Wer die Kunst liebt und auch auf deren repräsentative Wirkung schielt, braucht Kunstwerke, die man betrachten und zeigen kann: Bilder und Skulpturen in Räumen für Gäste, die sie bestaunen und dem Besitzer Respekt, Bewunderung oder Neid zollen. Was für viele Kunstliebhaber wichtig ist, beschreibt die Bedeutung von Kunst unvollständig. Videokunst, Conceptual art, Land art und Performance art haben Kunst neu definiert und mitunter auch die ewigen Nörgler auf den Plan gerufen. Kunst setzt sich darüber hinweg. Klangkunst ist darüber hinaus für jeden verständlich, denn Klang und auch Musik umgehen kognitive Denkprozesse und erzeugen Gefühle, ohne Wissen und Bildung vorauszusetzen.
Leson7.com: die Klangkunstgalerie
Carolina Podesta (Argentinien) und Andy Footner (England) haben sich als Galeristen der Klangkunst verschrieben. Sie betreiben ihre Klangkunst-Galerie leson7.com im südfranzösischen Capestang und veranstalten regelmässig Ausstellungen in London, Buenos Aires, Paris und demnächst in Madrid vom 2. bis 23. Mai 2023.
Sie verschaffen Zugang zu und verkaufen Klangkunstwerke von etablierten Klangkünstlern wie zum Beispiel des Schweizers Marc Urselli oder François K aus Frankreich. Die Vitae der Künstler sind beeindruckend und ihre Werke, mit Audioplayern, Kopfhörern, aber auch über Lautsprecher wiedergegeben, schlagen die Zuhörer in ihren Bann, entreissen sie in ferne Klangwelten. Besonders natürlich an den Ausstellungen, wo sie für kurze Zeit gegen Eintrittskosten jedem Besucher offenbart werden.
Die Klangkunstwerke sind echte Unikate mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten oder mehr. Sie bilden einen Gegenpol zu Musik ab Stange für jedermann via Streamingsdienst im Monatsabo. Schliesslich handelt es sich dabei um sehr aufwändige Tonproduktionen mit Geräuschen und Klängen aus der Natur, der Musik oder real erzeugten Klangereignissen. Spektakulär ist in diesem Kontext ein echter Car-Crash als Teil eines Werks namens «Raw» der Künstlerin Paula Garcia. Man kann sich Kurz-Auszüge der Werke online anhören und sich ein akustisches Bild davon machen.
Werke und Käufer
Klangliche Erzeugnisse sind portabel, aber auch einfach kopierbar. Deshalb werden online auch nur kurze Auszüge aus den Klangkunstwerken präsentiert, im digital komprimierten MP3-Format. Wer sich die Werke vollständig als .wav anhören will, der besuche eine Ausstellung oder gleich die Galerie selbst. Die Werke kosten je nach Umfang und Reputation des Künstlers 4- bis 5-stellige Beträge, vergleichbar mit Bildern und Skulpturen also. Als Käufer und Sammler erhält man ein Unikat mit einer Authentizitätserklärung des Künstlers, der das Werk selbst nicht mehr anbieten oder kommerziell nutzen darf, ausser mit ausdrücklicher Einwilligung des Besitzers.
Der Käufer darf es auch wieder verkaufen, aber nur einmal.
Heute zählen vor allem institutionelle Nutzer zu den Käufern dieser Klangkunstwerke, zum Beispiel Museen, Ausstellungen und Räume mit dedizierten Anwendungen für Klangbilder – ob als reiner Klang oder auch in Verbindung mit Videos oder Installationen.
In Zukunft werden wohl auch Private als Kunstliebhaber und Sammler dazukommen, wenn das Beispiel der Klangkunst im heimischen Ambiente einmal Schule macht. Ich kann mir das vielleicht noch nicht vorstellen, aber bei Kunst geschieht eigentlich immer genau das, was sich niemand vorstellen konnte.