Während erste Digitalaufnahmen mit 14 Bit gemacht wurden, unter anderem vom Schweizer Aufnahmepionier Jürg Jecklin, wurde für die CD 16 Bit als Auflösung definiert. Doch heute sind Streamingformate mit 24 Bit Standard, und einige Aufnahmen kann man sogar mit 32 Bit downloaden. Wie können wir durch die hohen Bitraten erzeugte maximale Dynamik nutzen? Bringt eine 32-Bit-Aufnahme in der Praxis überhaupt Vorteile?
Die Anzahl Bits ist entscheidend für die Dynamik
Überschlagsmässig lässt sich die maximale Dynamik einfach berechnen. Bittiefe multipliziert mit 6 ergibt näherungsweise die theoretisch nutzbare Dynamik. Hier für die wichtigsten Bittiefen berechnet: 16 Bit = 96 dB, 24 Bit = 144 dB und 32 Bit = 192 dB. Im Vergleich dazu weist unser Gehör eine maximale Dynamik von etwa 130 dB auf, was auf den ersten Blick einen beträchtlichen Wert darstellt. Ohne weiteres Wissen würde man sagen, dass wohl die 24 Bits ein Must darstellen. Doch wie so oft ist die Sachlage etwas komplexer. Doch kann das Gehör nicht ohne weiteres die ganze Dynamik umsetzen und ebenso wenig kann das eine HiFi-Anlage.
Praktisches Hören
Am unteren Ende der Dynamik spielt der Ruhegeräuschpegel eine nicht unwesentliche Rolle. Die durchschnittliche Wahrnehmung beginnt bei 0 dB bei 1 kHz (= Bezugsschalldruck). Doch wer einmal mit einem Schallpegelmeter (z.B. auf dem Handy) die Geräusche im «stillen» Raum betrachtet, wird feststellen, dass konstant 10 bis 30 dB Schalldruck vorhanden ist. Am anderen Ende werden wohl die meisten Leser mit mir übereinstimmen, dass Musikhören (zu Hause) mit mehr als 110 dB unangenehm wird. Damit bleiben noch etwa 90 dB nutzbare Dynamik. Da unser Gehör den Schalldruck nicht über das ganze Hörspektrum als gleich laut wahrnimmt, müsste man, um genau zu sein, tiefe, mittlere und hohe Frequenzbereiche separat betrachten. Die wollen wir einfachheitshalber vorerst ausser Acht lassen.
Mehr Auflösung?
Wollen wir uns mal etwas detaillierter mit der Auflösung befassen. 24 Bit bedeuten, dass theoretisch 224 verschiedene Werte möglich sind, was ausgerechnet über 16 Millionen sind. Bei 16 Bit sind das 216, also nur noch 65'500 Werte. Da haben wir es also: viel mehr Auflösung! Das stimmt in der Theorie, aber in der Praxis? Mehr Auflösung bedeutet, dass kleinere Pegel sauber reproduziert werden können. Zum Beispiel bei -100 dB oder sogar bei -120 dB können noch kleinste Signale dargestellt werden (bezogen auf den digitalen Referenzpunkt 0 dB).
Doch leider bringt das keinen Vorteil, wenn a) unser ganzes Wiedergabesystem maximal 100 dB wiedergeben kann und b) diese leisen Signale gar nicht wahrnehmbar sind, da das Grundrauschen in unserem Raum diese minimalen Signalanteile überdeckt. Um Klarheit zu schaffen, kann man die Skalen der Signalquelle (z. B. ein Streamer) und dem kompletten Musikwiedergabesystem übereinanderlegen. Dies sehen Sie in der untenstehenden Abbildung. Wenn die Pegelverhältnisse stimmen, sollte beim maximalen Schalldruck (in unserem Fall 110 dB) auch im digitalen Bereich die maximale Aussteuerung vorhanden sein, was mit 0 dB definiert ist. Dies ist so, weil ein digitaler Pegel nicht über diesen Fixpunkt hinauskommt, sondern dort durch die digitale Technik bedingt «abgeschnitten» wird. Im analogen Bereich können Signale auch lauter sein als der Referenzpegel. Das Signal wird dann ebenfalls verzerrt, aber in der Regel etwas weniger abrupt abgeschnitten, je nach analogem Medium.
Das bedeutet mehr oder weniger, dass über 30 dB der vermeintlich besseren Auflösung im Rauschgrund der Anlage bzw. der Umgebungsgeräusche verschwindet und somit unhörbar(!) bleibt. Deshalb gibt es auch hervorragend klingende CDs, welchen lediglich 16 Bit für die Dynamik zur Verfügung steht (96 dB). In den meisten Fällen wird es schwierig sein, aus den oben genannten Gründen überhaupt 90 dB Dynamik zu erreichen.
Wie sinnvoll dann 32 Bit für einen Audiodatenträger sind, überlasse ich Ihnen gerne selber zu beurteilen. 32 Bit sind sinnvoll für digitales Processing (DSP), machen aber für die Datenübertragung bzw. Datenträger wenig Sinn. Nebenbei stellt sich natürlich auch die Frage, mit wie viel dB die Musik überhaupt «eingefangen» werden kann. Werte >120 dürften wohl utopisch sein, mit Ausnahme einer Bassdrum vielleicht. Mikrofonverstärker und AD-Wandler haben in der Praxis ebenfalls ein Grundrauschen, und selbst in Tonstudios dürfte sich der Ruheschallpegel im Bereich bis 10 dB bewegen.