Die erste Besetzung noch mit Sänger Rod Evans und Bassist Nicky Simper, "Mark I" geheissen, findet schon mal gar nicht statt. Von der grandiosen Mark II (Richie Blackmore, g, Ian Gillan, voc, Jon Lord, key, Roger Glover, bg, Ian Paice, dr) fehlen möglicherweise aufgrund dämlicher Rechte-Verteilung beim Universal Reissue die Hardrock-Initialzündung "In Rock" (1970) und deren Nachfolger "Fireball" (1971).
Okay, beide Alben schob Warner über Parlaphone neu einzeln auf Vinyl mit "Harvest"-Label nach. In der Universal-Box versammeln sich die Studioalben von Mark II "Machine Head" (1972), "Who Do We Think We Are" (1973), "Perfect Strangers" (1984 nach der Wiedervereinigung), "The House of Blue Light" (1987); von Mark III (Glenn Hughes ersetzte Glover, David Coverdale statt Gillan) "Burn" (1974) und "Stormbringer" (1974) und von Mark IV (Tommy Bolin statt Blackmore) "Come Taste the Band" (1975). Diese Scheiben zählen grösstenteils zum Rock-Weltkulturerbe, wobei Mark III noch stark mit Blues und Soul nachwürzte, und Mark IV teilweise richtig funky klang.
Doch apropos Klang: Da liegt wirklich der Hase im Pfeffer. Dem Autor liegen von jeder dieser wegweisenden LPs alte Pressungen und diverse CD-Remaster anlässlich von Jubiläen vor. Vom Meisterwerk "Machine Head" besitzt er ein gefühltes Dutzend Varianten, darunter die Geburtstagsausgaben zum 25. und 40. Und beim Hörvergleich schneidet die "Vinyl Collection" leider mies ab. Vielleicht dachten die Verantwortlichen, es käme nicht (mehr) drauf an: Auf jeden Fall kommt da im Vergleich zu den früheren Ausgaben ein erstaunlich eingeebneter, kraftloser Sound aus den Rillen. Man könnte meinen, es sei von den Download-Voucher erhältlichen MP3-Master geschnitten oder die Schneidstichel seien auf Mindest-Risiko-Automatik gestellt worden.
Meist fehlt zudem Bass, der dann wiederum beim soul-funkigen "Come Taste the Band" etwas konturlos rumdröhnt. Oft sind die Rillen sogar weiter geschnitten als bei den früheren deutschen EMI- oder Polydor-Ausgaben, die aber doch deutlich mehr Schmackes und mehr Dynamik bieten. Übrigens mit 130–140 Gramm leichter als die aktuellen 180er (vermutlich aus dem tschechischen Lodenice), was wieder einmal beweist, dass Sound keine Frage des Gewichts ist. Die Pressungen selber sind auf gutem, heutigem Niveau, wo im Original ein Klappcover und eine bedruckte Innenhülle zur Ausstattung gehörte, ist das auch hier erfüllt. Immerhin.
Doch bei "The" Collection hätte man noch ein paar sinnstiftende Zugaben erwarten dürfen. Aber eine Single-A-B-Seiten/Raritäten-LP, was der Deep-Purple-Katalog reichlich hergibt, ein Extra-Booklet oder zumindest ein Beiblatt mit dem Band-Stammbaum fielen wohl auch der Ökonomie zum Opfer. Schade. Die Hoffnung auf klangliche Besserung trog auch bei den Parlophone-Reissues, beide im gut restaurierten Klappcover.
Enger geschnitten als die deutschen EMI-Originale klingen sie nicht nur leiser, sondern schlapper, dünner und spürbar weniger dynamisch. Das tönt nicht mehr wie die neben Led Zeppelin grösste Hardrock-Band, die uns als Jugendliche in den Siebzigern von den Sesseln riss. Traurig.