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Publikationsdatum
27. November 2020
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Software wird immer bestimmender, wenn es gilt, Klangqualität und Authentizität der Musikwiedergabe zu steigern. Für den Liebhaber von «Hardware» bzw. von Geräten ist das eine schlechte Nachricht – und für Hersteller von Geräten, vor allem Geräten klassischen Zuschnitts, ebenso. Die Musikliebhaber müssen zunehmend ihre manchmal festgefahrenen Ansichten überdenken. Die Hersteller wiederum müssen hinsichtlich ihrer verfügbaren Kompetenz für künftige Produktentwicklungen über die Bücher.

Man kann sich die klassische HiFi-Kette wie ein grosses Eisfeld in der Arktis vorstellen: Immer mehr Fläche bricht weg, weil sich die technologischen Umweltbedingungen verändern. Zum Beispiel gibt es die Vielfalt von Tonträgern und ihrer Abspielgeräte nicht mehr, zumindest für die grosse Mehrheit der Musikhörer. Es gibt für die meisten nur noch Streaming bis und mit 24 Bit und 192 kHz (HiRes). Bei den DA-Wandlern sind die Digitalfilter (= Software) klangentscheidend. Dann muss man noch «verstärken» und in Schall umwandeln. Die Signalverstärkung wird immer verzerrungsfreier – so wie nie zuvor: effizienter, integrierter und … unspektakulärer. Aktivlautsprecher mit integrierten Signalprozessoren (= viel Software) sind klar auf dem Vormarsch – und das bei weitem nicht nur aus praktischen Gründen.

Testaufbau: Schaltnetzteil von Hypex. 2 x Eigentakt Class-D-Endstufe mit Connector Board von Purifi. Das sind max. 2 x 450 Watt. Bei 100 Watt liegt THD bei <0,00017 %. Fantastischer Klang, den man einfach verbauen kann.Testaufbau: Schaltnetzteil von Hypex. 2 x Eigentakt Class-D-Endstufe mit Connector Board von Purifi. Das sind max. 2 x 450 Watt. Bei 100 Watt liegt THD bei <0,00017 %. Fantastischer Klang, den man einfach verbauen kann.

Durch das Wegbrechen von immer mehr Hardware (= Geräte, Komponenten) braucht es auch viel weniger Kabel. Die Funktionseigenschaften der modernen HiFi-Komponenten haben den Vorteil der verringerten Störanfälligkeit, sowohl beim Strom aus dem Stromnetz als auch punkto Vibrationen. Spezielle Tonmöbel und massive Gehäusekonstruktionen müssen hinterfragt werden. Auch Raumakustik wird immer häufiger mittels Software positiv beeinflusst, vor allem im tiefen Frequenzspektrum. Stichwort: Raum-Einmessung.

Die Gilde der Musikhörer mag schon sehr polarisiert sein. Die Spannbreite reicht von den Traditionalisten, die alles Neue aus Prinzip ablehnen und das Althergebrachte verherrlichen, bis hin zu den Progressiven, die sich deutlich mehr vor den alten Ideen fürchten als vor dem Neuen. Die Progressiven sind jedenfalls jünger und sie sind mit Smartgeräten aufgewachsen. Sie sind die neue Software-Gesellschaft und die neuen Musikhörer mit höchsten Qualitätsansprüchen.

Als Anbieter von progressiven High-End-Systemen kann ich eine sehr deutliche Aussage machen: Wer bei hochwertigem Audio den Kunden-Nachwuchs vermisst, der hat die falschen Produkte. Das haben auch die Traditionshersteller festgestellt. Wer keine eigene Software-Entwicklung oder sehr gute Partner hat, der hat langfristig keine Chance mehr. Das ist wohl der Hauptgrund, warum Zusammenschlüsse von Herstellern und Marken gerade sehr häufig zu beobachten sind. Aber wird das reichen?

Beispiel Kii Control: Seit dem letzten Software-Update sind 8 Filter und 6 verschiedene Filtertypen individuell anwendbar, vor allem für Raumanpassungen. Dies alles nur mit einem Software-Update.Beispiel Kii Control: Seit dem letzten Software-Update sind 8 Filter und 6 verschiedene Filtertypen individuell anwendbar, vor allem für Raumanpassungen. Dies alles nur mit einem Software-Update.

Die Kerntechnologie für hochwertiges Audio wird zunehmend von «Zulieferern» entwickelt, patentiert(!) und an die HiFi-Markenhersteller verkauft, welche die Technologie dann in die Produkte integrieren. Das klingt schon nicht mehr so erhaben, ist aber zum Beispiel bei Netzwerk-Playern (Streamingfunktion) schon länger gang und gäbe. Technologie-Anbieter wie Dolby und Co. machen das schon so lange, dass man sie gerne vergisst.

Eine ähnliche Strategie verfolgt Purifi: Das junge dänische Unternehmen entwickelt Class-D-Verstärker und Lautsprechertreiber höchster Güte, die grundsätzlich neu durchdacht und bereit für den Einsatz in vielen Geräten bekannter HiFi-Marken sind. Die Gründer und Schlüsselleute von Purifi halten aus früheren Tätigkeiten zusammen schon über 55 Patente. Die Klangqualität ihrer hocheffizienten Eigentakt-Endstufen ist hervorragend. Der Wirkungsgrad liegt bei über 90 % und die harmonischen Verzerrungen (THD) sind nicht mehr wirklich existent.

Es gibt noch mehr Beispiele, die zeigen, dass die Treiber der hochwertigen Musikwiedergabe zum grossen Teil Software-Hersteller sind, die vorwiegend im Hintergrund agieren. Sie verkaufen ihre Technologie als Lizenzen oder als Bauteile (Chips) beziehungsweise Baugruppen. Und was sie genau tun, ist gar nicht so einfach zu verstehen. Da sie das Endprodukt nicht vermarkten müssen, sondern ausschliesslich im B2B-Bereich operieren, brauchen sie das investierte Kapital fast nur für Entwicklung und Produktion. Die Werbung machen ihre Kunden mit ihren bekannten Audio-Marken.

Ob die kleinen Manufakturen mit Bienenwachs, Schlangenöl und der Attitüde von barocken Instrumentenbauern noch mithalten können, ist sehr fraglich, denn es geht beim Fortschritt der Musikwiedergabe nicht um Alchemie und gut gelagertes Holz. Es geht um Technologie, auch wenn das kalt klingt. Schon die Musik-Aufnahme kommt ja nicht mehr von Tonträgern, sondern von Musik-Streamingdiensten. Auch das sind Software-Firmen.

Bitte bemühen Sie die Vinylschallplatte für einmal nicht. Wir wissen, dass es sie noch und wieder gibt. Vinyl zeigt uns auf, dass uns manchmal etwas fehlt, wenn wir die Qualität nicht mehr anfassen können. Alleine das Anfassen macht aber die Qualität nicht aus. Das wäre eine Illusion.

Beispiel Weiss: Ein digitaler Signalprozessor mit oder ohne DAC ermöglicht eine Menge von Korrektur- und Klangdesign-Möglichkeiten.Beispiel Weiss: Ein digitaler Signalprozessor mit oder ohne DAC ermöglicht eine Menge von Korrektur- und Klangdesign-Möglichkeiten.