen Gründen seine Tore (was jedoch nicht in Zusammenhang mit dem Auftrag stand).
Seinem Goodwill verdankte ich akzeptable Preise. Denselben Goodwill beanspruchte ich bei der Firma, welche die gebogenen Schalen aus Kunststein herstellte. Der Chef bemerkte stets, dass dies für sie ein willkommenes «Forschungsprojekt» sei und sie dies nicht kostendeckend rechnen würden. Normalerweise produzierten sie Produkte für Bäder und Küchen. Die Firma ging leider Konkurs und bei der Nachfolgefirma mochte ich nicht mehr die Goodwill-Karte ziehen. Zudem ist inzwischen ist der Schweizer Franken im Vergleich zu den anderen Währungen massiv gestiegen.
Nun einfach die Verkaufspreise zu erhöhen wäre keine überzeugende Lösung. In der Summe stimmt die Ausgangslage für die weitere Produktion der ELLA bedauerlicherweise nicht mehr, weshalb ich mich nach langem Zögern entschloss, das Projekt zu beenden.
Aktive Zukunft
Wenn ich Musik über die ELLAs höre und die Lautsprecher so betrachte, erfreuen sie mich noch immer wie am ersten Tag! Die Leichtigkeit der Wiedergabe, die Lebendigkeit, ihre räumliche Präsenz und die weitgehende Absenz eines Eigenklangs finde ich gelungen. Sie geben jegliche Art von Musik überzeugend wieder, und ich würde sie mit keinem der durchaus bekannten Lautsprecher, die ich in den 20 Jahren im Showroom hatte, tauschen.
Kunden, die sich die ELLA leisteten, entschieden sich meist spontan – oft war es Liebe auf den ersten Blick. Wer sich auf die Erklärungen einliess, verstand auch die versteckten Qualitäten. Nun warten die letzten Paare (alle mit weisser Schale), die ich von internationalen Partnern zurückkaufen konnte, auf glückliche Musikfreunde. Wer neugierig geworden ist, darf sich gerne im Geschäft selbst ein Urteil bilden.
Ein Nachfolgemodell steht nicht bereit, denn überzeugend war bisher kein geprüfter Ansatz. Mit der ELLA legte ich die Latte hoch, PSI Audio baut selbst hervorragende Aktivlautsprecher, die nicht nur als Monitore taugen, und auch die passiven Partner der ELLA sind auch nicht von schlechten Eltern. Aber noch ist nicht aller Tage Abend und zuhause steht ein überaus inspirierendes aktives Lautsprechersystem, das noch viel älter ist, nämlich bald 50-jährig!
Klangwerk ELLA:
Analoger Aktivlautsprecher
2-Wege-Design mit Bassreflex
Masse: 113 x 21,6 x 19 cm (H x B x T)
Preis/Paar in CHF inkl. 7,7 % MwSt.: CHF 14'800.-
Infos: klangwerk.ch/lautsprecher/ella_de.html
ELLA zum Entdecken – immersive Stereodays:
Freitag, 3. November 2023, von 13–18 Uhr
Samstag, 4. November 2023, von 12–17 Uhr
Anmeldung erwünscht: info@klangwerk.ch
Klangwerk GmbH
Wieslergasse 6
8049 Zürich