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Publikationsdatum
12. April 2023
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Das in Grossbritannien ansässige Technologieunternehmen MQA Ltd. hat Konkurs angemeldet. Im UK-Jargon bedeutet dies «going into administration» und ist vergleichbar mit Chapter 11 in den USA. MQA wurde mit ihrem Codec, der die Qualität der Analog-Analog-Kette vom Tonstudio bis zum Endkunden verbessern soll, bekannt und steigerte den Bekanntheitsgrad vor allem dank dem Musikstreamingdienst Tidal. Tidal verwendet MQA in ihrem HiRes-Streaming-Angebot. Das Unternehmen stellt den Schritt allerdings positiv dar – und zwar im Sinn einer vorsorglichen Massnahme für den bevorstehenden Verkauf des Unternehmens bzw. seiner neusten Technologie SCL6.

Die Verlautbarung von MQA im Originaltext:

«Following the recent positive reception to MQA’s latest technology (SCL6), there has been increased international interest in buying MQA Ltd. At the same time, MQA’s main financial backer is seeking an exit. In order to be in the best position to pursue market opportunities and expedite this process, the company has undergone a restructuring initiative, which includes entering into administration and is comparable to Chapter 11 in the US. During this process, MQA continues to trade as usual alongside its partners. We won't be commenting further while negotiations take place.»

Darin ist auch von einer Restrukturierungs-Initiative die Rede und vom Rückzug des wichtigsten Investors bei MQA. Das Unternehmen verlautbart, dass die Geschäftsbeziehungen mit seinen Lizenznehmern und wohl auch dem Streamingdienst Tidal normal weiterlaufen soll.

avguide.ch meint

UPDATE am 17.4.23: Ergänzend zu unserem Bericht hat sich der Musikstreamingdienst Tidal zwischenzeitlich entschlossen, Musik in Hi-Res auch als FLAC anzubieten. Das kann aber noch ein paar Wochen oder Monate dauern. Der MQA-Katalog soll allerdings beibehalten werden, vorerst, wie wir vermuten.

Unsere Einschätzung

Der Spagat zwischen einer positiven Nachfrage nach SCL6 (vormals MQair), welche den Verkauf von MQA Ltd. begünstigen soll, und der eingeleiteten Restruktrurierung, dem Rückzug des wichtigsten Geldgebers und dem Gang in die Konkursverwaltung wird in der Branche als sehr gewagt verstanden. Man kann vieles positiv darstellen, aber der negative Eindruck überwiegt im Moment. Somit ist zurzeit absolut unklar, was mit MQA geschehen wird.

MQA ist seit Anbeginn eher umstritten. Die durchgängige Authentifizierung von der Aufnahme bis zur Wiedergabe wird als schwierig und aufwändig gesehen. Und sie ist technisch schwer umsetzbar, zumindest in letzter Konsequenz. Es gibt zwar unter den Musikhörern mit Qualitätsanspruch viele Anhänger von MQA, kaum aber solche, die den «Codec» für unentbehrlich halten. MQA profitiert vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem Streamingsdienst Tidal. Tidal verwendet MQA für ihr HiRes-Angebot.

Streamingdienste mit HiRes-Angebot verwenden überwiegend den FLACodec mit 24 Bit Wortbreite und einer Samplingfrequenz von bis zu 192 kHz. Sie versprechen dem Kunden das eigentliche Studiomaster. Tidal bildet mit MQA die Ausnahme.

Fragen zur Zukunft

Es stellt sich leider die Frage, ob relativ kleine Unternehmen, die sich der hohen Qualität der Musikdistribution und Musikwiedergabe verschrieben haben, langfristig überleben können. MQA hat offensichtlich ihren Verkauf (bzw. den Verkauf ihrer Schlüsseltechnologie) angestrebt und tut dies gemäss Verlautbarung weiter. Auch der Musikdienst Tidal wurde erst gerade im Frühjahr 2021 von Square übernommen. Dann gibt es natürlich Qobuz und auch noch Roon. Letzterer ist zwar kein Streamingsdienst, aber ein hinsichtlich seiner Mission ähnlich gelagertes Unternehmen.

Während dies alles geschieht und wir nicht so recht wissen, ob diese Unternehmen sich als Übernahmekandidaten schmücken oder eine eigenständige Marktposition anstreben oder festigen wollen, positionieren sich die Grossen im Geschäft auch mit HiRes und vor allem Lossless-Qualität. Ich spreche von Amazon Music, Spotify und Apple Music. Apple hat gerade die Fans klassischer Musik mit Apple Music Classical und dem scheinbar grössten Klassik-Katalog der Welt beschenkt. Die Benutzeroberfläche ist auf Klassikhörer zugeschnitten.

Es ist leider nicht ganz auszuschliessen, dass wir eines schönen Tages ziemlich uniform Musik von wenigen (2 bis 3) grossen Anbietern beziehen werden.