Wenn ein so bekanntes Unternehmen im High-End-Audio wie Audio Research ins Wanken gerät, dann halten viele den Atem an. Audio Research ist Urgestein der amerikanischen High-End-Audio-Branche, hat die Elektronenröhre in Audio-Verstärkern wieder salonfähig gemacht und ist aus der Szene schlicht nicht wegzudenken. Die Produkte von Audio Research wurden modernisiert, sie entsprechen dem heutigen Zeitgeist. Auch optisch machen die schönen Boliden viel her. Ganz zu schweigen vom Klangerlebnis, das uns vor wenigen Monaten in einem Test-Setup schlicht begeisterte. Der heldenhaften Rettung zum Trotz muss man sich die Frage stellen, wie ein solches Unternehmen in Schieflage geraten kann.
Im Rückblick kann man feststellen, dass es im Gebälk von Audio Research in den letzten Wochen ganz schön gerüttelt haben muss. Am 16. Januar 2023 schien die Welt noch in Ordnung, als vom bisherigen Inhaber von Audio Research, Trent Suggs, in einem US-Fachmedium ein ausführliches Interview veröffentlicht wurde. Es stammt von der High End München 2022. Trent Suggs war früher der Verkaufschef von Audio Research und kaufte das Unternehmen im Jahr 2020 von der McIntosh Group. Das ist nur gerade drei Jahre her und führte Anfang Mai in einen Schuldenberg von mindestens 1,5 Millionen USD, den es nun abzutragen gilt.
Der rettende Engel heisst nun Valerio Cora, Gründer und CEO der Acora Acoustics Corporation aus Ontario/Kanada. Er verspricht, die Marke Audio Research mit einer eigens bereitgestellten Gesellschaft in die Zukunft zu führen. Seine strategische Vision würde den Prinzipien des Gründervaters von Audio Research William Z. Johnson entsprechen. Damit ist klar, dass Valerio Cora an der Philosophie und den audiophilen Grundsätzen festhalten will. Das ist eine gute Nachricht für die Fans von AR – und für die klassische Seite der High-End-Audio-Branche generell.
Bei aller Bewunderung macht es den Eindruck, dass es Audio Research in früheren Jahren unterlassen hat, auch nur ein Produkt zu lancieren, welches als einigermassen bezahlbares Einstiegsprodukt durchgehen würde. Im Gegenteil: Das Sortiment war lange Zeit so ausgestaltet, dass sich das kaum jemand wirklich leisten kann. Zwischen Bewunderung und Kauf liegt bekanntlich ein langer Weg. Kostengünstigere Produkte wurden ausgemerzt. AR galt auch immer als die anspruchsvollere Alternative zu McIntosh und passte vermutlich schon deshalb nicht ins Konzept der McIntosh Group. Suggs gab mit der Serie i50 Gegensteuer – dafür war es höchste Zeit oder schon zu spät.
Ob sich Geschäftssinn und die grosse Passion für die perfekte Musikwiedergabe bei Audio Research inskünftig besser vereinen lassen? Wir werden sehen. Im Moment herrscht die berechtigte Freude, dass das Unternehmen weitermachen kann.