KAUFRATGEBER
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Publikationsdatum
4. Februar 2021
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Früher – als die Welt noch in Ordnung war – waren Vollverstärker oder integrierte Verstärker eine recht einheitliche Sache: Man konnte die üblichen analogen Quellen anschliessen, vom Plattenspieler über den Tuner bis zu Bandgeräten. Der Vorverstärker erlaubte die Klangregelung und Tonaufnahme zum Mithören oder nebenbei. Der Endverstärker sorgte für genügend Leistung an unterschiedlichen Lautsprechern. Sobald der Radio-Tuner auch noch eingebaut war, sprach man von einem Receiver. Diese HiFi-Receiver waren sehr verbreitet in musikalischen Haushalten.

Der reine Vollverstärker etablierte sich dann immer mehr als audiophile oder puristische Variante mit einem möglichst kurzen und unbeeinflussten Signalweg – sprich: ohne Klangregelung und Panorama/Balance-Regelung. Das war zwar im Grunde unpraktisch, aber gut für den Klang, weil die passiven Filter der Klangregelungen mit typischer Steilheit von 12dB/Oktave Phasenfehler erzeugten. Ich denke heute noch mit Grauen an diese passiven Gaphic Equalizer zurück. Mit ihnen ging die Phasentreue ohne Umweg den Bach runter.

Auch fiel der Phono-Eingang immer mehr der Realität zum Opfer, dass es ihn immer weniger brauchte. Wer noch Schallplatten hörte – der Begriff Vinyl war noch ungebräuchlich –, der besorgte sich einen separaten Phono-Vorverstärker.

Dann begann das digitale Zeitalter und mit ihm kam auch Vinyl zurück. Ein lustiger Zufall.

Moderne Vollverstärker und Audio-Receiver

Funktional kann man die modernen Vollverstärker in 3 Kategorien unterteilen

  • Nur analog, mit oder ohne Phono-Eingang,
  • Mit Analog- und Digitaleingängen
  • Audio-Receiver mit zusätzlicher Streaming-Funktion

 
Unter Streaming-Funktion kann man sich Hersteller-eigene Plattformen wie HEOS (Marantz) vorstellen oder solche von Drittanbietern wie Roon. Die dritte Kategorie umfasst auch gelegentlich die Sprachsteuerung (Bsp. Cyrus ONE Cast), die keineswegs im Widerspruch zu hoher Klangqualität stehen muss, mit der sie ja nichts zu tun hat. Interessant und wohl auch zukunftsträchtig ist die bereits integrierte Raumeinmessfunktion wie beim Lyngdorf TDAI 1120.

Aufgrund von Streaming-Funktionen und Zusatzfunktionen kann man durchaus den Begriff Audio-Receiver wieder ins Spiel bringen – selbst dann, wenn Streaming via Bluetooth AptX mit akzeptablem Klangniveau wireless zugeführt wird und so eigentlich nicht eine im Verstärker integrierte Funktion ist, sondern von einem Smart-Gerät erzeugt wird. Bei Airplay2 und Chromecast gilt dasselbe, wobei das Klangniveau höher ist.

Blick unter die Haube

blickt man unter die sprichwörtliche Haube, so gibt es einige interessante Entdeckungen: Die Schaltverstärker, oft nicht korrekt als Digitalverstärker betitelt, setzen sich immer mehr durch. Sie haben sich vor allem in Bezug auf Klangqualität hervorgetan und benötigen dafür wenig Leistung und weniger Raum, was wiederum die Kosten senkt.

Was man auch immer öfter sieht und kaum vermutet, sind digitale Plattformen, bei denen auch das Eingangssignal analoger Quellen digital verarbeitet wird, um dann vor der Endstufe wieder in Analog gewandelt zu werden - oder 1Bit digital (Technics). Signalprozessoren sind das A und O für Raum-Einmessungen oder kluge Equalizer, die auf diese Weise nicht nur präzise, sondern auch verlustfrei arbeiten. Anders geht das gar nicht. Man könnte daraus sogar schliessen, dass man analog nur digital richtig hinbekommt.

Die strikt analog arbeitenden Geräte werden weniger. Doch sie sind nicht weg vom Fenster. Ihre Hersteller perfektionieren, wo sie können, und weil bei den einfachen Geräten der ersten Kategorie weniger Funktionen bewirtschaftet werden müssen, kann man die Kosten senken oder gezielt die Qualität steigern. Der günstigste Vollverstärker im Feld, der io von Rega, ist der Beweis, wie man beides hinbekommt.

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