Wir haben in den vergangenen zehn Jahren ungefähr sechs oder sieben Lautsprecher der Hornmanufaktur gesehen. Ich persönlich habe zwei oder drei begeisterte Besitzer dieser Hornlautsprecher – insbesondere des Modells Allegro – kennengelernt. Mit der Kalypso bringt der etablierte, wenn auch bislang nur Kennern bekannte Hersteller aus Österreich, einen schlanken und wirklich hübschen Standlautsprecher in der Preislage von 8000 EUR pro Paar auf den Markt (nach langer Entwicklungszeit, wie zu erfahren ist). Die Kalypso habe mehr Entwicklungszeit in Anspruch genommen als alle bisherigen Lautsprecher der Hornmanufaktur.
Hauptgrund für die lange Entwicklungszeit war laut Gerald Hüpfel die Integration des Breitband-Treibers, der sich gleich mehreren gehäusebaulichen Konstruktionsideen zu widersetzen schien. Und doch hielt der Entwickler an diesem Treiber fest, von dem sehr grosse Erwartungen ausgingen. Im Endeffekt präsentiert sich die Kalypso als schlanker Standlautsprecher mit 110 cm Höhe und einer schmalen Schallwand. Der «Hornmund», also die Austrittsöffnung des Horns, befindet sich (von vorne nicht sichtbar) auf des Rückseite des Lautsprechers. Das Horn arbeitet nach dem Hornreflexprinzip: Es ist also ein Hybrid aus Horn und Bassreflex, mit einer tieferen Grenzfrequenz trotz kleinerem Gehäuse. Der Trick ist bei diesem System der Einbezug der Wände zur Verlängerung der Hornkontur.
Das geht ein klein wenig auf Kosten des Wirkungsgrads, allerdings hält sich der Verlust in Grenzen: Der Hersteller empfiehlt für den idealen Betrieb einen Röhrenverstärker mit einer Leistung ab 8 bis 10 Watt pro Kanal (!) – und lieber Class AB, also mit Gegentakt-Endstufe. Das ist dann also eher weniger etwas für die SET-Verfechter, aber ein Versuch ist es wohl trotzdem wert.
Der dynamische Breitbandtreiber ist nicht bloss ein Bass-Mitteltöner, sondern wirklich sehr breitbandig. Er bekommt Unterstützung durch einen Ringradiator-Superhochtöner mit Abstrahlung in Richtung Decke und einer Schalldiffusion über 360° via den Diffusorkegel. Eine Frequenzweiche existiert praktisch keine. Einzig der Superhochtöner wird mit einem hochwertigen Kondensator im Spektrum gegen unten begrenzt, mit dem Zweck des Überlastschutzes. Das Breitbandsystem dürfte in Folge absolut phasenrichtig arbeiten und mangels «Frequenzweichen-Bremseffekt» zudem sehr dynamisch aufspielen.
Die Innenverkabelung wurde mit vier 1-mm2-Volldraht-Einzelleitern aus hochreinem Kupfer verwirklicht. Das absolut neutrale Kabel profitiere von seiner langen Abkühlzeit bei der Produktion und der sorgfältigen Verdrillung. Das Gehäuse wird in feiner Schreinerarbeit aus mehreren Schichten Sperrholz mit bis zu 42 mm Stärke gefertigt. Es ist innen mit Bitumen verkleidet. Die Kalypso ist ausschliesslich in Holzoberflächen mit europäischen Holzarten erhältlich.
Mit 17,8 kg Gewicht pro Lautsprecher holt man sich keinen Bruch bei der Optimierung der Aufstellung. Und mit ca. 8000 EUR pro Paar liegt man auch nicht verkehrt. Die Hornmanufaktur beliefert und betreut ihre Kunden in Europa direkt.
About Hornmanufaktur
Die Hornmanufaktur im österreichischen Jennersdorf – in der Nähe von Graz – das ist Gerald Hüpfel, ein passionierter Lautsprecherbauer seit seinem 13. Lebensjahr. Einst erfolgreicher IT-Manager und passionierter «High-Ender» fand er «seinen perfekten Klang» nicht so recht. Seine persönliche Odyssee durch die hochpreisige Markenwelt führte ihn über die Geschichte der Tonwiedergabe zum Breitbänder mit Horn. Er hängte seinen Beruf an den Nagel, absolvierte ein interuniversitäres Studium zum Toningenieur und begann vor Jahren mit dem professionellen Bau, sowie Beratung und Vertrieb von Lautsprechern aus Liebe zur Musik.
avguide.ch meint
Man muss die griechische Mythologie nicht überstrapazieren, um zu erkennen, dass Konzept und Ausführung der Kalypso von Hornmanufaktur eine Brücke vom feinsinnig, musikalischen Instrumentenansatz des Lautsprecherbaus zum wohnraumfreundlichen, praktischen Lautsprecher zu schlagen trachtet. Unser Testbericht folgt demnächst.