Die spezifizierten Leistungswerte des Elicit MK5 lassen aufhorchen: 2 x 105 Watt an 8 Ohm, bzw. 2 x 162 Watt an 4 Ohm liegen klar über dem Klassendurchschnitt und machen deutlich, dass sich der Brite von schwer zu treibenden Lautsprechern nicht so leicht in die Knie zwingen lässt. Rega gibt an, beim neuen Elicit wesentliche Schaltungsmerkmale direkt vom teureren, bestens beleumundeten Brudermodell Aethos (Test nachzulesen hier) übernommen zu haben. So etwa die aufwändige, mit FETs bestückte und in Class-A arbeitende Vorstufensektion, die auch für die ordentliche Wärmeentwicklung des Geräts mitverantwortlich ist. War das Vorgängermodell noch mit einer elektronischen Lautstärkeregelung (via Widerstandsnetzwerk) bestückt, verfügt der Neue über ein hochwertiges, motorgetriebenes ALPS-Potentiometer. Kenner wissen, dass ein solch «klassischer» Volumenregler klanglich durchaus Vorteile gegenüber IC-basierten Standardlösungen bringen kann.
Der Innenaufbau des Geräts ist picobello: Eine einzige, durchgehende Hauptplatine, hochwertige Bauteile wie Qualitätsrelais für die Eingangsumschaltung oder Polypropylen-Kondensatoren im Signalweg und Sanken-Leistungstransistoren in der Endstufe machen deutlich, dass bei der Bestückung keineswegs gespart wurde.
Das Gleiche gilt für das Äussere. Der Elicit kommt im neuen Gewand: Das Design des recht flachen Geräts ist apart gestaltet und klar durchstrukturiert. Die eigentliche Front ist etwas abgesetzt und lässt punkto Bedienelemente keine Rätsel aufkommen. Die beschränken sich nämlich auf Ein/Aus (nur manuell per Knopfdruck), Eingangsumschaltung sowie die Lautstärkeeinstellung. Mitgeliefert wird die Rega-Systemfernbedienung Solaris, die prima in der Hand liegt und auch grosse Tasten anbietet. Die meisten Funktionen werden jedoch gar nicht genutzt, sodass die Übersicht anfangs etwas leidet. Letztlich benötigt man nur die Eingangsumschaltung sowie die Lautstärke. Beide befinden als Wipptasten daumengerecht im Zentrum des grossen Bedienfelds und lassen sich umgehend auch blind ertasten. Die Intervalle der motorgetriebenen Lautstärkeregelung sind praxisgerecht ausgelegt. Man kann das gewünschte Volumen problemlos und ohne viel Federlesen recht präzise einstellen.
Der Rega Elicit MK5 wird im Betrieb wie schon erwähnt recht warm. Man sollte ihm also etwas Umgebungsluft «zum Atmen» lassen und auch nicht unbedingt ein anderes Gerät (wie etwa den im Design passenden neuen CD-Spieler/DA-Wandler Saturn MK3) daraufstellen.
Der Elicit MK5 benötigte im Hörtest weder eine lange Einspiel- noch Warmlaufzeit, um klarzumachen, wohin die klangliche Reise geht. Er beeindruckte an einem Paar Spendor A7 auf Anhieb mit seiner ausgeprägten Spielfreude und seiner vitalen Gangart. Die britischen Standlautsprecher wussten gar nicht, wie ihnen geschah – sie wurden vom Landsmann unwiderstehlich zu einer emotional packenden Wiedergabe mit viel «Drive» animiert. «We got Rhythm» war die unmissverständliche Botschaft etwa beim Titel «Day by Day» vom kürzlich erschienen Album «Oscar Peterson – The Best Of The MPS Years». Sein legendäres Trio wird hier von Herb Ellis an der Gitarre unterstützt.
Bei Subwoofern ist diese Entwicklung schon lange im Gang. Und die verblüffenden Bässe aus kleinen Boomboxen wären ohne diese Technik undenkbar. Grosse Leistung bedeutet aber nicht nur die gewünschten hohen Auslenkungen, sondern auch hohe Temperaturen in den Schwingspulen, womit unweigerlich Verzerrungen ansteigen. Den durchschnittlichen Musikhörer muss dies kaum kümmern, denn lieber etwas stärker verzerrten Bass als gar keinen! Zudem bleiben diese bis zur gehobenen Zimmerlautstärke von 70 bis 80 dB moderat.
Avantgarde dieser Entwicklung war Bang&Olufsen. Ab den 1980er-Jahren bauten sie konsequent aktive Lautsprecher, um elegantes Design in kompakten Gehäusen umzusetzen, inklusive der Steuergeräte. Wer kennt nicht die ikonische «Orgelpfeife», die Beolab 8000, ein grosser kommerzieller Erfolg. Von HiFi-Freaks wurde sie verschmäht, vom Design-Publikum aber geliebt und über fast zwei Dekaden hergestellt. Diese Basswiedergabe aus dem 5-Liter-Reflex-Gehäuse ist noch heute verblüffend. Konsequenterweise entwickelte B&O später mit ICE-Power hochwertige Class-D-Endstufenmodule, die nun auch in sehr vielen Geräten anderer Hersteller eingesetzt werden. Damit konnte der Ansatz weiter perfektioniert werden. B&O bleibt bis heute der wichtigste Hersteller von Aktivlautsprechern im HiFi-Segment und hat auch innovative High-End-Modelle wie die Beolab 90 entwickelt.

Avantgarde in der Entwicklung von Aktivlautsprechern fürs Wohnzimmer war Bang&Olufsen. Die Beolab 8000 war ein grosser kommerzieller Erfolg.
«Früher war alles besser»
Voluminöse Lautsprecher haben ihre Bedeutung als Statussymbole beim grossen Publikum weitgehend eingebüsst. Die Gebraucht-Börsen sind voll von (passiven) Standlautsprechern zum kleinen Preis. Vintage-Modelle, gerade mit grosskalibrigen Tieftönern, bleiben gesucht und gerne auch, um sie mit Röhrenverstärkern anzusteuern. Dies nicht ohne Grund, denn sie zeigen, wie grossflächige Tieftöner mit hohem Wirkungsgrad in grossen Reflex- oder Horngehäusen mit wenig Leistung klingen können. Es gibt auch eine Reihe von Herstellern, die mit neuen Konstruktionen diese Tradition beleben – ein Beispiel sind die Hornlautsprecher von Blumenhofer.
Ich erinnere mich an eine Vorführung an der High End München von riesigen Kino-Lautsprechern aus den 1930er-Jahren bei Silbatone Acoustics. Sie stammen aus einer Zeit, als jedes Watt an Leistung der Röhrenverstärker äusserst wertvoll war und folglich der Wirkungsgrad der (Horn-)Lautsprecher sehr hoch sein musste. Die Tieftonwiedergabe war unglaublich sauber, leichtfüssig und authentisch. Der Vorführende bemerkte süffisant: Damals hätte man mit 6 Watt 1000 Personen beschallt. Heute würde man mit 1000 Watt 6 Personen beschallen!

Western Electric Kino-Hornlautsprecher aus den 1930-Jahren mit Silbatone-Röhrenverstärkern an der High End in München.
Der Trend geht heute auch im High-End hin zu kompakten Modellen. Und da kommt die Aktivtechnik nun mal sehr gelegen. Weil man einem übermässig geschrumpften High-End-Lautsprecher gerne keine ordentliche Basswiedergabe zutraut, können die Entwickler die verbliebenen Pfunde für eine tiefergehende oder brachialere Wiedergabe nutzen.
Eine beliebte Variante, gerade im oberen Preissegment, sind teilaktive Modelle mit einer Aktivierung nur des Bassbereichs. Auch damit lässt sich die übliche Magerkur umsetzen, ohne dass auf das geliebte Pröbeln mit dem Verstärkerklang verzichtet werden muss. Der aktivierte Bass ist dann auch gleich Subwoofer. Leistungsmässig fährt man damit gut, denn eine Mittelhochtoneinheit benötigt viel weniger Watt und der Impedanzverlauf ist unkritischer.
Vorteil der Magerkur ist auch die geringere Resonanzanfälligkeit des Gehäuses, gemäss dem Bonmot: «Grosse Lautsprecher – grosse Probleme, kleine Lautsprecher – kleine Probleme.»
Digitale Aktivtechnik zur Raumanpassung
Was nützt die beste Basswiedergabe, wenn die ungünstige Raumakustik diese zunichtemacht? Lästige Dröhntöne vergällen einem gerne den Musikgenuss, wenn stehende Wellen über Gebühr angeregt werden. Auch diesbezüglich punktet die Aktivtechnik, denn Dröhntöne lassen sich ermitteln und bedämpfen. Das Werkzeug sind DSP (digitale Signalprozessoren), die in zahlreichen Aktivlautsprechern und Subwoofern eingebaut sind. Die komplexe Thematik erfordert jedoch einen separaten Artikel.
Magerkur für die Musikanlage
Weil vollaktive Lautsprecher mit eingebauten DSP das Signal digital verarbeiten, liegt es auf der Hand, gleich ein Streaming-Modul einzubauen; fertig ist die komplette Hifi-Anlage und verschwunden sind externe Komponenten und Kabel. Bedient wird per Smartphone oder Tablet.
Was im Consumer-Hifi mit dem Erfolg von Marken wie Sonos begonnen hat, findet immer mehr auch im oberen Preissegment statt. Die traditionellen Lautsprecherhersteller taten sich lange schwer damit. Innovative Newcomer wie Kii Audio oder brandneu Syng Cell nutzen die Lücke. Mittlerweile haben aber auch grössere Hersteller solche Modelle entwickelt, bezeichnenderweise eher in den günstigeren Preisklassen, um die teuren Referenzprodukte nicht zu konkurrenzieren. Beispiele sind die Lautsprecher von Cabasse, Piega, Nubert, Canton oder Bowers&Wilkins.